Der silberne Falke - Fox, K: Der silberne Falke: Historischer Roman
auf. Gerade als er gehen wollte, preschte ein Ritter heran. Robert kannte ihn, es war Reginald de Vere, ein Vetter des Earl of Oxford und der Fechtmeister der Knappen. Er war bekannt dafür, streng, aber gerecht zu sein. Darüber hinaus war er der Einzige, dem die übermütigen Burschen Respekt zollten, denn er nahm sie hart ran, wenn sie versuchten, ihm auf der Nase herumzutanzen.
»W arum seid ihr nicht auf dem Übungsplatz? « , herrschte er sie an. »F ünf Runden laufen! « Als die Knappen nur verstohlen grinsten und nicht sofort machten, dass sie Land gewannen, fügte er hinzu: »M it den großen Sandsäcken! «
Nun stöhnten sie und machten sich schleunigst auf den Weg.
» F aules Pack! « , schimpfte er hinter ihnen her. »H aben noch eine Menge zu lernen, bevor Männer aus ihnen werden « , murmelte er und wandte sich dann an Robert: »G eh nach Hause und richte deinem Vater aus, Sir Ralph schickt ihm in ein paar Tagen einen neuen Lehrbuben. Ersparst mir so den Weg zur Falknerei. «
»J a, Sir Reginald, ich sag’s ihm. «
Der Fechtmeister wendete sein Pferd und gab ihm die Sporen.
Robert sah ihm verwundert nach. »E inen Lehrjungen, wozu sollte mein Vater einen Lehrjungen brauchen? Er hat doch mich. Bin ich vielleicht nicht mehr gut genug? « , murrte Robert übellaunig. » W ehe, wenn der Herr von Thorne meinem Vater nun auch noch einen verzogenen jungen Adeligen ins Haus schickt, der mir meinen Platz streitig macht! « , murmelte er und trollte sich.
Thorne im Juni 1185
D as Wetter während ihres Rittes war mild und trocken, sodass sie schon am dritten Tag ihr Ziel erreichten. Die Burg von Thorne lag auf einer sanften Anhöhe. Im Westen, wo die Sonne jetzt schon tief stand, grenzte ein schmaler Streifen morastige Erde, dem sich ein dichter Wald anschloss, an den unteren Burghof. Im Osten drängten sich die Hütten der Tagelöhner und Bauern den Hügel hinauf bis zu den Palisaden aus Eichenholzstämmen, die einen steinernen Wohnturm und ein paar weitere Gebäude vor Eindringlingen schützen sollten.
William hatte sich die Burg größer vorgestellt und war nun beinahe ein wenig enttäuscht. Der Wohnturm von Thorne war nicht halb so imposant wie der Bergfried der Burg in Orford, außerdem war er nicht aus hellen, freundlich wirkenden Steinen gebaut wie dieser, sondern aus dunkelbraunen Ziegeln, die düster, beinahe unheimlich wirkten.
Nachdem sie über die hölzerne Brücke in den Burghof geritten waren, übergab Baudouin die Pferde einem der Stallburschen, damit er sich um sie kümmerte. »N imm dein Bündel und folge mir! « , befahl er William knapp und stürmte voran.
William rieb sich über den Rücken und das schmerzende Hinterteil, das er vermutlich noch ein paar Tage lang spüren würde, und hinkte ihm eilig hinterher. Wenn er so lange im Sattel saß, wurde sein Fuß steif, und es brauchte eine Zeit, bis er wieder gut laufen konnte.
»R alph! « Baudouin betrat die Halle und ging mit langen Schritten auf den Burgherrn zu.
»B audouin, welche Freude! « Der Gastgeber lächelte und kam ihm entgegen. Sie umarmten sich herzlich und klopften sich gegenseitig auf den Rücken.
»I ch habe dich schon gestern erwartet! « Sir Ralph nahm ihn bei den Schultern und betrachtete ihn genauer. »S iehst aus, als wäre es dir nie besser gegangen. Ein wenig staubig vielleicht, aber sonst ganz prächtig! « Er wandte sich ab und goss Wein in einen Zinnbecher.
»I ch wurde aufgehalten. « Baudouin sah William an und zwinkerte ihm mit einem Auge verschwörerisch zu.
»N ichts Unangenehmes, hoffe ich? « Sir Ralph wandte sich ihm wieder zu.
»N ein, nein, keine Sorge, nichts Bedeutsames. Leider erwartet mich der König so bald wie möglich zurück. « Er nahm den Becher, den Sir Ralph ihm entgegenstreckte, und trank. » S ehr guter Wein, wie in deinem Haus nicht anders zu erwarten war! « , lobte er.
»B leibst du trotz der Eile zur Nacht? Ich lasse uns etwas Schmackhaftes zubereiten! «
»G ern. Wenn ich Thorne bei Sonnenaufgang verlasse, kann ich das königliche Lager noch rechtzeitig vor Anbruch der Dunkelheit erreichen. «
William stand noch immer unbeachtet neben dem Eingang und wagte nicht, sich zu rühren.
»D ein neuer Page? « , fragte Sir Ralph und nickte in Williams Richtung. »T ritt näher, mein Sohn! « , forderte er ihn auf.
» N ein, verzeih! Das ist William. « Baudouin packte ihn an der Schulter und zog ihn zu sich.
»W illiam Fitz …? «
»F itzEllen, der Sohn der
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