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Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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ein winziger Vogel aus dem Geäst empor und jagte mit so heftigem Flügelschlag davon, als wäre eines der kleineren Katzentiere, die es in den Wäldern am Langen See gab, hinter ihm her.
    Lirandil ballte die Linke zur Faust. » Er ist entkommen«, sagte er. » Der Dämon wird uns an seinen Meister verraten. Er wird Ghool zeigen, was er gesehen hat und was geschehen ist. Der Schicksalsverderber wird seine Erinnerungen in sich aufnehmen und einen weiteren bösen Geist schicken.«
    » Was werden wir tun?«, fragte Arvan. » Sofort wieder aufbrechen?«
    » Kopfloses Davonrennen bringt uns nichts. Wir müssen vor allem unsere Spuren beseitigen.«
    » Wir sind Halblinge«, sagte Borro. Kaum hatte er sich an einer Ranke auf die Hauptastgabel geschwungen, mischte er sich auch schon in das Gespräch ein. Aber das verwunderte niemanden, so war Borro nun einmal. » Und als Halblinge sind wir es gewohnt, im Wald keine Spuren zu hinterlassen«, fuhr er fort, » sonst würden wir schnell zur Beute gieriger Fleischfresser werden.«
    » Um solche Spuren geht es hier nicht«, widersprach Lirandil. » Ich meine magische Spuren. Aber dagegen lässt sich etwas tun.«
    Zalea und Neldo wandten sich an Borro, der ebenso wie die anderen ein Rapier am Gürtel trug, sein Langmesser und ein kleines Bündel sowie eine Schleuder samt Munition, während er sich ein Ersatzschleuderband um die Stirn gebunden hatte, das seinen roten Haarschopf allerdings nur unzureichend bändigen konnte.
    Das Bündel, das er auf dem Rücken trug, war deutlich dicker als bei den anderen beiden Halblingen und sogar größer als das, das Arvan mit sich trug. In der Hand hielt er einen Bogen, und den dazugehörenden Köcher mit Pfeilen hatte er zusätzlich auf den Rücken geschnallt. Der Bogen war eine Waffe, die im Gegensatz zu Schleudern und Blasrohren von den Halblingen eigentlich nur zur Jagd benutzt wurde. Und Borro war als guter Jagdschütze bekannt.
    » Ein ausgezeichneter Schuss, das muss der Neid dir lassen«, sagte Neldo.
    » Es war mit klar, dass keiner von euch darüber nachgedacht hat, wie ihr unterwegs an ein saftiges Stück Fleisch gelangen könnt«, entgegnete Borro. » Da habe ich mir gesagt, es wäre nicht schlecht, den Bogen mitzunehmen, wenn man sich auf eine so weite Reise begibt.« Er zuckte mit den Schultern und richtete den Blick auf die getötete Flugratte. » Und sieh e d a , ic h habe ihn eher gebraucht, als ich angenommen habe.«
    Er ging zu der Flugratte und zog die Pfeile heraus, um sie dann im Blätterwerk des Riesenbaums zu säubern, als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt, dass er nun hier bei seinen Freunden war, und als wäre er von Anfang an dabei gewesen.
    » Wolltest du nicht eigentlich auf Gomlos Baum bleiben?«, wollte Zalea wissen.
    » Na ja…«
    » Das hast du zumindest gesagt, als wir dich gefragt haben, ob du mitkommen und dich Lirandil anschließen willst.«
    » Das muss entweder sehr früh oder sehr spät gewesen sein, und ich war nicht richtig wach. Jedenfalls habe ich es mir anders überlegt«, antwortete Borro. » Wenn meine Freunde auf eine so gefährliche Reise gehen, kann ich sie unmöglich allein ziehen lassen, finde ich.«
    » Schön, dass du dabei bist, Borro«, sagte Arvan.
    Borro grinste, während er eine Pfeilspitze ganz nach Art der Halblingjäger mit einem großen Blatt vom Blut reinigte. Die Zahl der Halblingjäger war sehr klein, und sie bildeten über die Halblingstämme hinweg eine verschworene Gemeinschaft, deren Angehörige für ihre schrulligen Sitten und Gebräuche bekannt waren. Ganz ähnlich wie die Heiler mussten sie sich daher manchmal als Möchtegern-Elben beschimpfen lassen, denn der Bogen galt unter Halblingen als Waffe von Lirandils Volk. Davon abgesehen, sahen sich die meisten Halblinge zudem als Viehzüchter, Handwerker, Bauern und Gärtner. Schon die Fischer am Langen See galten als Sonderlinge, und was die Jagd betraf, so sah die Mehrheit der Halblinge darin ein Relikt aus alter Zeit, ein Überbleibsel aus einer unzivilisierten Epoche, in der die Halblinge ihre Beute mühevoll verfolgen mussten, anstatt planvoll etwas anzubauen oder Baumschafe zu züchten.
    Borros Vater allerdings gehörte der Bruderschaft der Halblingjäger an, und so war auch Borro in der Kunst des Bogenschießens unterrichtet worden.
    » Dein Schuss war wirklich außerordentlich gut«, lobte Lirandil.
    » Und ich habe Euch damit sicher das Leben gerettet«, erwiderte Borro etwas vorschnell. » Diese

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