Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)
anderthalb Stunden Promi-Händeschütteln im Kameragedränge und Blitzlichtgewitter erhielten Justin und Fabian eine SMS von Saubauer, sie sollten nun zurück ins Hotel kommen, es sei jetzt genug gefeiert worden. Besonders Fabian war dankbar für die Erlösung. Mit der Begründung, am nächsten Tag noch den Slalom bestreiten zu wollen, verabschiedeten sie sich, um nicht feuchtfröhlich die Nacht zum Tag werden zu lassen. Zwei Dutzend Mädchen erwarteten die beiden Burschen mit einem lauten Kreischen; sie schienen den Verwechslungsscherz mit Justin Bieber ernst zu nehmen. Obwohl sich Ski-Justin dabei sichtlich nicht wohl fühlte, spielte er mit und signierte den Groupies ihre Promi-Alben. Eines von ihnen zeigte ihm sogar voller Stolz das Autogramm des echten Bieber. Fabian glaubte erst, davon verschont zu werden, doch – kreisch! – sahen sie ihn und rannten mit ihren Autogrammbüchern zu ihm hin.
Tapfer begann der Schweizer, die Autogrammbücher zu signieren. Justin ergriff die Gelegenheit und machte sich mit Vanessa bei einsetzendem Schneefall in Richtung Hotel aus dem Staub. Nach ein paar Minuten löste sich die Ansammlung Teenager auf und Fabian durfte seinen Weg fortsetzen. Vor dem Hotel traf er Justin an, der erklärte, er wolle noch in Ruhe auf seinem Smartphone eingetroffene Gratulationen lesen und werde gleich an die Bar nachkommen. Im Hotel bat man Fabian gleich in eine Gaststube mit viel Betrieb. Dort wurde der Sieger auf der Streif mit Applaus begrüßt. Viele Rennfahrer und Betreuer hatten sich dort versammelt und zu Fabians Freude saß Florian am Tresen. Monti wollte die goldene Gams auch mal in Händen halten und stellte sie dann auf den Tresen, während Fabian abermals Gratulationen entgegennahm und sich dann zwischen Florian und Vanessa an die Bar setzte. Der Glarner und der blonde Deutsche begannen sogleich darüber zu plaudern, wie sie die Einfahrt ins Gschöss erwischt hätten und wo Koslow wohl seine Hundertstelsekunde gegenüber Fabian verloren hatte. Über die herablassenden Bemerkungen des Russen mochte Fabian nicht plaudern. Der Prinz spendierte der Signorina Vanessa del Monte Caslano inzwischen einen Drink. Richard machte aber galant seinen Platz neben der hübschen Italienerin frei, als er Justin bemerkte. Das sei wohl die prinzliche Erziehung, vermutete Fabian und fand es ein wenig übertrieben höflich.
„Hier ist es so laut. Darf ich Ihnen dreien einen Drink auf meinem Zimmer offerieren?“, bot Richard nach einer Viertelstunde überraschend Vanessa, Justin und Fabian an.
Justin schien so erstaunt darüber, dass ihn Vanessa an der Hand mitziehen musste, während sie auch Fabian nachdrücklich mitteilte, er sei ebenfalls eingeladen und solle jetzt mitkommen. Fabian wäre lieber bei Florian geblieben, verabschiedete sich aber trotzdem von ihm mit einem Faust-an-Faust-Gruß. Sonst hätte vielleicht jemand geahnt, dass er an mehr interessiert war, als nur kameradschaftlich mit dem Deutschen zu plaudern. Jetzt musste er sich beeilen, um Justin, Vanessa und den Prinzen einzuholen.
„Dei goldene Gams, Bursch!“, musste der Barkeeper Fabian nachrufen, der in seiner Aufregung die Siegertrophäe hatte stehen lassen. Die ganze Bar lachte und applaudierte und Fabian fühlte, wie er rot im Gesicht wurde.
„Der Glarner ist mal wieder der Depp“, brummte er.
„Luchsi, du hast die Abfahrt gewonnen“, wechselte Justin auf Englisch, da ja Richard sie begleitete. „Spätestens seit heute hält dich keiner mehr für einen Deppen.“
Richard hatte in seinem Eckzimmer bereits eine Platte mit Fruchtsaftcocktails und etwas zum Knabbern bereitstellen lassen.
„Ein wenig verstehe ich Deutsch“, begann Richard mit dem Smalltalk, während er seine Gäste hineinbat und mit einer Handbewegung einlud, sich zu bedienen. „Da wir hier im Rennsport ja Kollegen sind – darf ich vorschlagen, dass wir uns mit Vornamen anreden?“
Niemand hatte etwas dagegen und sie stießen mit Multivitaminsaft an.
„Es hat einen etwas eigennützigen Grund, dass ich euch einlade“, kam Richard auf sein Anliegen zu sprechen. „Ich muss morgen elf Weltcup-Punkte schaffen, damit ich an der Olympiade teilnehmen darf.“
„Um bei den Spielen zugelassen zu werden, muss man mindestens Rang fünfhundert in der FIS-Liste erreichen, das wird ja wohl der Fall sein. Wie viele Weltcup-Punkte hast du jetzt?“, fragte Justin.
„Ich habe neununddreißig Punkte und Earl Corby, der Präsident des britischen olympischen
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