Der Silberbaron
einfach als tödlich …
Als er von seinen Ermittlern erfahren hatte, dass Emma mit Du Quesne allein gewesen war, hatte er geschäumt vor Zorn. Der Mann war viel zu gefährlich, um sich mit ihm anzulegen, aber ihm war klar, dass die kleine Jungfrau aus dieser Begegnung nie intakt hervorgegangen sein konnte. Soweit Du Quesne betroffen war, gab es keine unwillige Frau. Er hatte sich an ihr erfreut und sie dann sitzen lassen, er wusste es einfach, und das irritierte ihn so, dass er Emma noch einmal trat.
Da packte Ross ihn am Stiefel und drehte ihn um, bis er auf den Rücken fiel. Darauf rappelte Ross sich mit Emmas Hilfe auf, wich Watts geschickt aus und stopfte ihn mit dem Kopf voran in die Hecke. Danach hob er den Knüppel auf, den Watts fallen gelassen hatte, hob ihn abwägend in der Hand und sagte undeutlich: “Gehen Sie, Miss Worthington, gehen Sie sofort nach Hause.”
“Ich kann Sie doch nicht im Stich lassen! Sie sind verletzt! Es sind zu viele. Man wird Sie umbringen!”
Ross stieß ein Lachen aus und zuckte dann vor Schmerz zusammen. “Die bringen mich höchstens um, wenn Sie nicht gehen”, murmelte er heiser. “Glauben Sie mir, lieber trete ich dieser zusammengewürfelten Truppe entgegen als Richard, wenn er erfährt, dass ich Sie bleiben ließ. Gehen Sie weg!”, röhrte er so wild, dass sie sich umdrehte und floh.
14. KAPITEL
Fast blind vor Tränen stolperte sie davon. Bei jedem Schritt klapperten ihre Zähne schmerzhaft aufeinander, bis sich ihr Kopf nur noch wie eine einzige pulsierende Wunde anfühlte.
Die düsteren Pfade kamen ihr endlos vor, wie ein Irrgarten, aus dem sie schließlich nur die Töne von
Eine kleine Nachtmusik
in die richtige Richtung führten.
Vor wenigen Minuten hatte Emma ein junges Paar um Hilfe angefleht, das auf den verlassenen Wegen promenierte. Zweifelnd und verächtlich hatten sie auf ihre aufgelöste Erscheinung geblickt, auf ihr blutiges Gesicht. Sie hörten ihr kaum zu und liefen dann eilig davon; vermutlich hielten sie sie für den Lockvogel eines Straßenräubers.
Als sie endlich den Ausgang erreicht hatte, rannte Emma auf die Straße, eifrig nach Hilfe suchend. Eine Droschke fuhr an ihr vorbei; zu spät fiel ihr ein, sie anzuhalten. Zitternd trippelte sie auf dem Gehsteig auf und ab, um nach einem weiteren Fahrzeug Ausschau zu halten.
“Was um alles in der Welt hast du hier zu suchen, Emma?” Feste Hände schlossen sich um ihren Arm und drehten sie herum.
Emma fiel ein Stein vom Herzen. Mit einem zittrigen Schluchzer warf sie sich an seine Brust, umklammerte ihn und schmiegte die Wange an seine Schulter. Die große, kräftige Gestalt, den leichten Duft nach Sandelholz und den Klang seiner Stimme hätte sie überall blind erkannt. “Sie werden Ross töten. Du musst ihm schnell helfen, Richard, sonst bringen sie ihn um!”, rief sie aus.
Seine Hände umschlossen ihr tränennasses Gesicht und hoben es an. Die Fragen erstarben ihm auf den Lippen, als er ihren zerschlagenen Mund, den blauen Fleck unter dem Auge entdeckte. Mit dem Daumen strich er ihr federleicht über die blutigen Lippen.
“Hat Dashwood das getan?”
“Ross ist bei ihm”, brachte Emma zähneklappernd hervor. “Er hat mich weggeschickt. Sie haben ihn mit einem Knüppel auf den Kopf geschlagen, aber er ist wieder bei Bewusstsein, und den armen Matthew haben sie auch zusammengeschlagen. Es ist alles meine Schuld, Richard! Wenn ich nicht so dumm gewesen wäre, wäre all das nicht passiert.
Mich
will er bestrafen, und trotzdem hat Ross mich weggeschickt, und nun werden sie ihn umbringen!”
“Still …”, beruhigte Richard sie und zog sie an sich. Er grub seine Finger in ihr zerzaustes Haar und liebkoste sie mit den Lippen. Als er aufsah, fiel sein Blick auf einen Passanten. Ohne Vorwarnung rief er: “Wainwright!”
Durch ein paar Haarsträhnen sah Emma zu, wie der Mann sich umdrehte und Richard fröhlich begrüßte: “Teufel noch mal, Richard, du fängst heute ja früh an mit den Halbseidenen. Ist ja noch nicht mal zehn …”
“Ich muss dich um einen Gefallen bitten, Paul”, unterbrach Richard die anrüchigen Beobachtungen seines Freundes. “Bitte bring Miss Worthington sofort nach Rosemary House in Kensington.”
Paul Wainwright blinzelte von Emmas kreidebleichem, verletztem Gesicht zu Richard. “Aber natürlich, natürlich”, murmelte er und entschuldigte sich mit einer Grimasse für seinen unangebrachten Scherz. Doch bat er um keine Erklärung: Richards strenge,
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