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Der Sohn des Alchemisten

Der Sohn des Alchemisten

Titel: Der Sohn des Alchemisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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normal einkaufen geht! In jeder Kirche glaubt man, sie käme zum Beten! Was man dir nie abnimmt, Jorge!«
    Einen kurzen Moment schwiegen alle drei.
    Mitten in die Stille hinein verlor Marie den Halt und rutschte am Stamm des Weidenbaums entlang in die Sträucher. Erschrocken biss sie sich auf die Lippen.
    »Halt!« Jorge war aufgesprungen. »Was war das?«
    Eine Zeit lang blieb es still. Marie hielt den Atem an.
    »Frösche!« Das war Gils Stimme.
    »Frösche? Das muss aber ein Riesenfrosch gewesen sein!« Jorge blieb misstrauisch.
    »Hasen! Füchse! Kühe! Was weiß ich! Jorge, setz dich wieder hin«, hörte Marie Gil weitersprechen.
    »Na gut!«
    Marie atmete auf.
    Jetzt ergriff Pepe das Wort. »Erinnere dich, Jorge, wie du zu uns gestoßen bist, nachdem sie dich rausgeschmissen hatten. Damals hast du gedacht, du findest einen netten Bauern, der dich als Knecht aufnimmt, mitten unterm Jahr. Nichts war’s und ohne uns wärst du aufgeschmissen gewesen. Noch glauben die zwei, sie würden diesen gelehrten Flamel aus Paris finden. Lass sie noch eine Woche weitersuchen, dann sind sie verzweifelt. Was bleibt ihnen dann? Auch nur Betteln und Stehlen wie uns. Besser, sie sind dann bei uns dabei. Bevor sie uns bei den Pilgern Konkurrenz machen.«
    Wieder schwiegen die drei.
    »Nun gut«, konnte Marie dann Jorge hören, »wenn Gil und du dafür seid, dann fragen wir sie. Aber unter einer Bedingung.«
    Marie konnte leider nicht mehr hören, welche Bedingung Jorge nun nannte, denn in diesem Moment fühlte sie eine Hand auf ihrer Schulter.
    Beinah hätte sie geschrien.
    »Warum stehst du hier?«
    Das war Jakob!
    »Spinnst du?«, fuhr Marie herum und zog ihn zurück. »Mich so zu erschrecken!«
    »Wieso?«, murmelte Jakob verwirrt, »ich bin aufgewacht und kein Mensch war mehr im Heu! Das ist vielleicht unheimlich, weißt du!«
    »Schon gut«, beruhigte sich Marie. »Komm ein paar Schritte zurück.«
    Jakob rieb sich verschlafen die Augen. »Was ist denn los?«
    »Da vorne sitzen die drei Jungs und wollen uns vielleicht in ihre Bande aufnehmen!«
    »Was denn für eine Bande? Eine Fischerbande?« Jakob gähnte. »Was sollen wir denn da!«
    »Pst! Nicht so laut! Von wegen Fischerbande!« Marie wurde ungeduldig. »Ihre Eltern waren vielleicht Fischer. Aber sie selbst sind doch Diebe.«
    »Diebe?« Jakob fuhr erschrocken hoch.
    »Pst! Überleg doch mal. Woher kam wohl das Gemüse, das Pepe gestern aus seinem Ärmel gezaubert hat?«
    Marie hielt inne und lauschte in die Nacht. Immer noch hörte sie die leisen Stimmen der drei Jungen. »Jakob«, fuhr sie leise fort, »stell dir vor, sie haben gerade darüber geredet, ob sie uns in ihre Bande aufnehmen wollen! Sie könnten ein Mädchen wie mich und einen so gelehrten und weit gereisten Jungen wie dich gut gebrauchen, haben sie gesagt. Um die Leute noch geschickter auszunehmen.«
    Jakob schwieg verblüfft, dann schlug er sich an die Stirn. »Deshalb hat uns Pepe gestern gerettet! Weil er gedacht hat, wir wären Kollegen! Diebeskollegen!«
    »Möglich.«
    »Was machen wir jetzt bloß?«, murmelte Jakob und er klang fast verzweifelt, »heute Nacht können wir nicht abhauen.«
    »Wieso denn abhauen?«, fragte Marie erstaunt zurück.
    »Na, ich will doch nicht mit drei Straßenräubern im Heu liegen«, meinte Jakob unruhig. »Ich habe einen einzigartigen Schatz zu verteidigen!«
    »Sei nicht albern«, flüsterte Marie energisch zurück, »die drei sind doch keine gefährlichen Straßenräuber, die einem mir nichts, dir nichts eins überbraten. Das sind Straßenkinder! Arme Waisen, die sich irgendwie durchschlagen müssen.«
    Bevor sie weiterreden konnten, hörten sie die anderen näher kommen.
    »Zurück ins Heu«, zischte Marie. »Sie dürfen nicht merken, dass wir sie belauscht haben. Und   – Jakob, es reicht, wenn wir morgen über das Abhauen nachdenken!«
    Gerade noch rechtzeitig lagen die beiden Kinder wieder auf ihren Plätzen und taten so, als schliefen sie in seliger Ruh. Jorge, Pepe und Gil verschwanden kurz darauf raschelnd im Heu und bald hörte Marie sie schnarchen.
    Sie selbst konnte lange nicht einschlafen. Unter welcher Bedingung würden die Jungen sie wohl in ihre Bande aufnehmen?Sollten sie das Angebot annehmen? Der Morgen kündigte sich schon an, als sie endlich zur Ruhe kam und in den Schlaf fand.
     
    »Aufwachen!« Marie blinzelte ins grelle Morgenlicht. »Jorge und die anderen sind schon wach!« Jakob stand vor ihr und zupfte sich das Heu aus den Haaren. »Marie!

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