Der silberne Falke - Fox, K: Der silberne Falke: Historischer Roman
dem Priester schicken. « Obwohl ihre Stimme sanft klang, zuckte Logan zusammen, als träfe jedes ihrer Worte ihn wie ein Peitschenhieb.
Er sank in sich zusammen und glitt zu Boden. »B itte, oh Herr, vergib mir, was auch immer ich getan haben mag! Ich werde Buße tun. Verlange von mir, was du willst, aber nimm mir nicht das Kind! « Tränen liefen über sein faltiges Gesicht und in den grauen Bart.
Logans Kummer rührte William zutiefst. Er kniete sich neben ihn und schloss ihn tröstend in die Arme.
»I ch gehe den Priester holen « , rief Robert, der bis dahin unruhig auf und ab gelaufen war. Er bat Cwen, noch bis zu seiner Rückkehr zu bleiben, und nahm sich eine Fackel, um erneut ins Dorf zu laufen. Als er zur Tür hinausstürzte, wehten feiner Schneestaub und eisige Kälte herein. Die Sonne stand wie ein silberner Taler am Himmel, bereit, unterzugehen und dem Mond die Herrschaft über das Firmament zu überlassen.
Auch im Haus war es inzwischen bitterkalt geworden. Das Feuer war irgendwann erloschen, und niemand hatte daran gedacht, ein neues zu entfachen. Die Kräuterfrau rieb die klammen Hände aneinander, zündete ein paar dünne Äste an, die neben der Feuerstelle lagen, und schickte William in den Schuppen, ein paar Scheite holen, damit sie während der Nacht genügend Holz zum Nachlegen haben würden.
»H abt ihr schon etwas gegessen? « , erkundigte sie sich.
William schüttelte den Kopf. Niemandem hatte der Sinn nach Essen gestanden. Wie zum Beweis knurrte sein Magen nun vernehmlich.
Die alte Cwen kramte in Logans Vorräten und bereitete einen Brei zu, den sie William mit einer gehörigen Portion Strenge aufnötigte. Obwohl sein Magen vor Hunger schmerzte und der Brei köstlich duftete, wollte es ihm nicht gelingen, mehr als ein paar Löffel davon herunterzubringen.
Die runzlige Cwen dagegen aß schmatzend eine ordentliche Schüssel davon, nachdem sie vergeblich versucht hatte, auch Logan zum Essen zu bewegen.
Der Falkner saß mit glasigen Augen am Krankenlager seiner Tochter und sah hilflos zu, wie sie immer schwächer wurde.
»W arum kommt Robert nicht endlich zurück? « Logan klang besorgt, nicht wütend wie sonst. Er hoffte wohl, die Gebete des Priesters könnten Nesta helfen. Vielleicht aber war es auch einfach nur ein letzter Funken Hoffnung, an den er sich klammerte, um nicht vollends zu verzweifeln.
William sah ihn mitleidig an. Der Falkner war oft launisch und forderte viel, doch ungerecht war er niemals gewesen. William erkannte, wie sehr sein Lehrherr an Nesta hing, auch wenn er es ihr gewiss nie gezeigt hatte. Mit Robert, dachte er, muss es wohl genauso sein. Auch ihn liebt er sicher, ohne es sich anmerken zu lassen. Plötzlich wanderten Williams Gedanken zu seiner Mutter. Verbarg auch sie ihre Liebe zu ihm hinter ihrer oftmals barschen Art?
Es war schon tief in der Nacht, als die Tür aufflog und Robert endlich zurückkehrte. Er war vollkommen durchgefroren und schrecklich wütend.
»E r will nicht! « Robert stampfte mit den Füßen auf der Schwelle auf, um den Schnee loszuwerden, der ihm knöchelhoch an den Beinen klebte, und trat ein.
Logan, der kurz eingenickt war, schreckte hoch. »W as? « , fragte er verwirrt.
»D er Priester, er will nicht kommen! Es ist ihm heute Nacht zu kalt draußen. Nesta sei jung und kräftig, sagt er. Wir sollen uns bis zum Morgen gedulden. « Robert riss sich die wollene Gugel vom Kopf und klopfte sich den feinen Schnee von den Kleidern.
»E in sündiger Mann, der nicht mehr lange seine Füße auf diese Erde stellen wird « , brummelte Cwen, während sie den Kopf hin und her wiegte, doch niemand beachtete sie.
Roberts Hände waren rot, seine Finger steif vor Kälte. Er hielt sie übers Feuer und rieb sie kräftig aneinander. »W ie geht es ihr? « , erkundigte er sich und warf einen besorgten Blick in Nestas Richtung.
»I st nicht wieder zu sich gekommen, die Kleine. Er hätte ihr die Letzte Ölung geben sollen, dieser nichtsnutzige Säufer! « , knurrte die alte Cwen aufgebracht.
»D ie Leute im Dorf haben recht: Im Bett bei seiner Magd fühlt sich der Hirte des Herrn wohler « , brauste Robert auf. »I ch habe gebeten, gefleht, gedroht, aber er hat mir einfach die Tür vor der Nase zugeschlagen und ist wieder zu seiner Buhle unter die Decke geschlüpft! Ich habe die halbe Nacht vor seiner Hütte gewartet, völlig umsonst. « Robert war anzusehen, wie sehr er litt. Er sackte in sich zusammen und hockte sich verzweifelt in eine
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