Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4
hier ganz sicher seine Zelte aufgeschlagen. Auch in diesem Fall würde es uns helfen, sein Versteck zu finden, da es dort vielleicht Hinweise gibt, die uns auf seine Spur führen.«
»Selbst wenn, die Probleme der Menschen müssen warten«, sagte Fi. »Ihr wisst, dass Meerkönig Aqualonius von Nikks Onkel Effreidon ermordet wurde und der Dreizack des Meervolks verschwunden ist?«
»Oh ja.« Eulertin warf Nikk einen mitfühlenden Blick zu. »Dystariel hat mir die erschütternde Nachricht überbracht. Konntet Ihr denn Kontakt mit Eurem Vater aufnehmen?«
»Das schon«, erwiderte Nikk und warf Fi einen raschen Seitenblick zu. »Aber was wir im Totenreich erfahren haben, reicht nicht aus, um den Dreizack zu finden. Und das ist leider noch nicht alles. Auch Koggs erhielt eine Botschaft aus dem Jenseits, und zwar von Kiela Schotbruch.«
»Erstaunlich! Und wie lautet diese Botschaft?«
Nikk zuckte hilflos die Schultern. »Sie sagte, ich werde mit der Suche nach dem Dreizack angeblich mein ganzes Volk in Gefahr bringen.«
»Wie bitte?« Der Däumling starrte ihn ungläubig an.
»Am besten, Ihr fragt Koggs selbst«, mischte sich Fi in die Unterhaltung ein. »Wir verstehen die Botschaft ebenfalls nicht.«
Nikk seufzte. »Ich nehme Kielas Warnung natürlich sehr ernst, aber ich kann meine Suche nicht einfach abbrechen. Nicht jetzt, da mein Volk einer derartigen Bedrohung ausgesetzt ist. Andererseits verliere ich langsam die Hoffnung. Egal welcher Spur wir folgen, wir stoßen immer wieder auf neue Rätsel.«
»Vielleicht gibt es da doch noch eine Sache, der wir nachgehen könnten,« meinte Eulertin. »Hier in Hammaburg existiert ein Objekt, auf das Stadtkämmerer Hansen vor wenigen Jahren bei der Überprüfung alter Magistratsunterlagen gestoßen ist. Und dieses Objekt, Königliche Hoheit, dürfte gerade Euch überaus interessieren.«
»Ach ja?« Nikk sah den Däumling gespannt an.
»Wusstet Ihr, dass König Aqualonius Hammaburg vor einhundertachtundsechzig Jahren ein Geschenk gemacht hat?«
»Mein Vater hat der Stadt etwas geschenkt?«
»Ja, einen Brunnen mit magischen Kräften. Er steht in der Empfangshalle des Rathauses.« Der Däumling sah Nikk und Fi ernst an. »Die meisten Einwohner wissen es nicht, doch in seinem Wasser soll man angeblich die Zukunft sehen können.«
»Wie bitte? Und die Hammaburger wissen nichts davon?«, rief Fi ungläubig.
»Die Zauberwirkung des Brunnens war natürlich ein streng gehütetes Geheimnis, das nur dem damaligen Ersten Ratsherrn und einigen seiner Vertrauten bekannt war. Davon abgesehen sollte man es sich sehr gut überlegen, ob man einen Blick auf seine Zukunft werfen will. Zudem braucht man ein paar Hilfsmittel, die alles andere als leicht zu beschaffen sind. Doch gemeinsam mit Stadtkämmerer Hansen und einem befreundeten Seeschlangenjäger ist es mir gelungen, sogar die Feder eines Phönix aufzutreiben. Jetzt fehlt uns nur noch die Schuppe einer Meernymphe – und da kommt Ihr ins Spiel, Prinz!«
Feuer & Wasser
D ie Nacht war über Hammaburg hereingebrochen und mit ihr war ein schweres Gewitter heraufgezogen, das graue Regenschleier über die Stadt trieb. Fi und Nikk zogen sich die Regenhüte, die Koggs ihnen mitgegeben hatte, tiefer ins Gesicht. Nachdem sie sich einen Weg durch das schlammige Labyrinth des Hafenviertels mit den engen Gassen und verwinkelten Bauten gebahnt hatten, erreichten sie endlich den mit Kopfsteinen gepflasterten zentralen Platz Hammaburgs, der von hohen Laternen gesäumt war. Unzählige Pfützen hatten sich gebildet, doch der Platz wirkte trotz des Unwetters prachtvoll und erhaben. Im Licht der Laternen erstrahlten die Fassaden vornehmer Häuser. Vor allem drei von ihnen erregten Fis Aufmerksamkeit. Das erste war ein prunkvolles Gebäude mit marmornen Säulen, über dessen Eingang sich ein Fresko befand, das eine von Säcken und Fässern umrahmte Waage zeigte. Das zweite war ein prächtiger Fachwerkbau direkt gegenüber. Unter dem hölzernen Giebel hing das bronzene Bildnis einer dickbäuchigen Kogge mit stolz geblähten Segeln. Fis Hauptaugenmerk richtete sich jedoch auf das protzige Rathaus mit dem grünen Kupferdach am Ende des Platzes. Es erhob sich am Rande eines künstlichen Wasserbeckens und stach vor allem durch die weiß verputzte Fassade hervor. Darin waren Nischen eingelassen, in denen die Statuen ernst dreinblickender Männer und Frauen mit Halskrausen und breitkrempigen Hüten standen. Fi vermutete, dass sie ehemalige Ratsmitglieder
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