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Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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hörst.« Sie steckt ihn in ein Loch am Boden und macht die Tür zu. Der Daumen im Mund, die Hände über dem Kopf, Knie hochgezogen, das Herz klopft. Eins, zwei, drei, zählt er, während er das Krachen und Schreien draußen hört, während er das Brennen und das Blut riecht. Vier, fünf, sechs. Wieder und wieder wiederholt er die Zahlen, wie einen Schutzzauber. Eins, zwei, drei … eins, zwei, drei … so dunkel. So lange. Zu lange. Und dann – und dann …
    Die Gedanken bebten und waren verschwunden. Ich fühlte mich so müde, als hätte ich eine ganze Schlacht gekämpft, mein Kopf pochte, meine Hände zitterten, meine Augen waren voller Tränen. Ich hob Brans kalte Hand an meine Lippen.
    »Schon gut«, flüsterte ich zittrig, »es ist ein Anfang.« Aber ich konnte es kaum begreifen. Hatte seine Mutter ihn vor vielen Jahren verlassen? Diese Margery, von der meine Mutter mit solcher Liebe und Hochachtung gesprochen hatte? Wie war es wirklich gewesen?
    Zeig mir mehr, bat ich mit meiner Gedankenstimme und versuchte, ihn ohne Worte spüren zu lassen, dass ganz gleich, was in seiner Vergangenheit geschehen war, wir ihn jetzt liebten und brauchten. Eine solche Botschaft hätte ich Sean oder Conor oder Finbar rasch übermitteln können. Ich hätte jemanden wie meinen Vater oder Niamh oder sogar Möwe mit etwas größeren Schwierigkeiten erreichen können, obwohl sie nicht mehr als eine gewisse Erleichterung verspürt hätten, ein Wohlgefühl, und nicht gewusst hätten, was ich tat. Auf diese Weise hatte ich mit meiner Schwester in Sidhe Dubh gearbeitet, wenn sie von der Verzweiflung beinahe überwältigt wurde. Aber so verwundet er war, Bran war ein Mann von gewaltig starkem Willen, und er kämpfte gegen mich, wie Finbar vorhergesagt hatte, und ich war bereits erschöpft von meinen Anstrengungen.
    Komm heraus!
    Mein Herz überschlug sich. Die Alten kamen, um mir zu helfen. Ihre Stimmen erklangen aus der Tiefe der Erde, leise und stark.
    Komm heraus aus dem Dunkeln. Willst du deinen Sohn vaterlos und deine Frau allein und trauernd zurücklassen? Willst du, dass deine Männer ohne Sinn und Ziel umherschweifen? Komm heraus und stelle dich der Herausforderung.
    »Hör nicht auf sie.«
    Ich setzte mich ruckartig auf und umklammerte Brans Hand fest. Das war eine andere Stimme, und ihre Besitzerin stand, umgeben von unheimlichem Licht, am Fuß des Strohsacks. Es war die Herrin des Waldes, ihr Gesicht ein Schimmern von Weiß in der Dunkelheit, ihr Umhang mitternachtsdunkel bis auf einen Schimmer von Blau. Der flammenhaarige Lord stand hinter ihr, sein Licht zu einem geisterhaften Schimmer gedämpft. Ihre Mienen waren streng, ihre Blicke kalt. Ich zitterte, als ich sie hier sah, denn ich erinnerte mich an ihren Zorn, als ich mich ihnen verweigert hatte. Bran lag hilflos neben mir, mein kleiner Sohn war hier, und nur ich konnte sie verteidigen.
    »Hör nicht auf diese Stimmen«, sagte die Herrin abermals. »Sie führen dich in die Irre. Sie sind alt und wirr. Ein altes, krankes Volk der Felsen und Brunnen. In ihren Worten liegt keinerlei Bedeutung.«
    »Verzeiht mir«, sagte ich schaudernd, »ich glaube, sie sind meine eigenen Ahnen, denn die Menschen von Sevenwaters stammen von einem sterblichen Mann und einer Frau der Fomhóire ab. Jene, die du krank nennst, versuchen nur, mir bei meiner Arbeit zu helfen. Wir haben wenig Zeit. Wenn ihr nicht hier seid, um zu helfen, dann muss ich euch bitten, uns allein zu lassen.«
    Der Mann zog die Brauen in erstaunliche Höhen hoch. Er setzte dazu an, etwas zu sagen, aber sie hielt ihn auf.
    »Liadan«, sagte sie, und es lag Kummer in ihrer Stimme. »Dieser Mann wird sterben. Du wirst ihn nicht zurückrufen. Es ist grausam, ihn so aufzuhalten. Lass ihn gehen. Er sehnt sich danach, gehen zu dürfen. Dieser Mann ist verwundet und gebrochen, kein angemessener Gefährte für eine Tochter von Sevenwaters. Er kann das Kind nicht beschützen. Lass ihn gehen und bring den Jungen zurück in den Wald.«
    Ich biss die Zähne zusammen und schwieg.
    »Gehorche, Mädchen.« Bei den Worten des Mannes lösten sich Funken von seinem Haar und seinem Gewand, so dass er nun von goldenem Licht umgeben war. Es berührte Brans bleiche Züge und ließ ihn auf gruselige Weise gesund aussehen. »Finstere Mächte recken die Hände nach deinem Kind. Es gibt Wesen, die alles tun würden, damit es nicht überlebt. Wir können dafür sorgen, dass der Kleine in Sicherheit ist. Wir können dafür sorgen, dass er stark

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