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Der Sodomit

Der Sodomit

Titel: Der Sodomit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.B. Sasori
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Missgeschick. Wenn einer von ihnen auf dem Dorffriedhof begraben wurde, lachte niemand. Aber das hier war nicht der Friedhof.
    Es war der Schinderacker. Keine zwei Schritte in die Tiefe verfaulte verendetes Vieh.
    Der Knecht kam mit einer Fackel und einem Sack zurück. Er drückte ihn einem anderen in die Hand, der Händeweise Stroh hervorholte und es zwischen die Hölzer stopfte.
    Sie wollten, dass es schnell ging. Das wollte Josias auch.
    In geweihter Erde hätten sie Anna ohnehin nicht begraben. Dann war es besser, sie verbrannte, als dass die Krähen sie fraßen.
    Josias wurde schlecht bei der Vorstellung. Bevor er seine Mutter aus der Karre hob, küsste er sie auf die kalte Stirn. Kein Krähenfraß. Dann lieber das Feuer.
    Die Zweige knackten und gaben unter Anna nach.
    Jemand reichte ihm die Fackel und sagte:  Los!
    Nicht nachdenken. Es war vorbei. Auch wenn ihm die Knie weich wurden und sein Arm drohte, ihm den Dienst zu versagen, das hier war seine Aufgabe.
    Er stieß die Fackel unter Annas Oberkörper ins Holz.
    Grauer Rauch schluckte die Flammen, erstickte sie fast. Als sie dennoch aufzüngelten, ging ein erleichtertes Seufzen durch die Masse.
    Anna war tot.
    Sie merkte nichts mehr.
    Besser als Krähenschnäbel.
    Besser als Würmer.
    Das weiche, braune Haar kräuselte sich in nur einem Moment in den Flammen zu einer dunklen Masse.
    Sie ging ihm Rauch verloren. Wie die Gesichtszüge seiner Mutter, wie ihre Kleider, wie ihre Haut.
    Josias ließ die Fackel fallen.
    Jemand fluchte und hob sie auf.
    „Hexenbalg“, zischte es in seiner Nähe. „Es ist deine Schuld, dass sie brennt.“
    Alles war seine Schuld. Der Ausbruch des Fiebers im Winter, eine Dürre im Sommer, die Überfälle plündernder und mordender Söldner. Zwischen ihm und den Dreschflegeln hatte Anna gestanden. An die paar Male, wo es nicht so gewesen war, erinnerten ihn helle Narben.
    Was war sein Leben jetzt noch wert?
    „Hurensohn!“
    Nichts.
    „Sündenbalg!“
    Gar nichts.
    Aus den Rufen wurden Schreie.
    „Brennen soll er wie seine sündige Mutter!“
    „Teufelsbalg!“ Die Stimme hinter ihm überschlug sich. „Gott straft uns, weil wir dich nicht von Anfang an totgeschlagen haben!“
    „Ihr Tod ist gerecht!“
    War er nicht. Gar nichts war gerecht. Nicht das kleinste bisschen in dieser beschissenen Welt.
    Wie hungrig Feuer sein konnte. Ob es etwas von Anna übrig ließ? Das Gesicht war schon weg.
    Seine Augen brannten. Wegen des Rußes und wegen der Tränen.
    „Und wenn das Übel dem Krüppel schon an den Händen klebt?“, schrie ein Mann aus der Menge, deren Mienen Josias nicht mehr unterscheiden konnte. Er weinte selten und nie vor anderen. Doch jetzt konnte er die Tränen nicht zurückhalten.
    „Seht ihn euch an! Seine Nase schrammt am Boden, so krumm ist sein Rücken. Ich wette, es liegt am Laster, das er auf seinen Schultern trägt.“
    Lohnte es, unter Schmerzen den Kopf zu heben, um dem Kerl vor die Füße zu spucken?
    Flüssigkeit sickerte aus Annas brennendem Körper. Nur um sofort zu verdampfen.
    Es wäre besser, zu gehen.
    Wohin?
    Sie würden ihn nicht lassen.
    Und selbst wenn, niemand nahm einen Buckligen bei sich auf.
    „Krüppel!“
    Neben ihm holte eine Frau aus. Ein Schatten flog auf ihn zu, traf ihn auf die Wange, dass sein Kiefer knackte. Ein fauliger Krautkopf. Er rollte dicht an die Flammen.
    „Verschwinde!“
    Diesmal war es ein Stein. Der Schmerz bohrte sich durch seine Schulter. Josias zuckte zurück. Das Reißen der schnellen Bewegung fuhr ihm bis in die Lendenwirbel.
    „Hexenbalg!“
    Ein Apfel. Er traf ihn am Hinterkopf. Der Winter nahte und die Leute hatten nichts Besseres zu tun, als ihn mit ihren Vorräten zu bewerfen?
    Josias hielt die Hände vors Gesicht und rannte. Weg von dem Feuer, weg von dem Dorf. Gaben sie auf, wenn er den Wald erreichte?
    Johlend holten sie ihn ein, schnitten ihm den Weg ab und drängten ihn zurück. Die Wärme der Mistfuhre spürte er erst im Rücken, als seine Füße längst in braunen Pfützen versanken.
    „Deine Schuld!“
    Aufgerissene Münder, aus denen ihm stinkender Atem entgegenschlug.
    „Gottes Strafe!“
    „Krüppel locken den Teufel an!“
    Josias musste den Kopf nicht wenden, um zu wissen, dass sich mehr als einer nach Steinen bückte. Rund wie Kinderschädel wuchsen sie aus dem Boden.
    Wenn sie ihn nur nicht totschlugen.
    Die Dreschflegel lagen an breiten Schultern an und warteten auf ihn.
    Schritt für Schritt kamen Joscha und Bela auf ihn zu. Sie hatten

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