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Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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nicht an. In seinen Augen stand Finsternis.
    Der nächste Tag begann sonnig. Ich war früh wach und zog ein warmes Kleid und den grauen Umhang an, eine wenig elegante, aber praktische Kombination. Das Wasser in der kleinen Schüssel war erfrischend kalt. Ich machte mich auf, meinen Vater zu suchen.
    Die meisten unserer Lämmer kamen im Frühling zur Welt, aber einige Mutterschafe lammten auch im Herbst, und wenn das Wetter schlecht war, konnte das schwierig werden. Iubdan war auf den höher gelegenen Weiden und sah sich zusammen mit einem alten Hirten und ein paar Jungen, die dem alten Mann als Augen und Hände dienten, die Tiere an. Es gab ein sehr kleines Lamm, aufrecht, aber stolpernd, und sie redeten darüber, ob sie das Mutterschaf in die Scheune bringen sollten, um es zu retten, oder es hier von seinem Elend zu erlösen. »Gebt ihr eine Chance«, sagte ich und trat hinter die Männer. »Der Kleine da könnte in ein paar Jahren euer bester Zuchtwidder sein. Lasst ihm einen oder zwei Tage.«
    »Weiß nicht. Nicht recht.« Der alte Mann kratzte sich das Kinn, auf dem ein paar weiße Borsten wuchsen. »Vielleicht nur Zeitverschwendung.«
    »Lasst ihr einen oder zwei Tage«, sagte ich, und das Mutterschaf wandte mir seinen vertrauensvollen Blick zu. Iubdan stand auf – er hatte neben dem Tier gehockt. »Ihr Jungen, bringt sie hinunter in die Scheune. Ihr wisst, was zu tun ist.«
    »Ja, genau. Wir häuten das tote Lamm und reiben das da mit dem Fell ein und versuchen, es zu dem anderen Mutterschaf zu bringen. Dann nimmt sie es vielleicht an.« Der Junge war begierig, seine Kenntnisse zu beweisen.
    »Dann macht euch an die Arbeit.«
    »Vater. Hättest du ein wenig Zeit für mich?«
    »Selbstverständlich, mein Liebes. Um was geht es?«
    Die drei anderen, der alte Mann und die beiden Jungen, hoben das Schaf auf ein Brett und machten sich auf den Weg hügelabwärts zur Scheune. Der alte Hirte folgte den beiden Jungen und trug das winzige Lamm vorsichtig in den Armen.
    »Was beunruhigt dich, Tochter? Geht es um Niamh?«
    »Das auch, ja. Aber ich muss mit dir über andere Dinge sprechen. Sehr ernste Dinge, Vater, und sie können nicht warten. Du wirst … du wirst mehr als verärgert sein, fürchte ich.«
    »Komm und setz dich hier her, Liadan. Das klingt wirklich wichtig. Es braucht einiges, um mich zu erzürnen, das weißt du.«
    Wir setzten uns nebeneinander auf eine Mauer. Von hier aus konnte man sehen, wie der Wald sich über die Hügel ausbreitete und die grimmigen Festungsmauern von Sevenwaters umgab. Die Festung sah durch die unzähligen Äste von Eichen und Buchen, Ebereschen und Birken irgendwie weicher aus. Die Blätter verfärbten sich langsam, und die frische Morgenluft war klar, wenn man von den Rauchfahnen früher Herdfeuer absah.
    »Ein schöner Morgen«, sagte Iubdan.
    »Dieses Mutterschaf«, sagte ich ganz plötzlich. »Du hast ihr ein paar Tage gelassen. Du hättest sie töten können. Warum?«
    Er dachte einen Augenblick lang nach. »Normalerweise folge ich dem Rat des alten Mannes. Er war schon Hirte, bevor ich zur Welt kam. Ich habe es getan, weil du mich gebeten hast. Vielleicht wird das Schaf sterben und vielleicht auch nicht. Warum fragst du?«
    »Als … als ich weg war, habe ich einen Mann getötet. Ich … ich habe ihm die Kehle mit dem Messer durchgeschnitten, und er ist gestorben. Ich habe so etwas nie zuvor getan.«
    Mein Vater sagte kein Wort. Er wartete, dass ich fortfuhr.
    »Es ging nicht anders, verstehst du? Er starb, man hatte ihn sterbend liegen lassen, und er hatte schreckliche Schmerzen. Ich konnte nichts anderes tun. Du hast einmal gesagt, dass du hoffst, ich würde nie anwenden müssen, was du mir über Messer und Bogen und Stock beigebracht hast. Nun, ich habe es jetzt benutzt, und ich fühle mich deshalb nicht gut. Und dennoch, zu diesem Zeitpunkt war es die einzige Möglichkeit.«
    Iubdan nickte. »War es das, was du mir sagen musstest?«
    »Nur ein Teil davon.« Meine Kehle war plötzlich beinahe zugeschnürt. »Es war noch ein anderer Mann da, den ich versucht habe zu heilen – wie das Schaf. Ich habe darauf bestanden, ihn am Leben zu lassen; er hat gelitten, und am Ende ist er trotzdem gestorben. Ich habe die falsche Wahl getroffen. Aber zu Anfang war ich so sicher.«
    Abermals nickte mein Vater. »Du tust, was du tun musst. Nicht jede Wahl kann die richtige sein. Und du kannst nicht sicher sein, dass deine falsch war. Deine Mutter würde sagen, dass Kräfte

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