Der siebte Turm 03 - Aenir - Reich der Schatten
hervorholen.“
„Ein Sturmhirte wäre schneller“, sagte Milla. Sie dachte darüber nach, was sie bei einem Kampf tun würde. „Und stärker. Und wie schwer ist der Kodex?“
Zickas Zunge zuckte heraus – die Geste der Kurshken für Nichtwissen. Als ihm auffiel, dass die anderen mit dieser Geste nichts anfangen konnten, sagte er schnell: „Nein. Der Kodex kann von keiner aenirischen Kreatur berührt werden. Das ist ein Teil seines Schutzes. Was seine Größe betrifft, so glaube ich, dass der Kodex nach Belieben innerhalb bestimmter Grenzen wachsen und schrumpfen kann. Doch sein Gewicht bleibt immer dasselbe.“
„Und das wäre?“
„Recht schwer“, sagte das Kurshken. „Ich kenne keine Maßeinheiten für Gewichte. Aber vielleicht so schwer wie Tal.“
Tal schüttelte den Kopf. Er glaubte nicht, dass er fünfzig Spannen gehen – geschweige denn im Laufschritt unter einem angehobenen Berg – und dabei etwas tragen könnte, was so viel wog wie er selbst.
„Wie weit müssen wir wohl gehen?“, fragte Milla. „Und wie lange kann Odris… oder Adras… in die Flöte pusten?“
„Ich glaube ungefähr fünf Schiffslängen“, sagte Zicka und deutete mit den Armen den Abstand zwischen Bug und Heck an. „Und ich weiß nicht, wie lange die Flöte erklingen kann.“
Odris warf einen Blick auf die Knochenflöte.
„Tagelang, denke ich“, sagte sie. „Es sei denn, sie ist magisch.“
„Sie ist magisch“, sagte Tal müde. „Sonst würde sie den Berg nicht heben können.“
„Lass es mich einmal versuchen“, sagte Odris.
Sie nahm die Flöte und hob sie an den Mund. Doch als sie blies, war nichts zu hören. Ihre Wangen wurden dicker und dicker, bis sie fast wie ein Gorblag aussah. Doch die Flöte gab noch immer keinen Ton von sich.
„Sie wurde für einen einzigen Zweck geschaffen und kann daher nur in der Nähe des Berges benutzt werden“, sagte Tal. Aenir war voller magischer Dinge, die nur an bestimmten Orten oder unter bestimmten Umständen funktionierten. „Ich hoffe, dass die Flöte dort funktioniert. Vielleicht sollte Adras sie spielen. Er kann wahrscheinlich seinen Atem länger anhalten.“
„Nein, kann er nicht!“, sagte Odris.
„Kann ich doch!“, grollte Adras. „Wir können es ja einmal ausprobieren.“
Beide sogen Luft ein, nachdem sie Tal, Milla und Zicka in Richtung Heck geschickt hatten, damit sie nicht weggepustet würden.
Tal setzte sich mit dem Rücken gegen den Mast, doch Milla riss ihn wieder auf die Beine.
„Nicht! Du wirst das Deck nass machen!“
Tal stieß ärgerlich ihre Hand weg. Milla tat einen Schritt zurück und er sah das bekannte Fingerspreizen, das ein Zeichen dafür war, dass sie gleich ihr Schwert ziehen würde.
„Ich bin müde!“, schrie er. „Man hätte mich gerade beinahe ersäuft! Alles, was ich will, ist sitzen. Schneide mir die Kehle durch, wenn du willst. Aber das wird auf deinem kostbaren Schiff eine noch größere Sauerei machen!“
Er setzte sich. Milla biss die Zähne zusammen und ballte die Faust, als wollte sie Tal beim Wort nehmen und ihn schlagen, anstatt mit der Waffe anzugreifen, damit kein Blut floss. Doch Zicka zupfte an ihrem Handgelenk.
„Kämpft nicht!“, sagte das Kurshken.
„Roquollollollahahinanahbek hat schon einmal ein nasses und schlammiges Deck gehabt, ja sogar ein blutiges. Und es wird wieder eines haben. Es ist ein funktionierendes Schiff, kein Relikt aus der Vergangenheit.“
Milla schnitt eine böse Grimasse und wandte sich ab.
„Danke“, sagte Tal. „Aber warum ist Milla so wütend, wenn das dein Boot ist?“
„Dieses Schiff“, korrigierte Zicka ihn, „gehörte einmal Millas berühmtester Vorfahrin – Asteyr, die zusammen mit Ramellan den Krieg zwischen den Welten beendete.“
„Wer?“, fragte Tal. „Welcher Krieg?“
„Frage deinen Kodex“, gab Zicka zurück. „Du wirst ohnehin alles anzweifeln, was ich dir sage.“
„Das werde ich.“ Tal zögerte und fügte dann hinzu: „Wem sagtest du, gehörte dieses Boot?“
„Asteyr.“
„Und wie war doch der andere Name, den du erwähnt hast? Du sagtest Asteyr und noch jemand beendeten den Krieg.“
„Ramellan. Sagt dir der Name etwas?“
Tal gab wieder keine Antwort. Jetzt erinnerte er sich an den Namen. Ramellan war vor langer Zeit einer der wichtigeren Erwählten. Tal wusste nicht mehr genau, weshalb er bedeutend gewesen war. Er musste eine Art Imperator in der Zeit gewesen sein, bevor die Erwählten Imperatoren hatten, dachte Tal. Ein
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