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Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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Möwe auf trockenes Land trat und ein paar Schritte hügelaufwärts taumelte und sich bückte, um Bran von seinen Schultern auf den Boden sinken zu lassen; und ich ging weiter, bis ich neben ihm stand, und blickte dann auf.
    Fiacha, ein heller Flammenball, landete auf der Schulter der hoch gewachsenen Gestalt, und in dem Augenblick, wo er landete, war das Licht verschwunden und er war wie ein gewöhnlicher Rabe, falls man Raben je als ›gewöhnlich‹ betrachten konnte.
    »Nun«, sagte Ciarán ernst. »Ihr seid hier, und er lebt noch. Das war sehr mutig.« Er sah Möwe an und dann wieder mich. »Hilfe wartet ganz in der Nähe.«
    »Ich danke dir«, stotterte ich und berührte Brans Stirn, spürte, wie kalt er war, spürte, wie wenig Zeit ich noch hatte. »Dann hat Fiacha dich also gefunden! Ich hatte nicht erwartet, dass du selbst kommen würdest. Wir vier verdanken dir unser Leben.«
    »Fiacha – ein angemessener Name.«
    »Warum hast du uns geholfen?«, fragte ich ihn. »Warum hast du das getan? Geht das nicht gegen alles, was sie … was deine Mutter wünschen würde?«
    Er betrachtete mich ruhig, und dieser Blick erinnerte mich an meinen Onkel Conor. »Wir verdanken dir etwas, Niamh und ich. Nun haben wir es zumindest zum Teil zurückzahlen können. Was den Vogel angeht, bin ich zwar sein Hüter, aber er trifft seine eigenen Entscheidungen.«
    »Du hast keine Antwort gegeben.«
    »Holen wir Hilfe. Dieser Mann ist dem Tod nah. Du musst ihn bewegen, bevor es zu spät ist.« Er stieß einen kurzen, durchdringenden Pfiff aus, und Fiacha krächzte. »Du musst dich beeilen, wenn du ihn retten willst.«
    »Ich weiß. Woher hast du das gewusst? Wie hast du …?« Ich zeigte zurück auf den Sumpf, wo es jetzt keine Spur mehr des Pfades gab.
    »Die Fähigkeiten eines Druiden liegen darin, das zu manipulieren, was bereits vorhanden ist«, sagte Ciarán. »Wind, Regen, Erde, Feuer. Sie liegen im Verständnis der Grenzen zwischen dieser Welt und der Anderwelt; sie liegen in der Weisheit, die alles begreift, was wächst. Was ich heute Nacht getan habe, ist gar nicht so viel. Kleine Kunstgriffe, die man in den Nemetons lernt, nicht mehr. Es gab hier keine große Magie. Aber ich bin kein Druide mehr, und Conor wird eines Tages begreifen, dass seine Belehrung für mich nur der Anfang war. Er wird irgendwann entdecken, was ich alles tun kann.«
    »Du bist sein Bruder«, flüsterte ich.
    »Hätte er sich entschieden, mir das zu sagen, als er begonnen hat, mich zu unterrichten, dann wären die Dinge vielleicht jetzt anders. Inzwischen bedeutet es mir nichts mehr.«
    »Willst du mir damit sagen, dass du vorhast, dem Weg von Lady Oonagh zu folgen? Du willst dich dem Bösen weihen, um Macht zu erlangen? Und dennoch hütest du Niamh wie einen Schatz, und du bist gekommen um mich und … und das Kind zu retten.«
    Seine strengen Züge wurden von einem sehr flüchtigen Lächeln erhellt. Oben auf der Hügelkuppe waren die Stimmen von Männern zu hören, und eine Fackel flackerte.
    »Meine Mutter hält mich für ein angemessenes Werkzeug«, sagte er leise. »Und sie kann mir tatsächlich viel beibringen. Conor selbst hat mir den Wissensdurst mitgegeben. Und was ist das hier anderes als ein gewaltiges Strategiespiel? Jetzt sind eure Männer hier, und ich muss gehen. Ich kann Niamh nicht zu lange allein lassen.«
    Ich hatte einen Kloß im Hals. Ciarán war meine letzte Verbindung mit meiner Schwester, und ich spürte einen sehr langen Abschied vor mir. »Ich wünsche euch alles Gute«, sagte ich. »Ich wünsche euch alle erdenkliche Freude. Und … und dass du nicht den Weg in die Finsternis wählst.«
    »Vor allem anderen habe ich geschworen, über deine Schwester zu wachen.«
    »Sag Niamh, sie wird immer in meinem Herzen bleiben«, sagte ich leise und nicht ganz sicher, ob er ihr überhaupt erzählen würde, dass er hier gewesen war oder dass er mich und meinen Sohn gesehen hatte.
    Ciaráns Stimme war sehr ernst. Ich dachte, dass er nun beinahe gegen sein besseres Wissen sprach. »Ich zögere, es auszusprechen«, meinte er, »aber wenn du willst, dass dein Kind in Sicherheit ist, solltest du ihn wegbringen. So weit du kannst. Es gibt einige, die vieles dafür geben würden, dass er nie zum Mann und zu einem Anführer heranwächst. Aber es scheint euch beiden nicht an Beschützern zu fehlen.«
    Noch während er sprach, kamen ein paar Männer durch die Büsche; Männer mit seltsamen, exotischen Zeichen auf der Haut ihrer Gesichter und

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