Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)
Explosionen oder Schüsse hören solltet!“, befahl er, während James einen Anruf auf sein Satellitentelefon entgegennahm.
„Pizunda, er hat angeblich Hinweise, dass die Truppen und Sicherheitsleute im Tal von kaukasischen Separatisten unterwandert seien. Er kann nicht mehr garantieren, dass die noch im Mountain Cluster befindlichen Sicherheitskräfte uns gegen den Emir schützen werden. Wir sollen alle den nächsten Zug nach Adler nehmen“, fasste der Bodyguard das Gespräch zusammen.
Das löste ein paar bitter ironische Lacher aus. Justin versuchte nicht darüber nachzudenken, was alles passieren könnte. Alle beeilten sich, um nun aus dem Zug und in die Busse zu steigen.
„Damit haben wir offiziell den Ernstfall“, antwortete Mayerhofer mit Blick zu Fabian auf den Bericht des Bodyguards. Damit war wohl klar, dass die Wegpunkte für das GPS-Navigationsgerät, die Julio und die Leute von der Universität inzwischen via Internet gesendet hatten, nun zur Anwendung kommen würden. Falls die Terroristen nicht schon oben warteten.
„Aber warum hier? Warum versuchen die Terroristen nicht die Schlussfeier in Adler zu sabotieren, während die Welt live zusieht?“, fragte Vanessa. „Nicht, dass ich mir das wünschen würde.“
„Viele Sicherheitskräfte werden durch die Schlussfeier an der Küste gebunden, denn alle erwarten genau das, was Vanessa befürchtet. Die Schlussfeier ist ein sehr prestigeträchtiger Moment“, pflichtete Richard seiner Freundin bei. „Adolews Demonstrationen sowie Putin und Pizundas übertriebene Angst vor pro-LGBTI-Kundgebungen bindet weitere Kräfte an der Küste.“
„Der klägliche hier verbliebene Rest ist vermutlich bestochen worden“, spekulierte Florian.
„Das Rosa Plateau ist wie eine hoch über dem Tal thronende Ritterburg“, ergänzte Fabian. „Also für eine längere Geiselnahme besser gegen Spezialeinheiten zu verteidigen als das olympische Dorf an der Küste. Es gibt nur eine für Motorfahrzeuge geeignete Straße hoch, sonst ist unser Dorf von verschneiten Steilhängen umgeben.“
„Steht dieser selbsternannte Emir in Kontakt zum internationalen Terror?“, fragte Mayerhofer.
„Ich bin mir nicht sicher, ob das ‚Kaukasus Emirat‘ ein Ableger Al Kaidas ist. Als sicher gilt jedoch, dass sich die Kämpfer des Emirs ideologisch mit verschiedenen Dschihad-Regionen verbunden fühlen“, fügte Stas hinzu.
„Er wird Schwule hassen!“, vermutete Florian.
„Anzunehmen“, bestätigte Stas. „Doch seine Speerspitze des Widerstandes zeigt primär gegen Russland. Die beiden Tschetschenien-Kriege in den neunziger Jahren, das brutale Vorgehen der russischen Armee und Putins imperialistische Kaukasuspolitik sowie die mit äußerster Härte geführte Widerstandsbewegung haben bis heute in regelmäßigen Abständen zu schwersten Terroroperationen unter dem Kommando von Rebellenführern aus dem Nordkaukasus geführt. Mit entsprechend blutigen Antworten aus dem Kreml. Das hier ist eine Sache zwischen Putin und dem Emir. Eigentlich bedingen sie sich gegenseitig. Ohne die Terrorattentate des Jahres 1999 würde heute keiner den Namen Vladimir Putin kennen und ohne Putins harte Hand hätte der Emir keinen Zulauf.“
„Haben sie uns wegen Fabian hier festgesetzt?“, fragte Florian.
„Vielleicht mögt ihr beide eine Rolle dabei gespielt haben, dass es seine verdeckt arbeitenden Helfer so eingerichtet haben, dass ausgerechnet die Alpin-Herren vom Rest der Olympioniken abgetrennt wurden“, vermutete Stas.
In der oberen Hälfte der Straße hoch zum olympischen Dorf war bereits wieder tüchtig verschneit, die letzte Räumung lag eine Weile zurück. Dazu musste der Wind mit Verwehungen beigetragen haben.
Auf dem Busparkplatz schien noch keiner zu sein. Die Beleuchtung hatte sich bereits eingeschaltet. Die dichten Wolken und der Schneefall hatten für ein frühes Ende der Dämmerung gesorgt. Für die Athleten gab es nun viel zu tun. Die Tourenskier mussten aus den Servicelastwagen geholt werden, die Ausrüstung für das Campieren im Hochgebirge, die Saubauer vor wenigen Tagen für seinen gescheiterten Plan, abseits des Presserummels zu trainieren, angefordert hatte, aus einem Keller. Danach musste man sich auf den Zimmern bereit machen. Fabian und Richard zogen die Kiste mit der Sprengschnur unter dem Bett hervor und begannen die Zünder zu kontrollieren. Stas beobachtete alles mit starrem Blick, während Justin eine Art Panik in sich aufsteigen fühlte. Jetzt waren sie
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