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Der Sodomit

Der Sodomit

Titel: Der Sodomit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.B. Sasori
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eingefallen?
    „Lass deine Hand auf meiner Brust.“ Erschrocken sah Josias zu ihm auf. „Geh nicht weg.“
    „Ich bin gleich wieder bei dir. Ich muss nur …“
    „Nein!“ Josias wehrte sich gegen die Riemen. „Bleib hier oder binde mich los.“
    „Es ist noch zu früh. Vertraue mir. Ich bin gleich wieder da.“
    Josias sah ihm nach, als er im Gang verschwand und die Stiege erklomm.
    Mihály hob die Klappe. Alles war still. Nur den Riegel vor die Tür. Dann war er wieder bei seinem Patienten.
    Noch bevor er die Tür erreichte, flog sie auf.
    „Herr Szábo! Gott sei Dank, dass du da bist.“ Die Frau des Böttchers schob ihre Tochter herein. Die Kleine umklammerte ihren Finger mit einem Lappen, der sich zusehends rot färbte.
    „Sie hat sich geschnitten.“ Die Mutter war blasser als die Tochter. „Der Finger ist fast durch.“
    Das Mädchen schwankte. Mihály fing sie auf und trug sie zu der Holzliege. Die eingesickerten und fast trockenen Blutflecken bemerkte nur die Mutter. Er wurde nachlässig, das war nicht gut. Sein Denken hing an Josias aber das war kein Grund, seinen Behandlungsraum zu vernachlässigen.
    Das Mädchen merkte von all dem nichts. Es hatte nur Augen für seinen Finger.
    Mihály wickelte den Lappen ab. Oberhalb des mittleren Gelenkes war die Klinge ins Fleisch gedrungen. Der Schnitt klaffte. Er musste die Haut nur wenig auseinanderziehen, um zu sehen, dass der Knochen bis zur Hälfte durchtrennt war.
    „Mein Mann meinte, ich soll dich nicht damit behelligen. Du hättest schon genug für uns getan.“ Mit zitternder Hand fuhr sie ihrer Tochter über den Kopf. „Aber seit mein Mann den Fuß verloren hat, fürchte ich mich vor allen Verletzungen.“
    Ein Sichelschnitt. Mihály erinnerte sich. Der Brand steckte in dem Fuß, als der Böttcher endlich zu ihm kam. Mihály war gezwungen gewesen, den Fuß zu amputieren. Der Böttcher hatte sich nur von seiner Frau halten lassen. Während der Prozedur war nicht nur er, sondern auch beinahe sie ohnmächtig geworden. Wen wunderte es, dass sie selbst bei einem Finger ängstlich reagierte?
    Mihály brauchte dringend einen Gehilfen für solche Fälle.
    Es half nichts, Josias musste durchhalten. Ihm konnte nichts geschehen. Bald war er wieder bei ihm und erlöste ihn von den Gurten. Je länger es dauerte, desto stärker wurden Knochen und Muskeln überdehnt. Mihály verdrängte den Schauder. Er wollte nicht wissen, wie es sich für Josias anfühlte. Dennoch musste er ihn nachher genau dazu befragen.
    Das Mädchen starrte mit großen Augen auf den verletzten Finger. Bartis Destillat war bei Josias’ Rücken hilfreich gewesen. Dann konnte es auch bei diesem Schnitt die Entzündung fernhalten.
    „Ich nähe die Wunde und stütze den Finger. Aber du musst tapfer sein.“
    „Bin ich.“ Die Kleine sah ihm fest in die Augen. Mihály nickte der Mutter zu und sie hielt die gesunde Hand des Kindes fest. Klar floss das Destillat über die Wunde.
    „Kalt“, rief das Mädchen erstaunt. Einen Augenblick später schnappte es jedoch nach Luft und zitterte. „Es brennt!“
    „Ich weiß. Aber es hilft. Weine nur, wenn du willst.“
    Helle Tränen liefen, als hätten sie nur auf seine Erlaubnis gewartet. Die kleine Hand, die in seiner lag, zitterte heftig.
    „Sieh deine Mutter an, während ich deinen Finger behandele.“ Den Anblick, wie die Nadel durchs Fleisch stach, wollte er ihr ersparen.
    Die Frau begann eine kleine Melodie zu summen und drehte das Gesicht des Kindes zu sich.
    Im Notfall wäre ein fester Verband ausreichend. Aber so verheilte die Verletzung besser. „Nur zwei Stiche.“ Den dritten würde er ihr untermogeln. „Und eine hübsche Schiene, dann ist dein Finger im neuen Jahr wieder heil.“
    *
    Seine Gelenke waren frei. An den Füßen und an den Händen. Auch steckte in seinem Mund kein dreckiger Lumpen. Kam Mihály nicht zurück, konnte er schreien. Über ihm wohnte der Arzt. Er würde ihn hören und losbinden.
    Josias ertrug den drückenden Schmerz auf dem Buckel und den reißenden in den Schultern. Er lag. Hing nicht an einem Baum. Kein Heulen der Wölfe in seiner Nähe, kein Knacken der Zweige.
    Tief ein und ausatmen. Gleich kam Mihály zurück und band ihn los.
    Er hatte es gesagt.
    Wo blieb er?
    Aus dem Gang drang kein Geräusch zu ihm. Alles war still. Bis auf sein Herz. Es raste.
    Kein Wald, keine Nacht. Nur Einsamkeit, aber das auch nur für kurze Zeit. Der Schmerz in seinen Schultern fühlte sich ähnlich an wie damals. Auch die

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