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Der Sohn des Azteken

Der Sohn des Azteken

Titel: Der Sohn des Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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unterschieden. Für die Tänze, mit denen ein Sieg im Kampf gefeiert wurde oder mit denen man einen Sieg beschwor, legten sich die Männer Kojotehäute um, wobei die Köpfe der toten Tiere mit ihren spitzen Zähnen die Köpfe der Männer völlig verhüllten. Dann gab es den Tanz eines einzelnen Mannes, der als bester Tänzer im Dorf galt. Durch seine Kunstfertigkeit sollte Wild für die Jäger angelockt werden, wenn die Zahl der Tiere infolge einer Dürre oder einer Krankheit merklich abgenommen hatte. Es war in der Tat ein mitreißender und aufregender Tanz. Diese Darbietung war um so erfreulicher, als sie ohne besagte Musik stattfand. Der Mann befestigte mit Lederriemen den stattlichsten Hirschkopf, der sich auftreiben ließ, mit einem eindrucksvollen Geweih auf seinem Kopf. Ansonsten war er bis auf Armreifen und Fußreifen voller Kokons nackt. In jeder Hand hielt er eine kunstvoll geschnitzte Holzrassel. Sie lieferten das einzige Begleitgeräusch, während er abwechselnd wie ein aufgeschreckter Hirsch in die Luft sprang, wie ein unschuldiges Kitz herumhüpfte, geduckt und vorsichtig wie ein Jäger auf der Pirsch schlich und dabei den Kopf ruckartig hin und her bewegte. Manchmal mußte er viele Abende hintereinander bis zur Erschöpfung tanzen, bevor schließlich ein Kundschafter meldete, das Wild sei endlich zu den gewohnten Weidegründen zurückgekehrt.
    Der Leiter der Tänze ließ mir durch G’nda Ké sagen, dieser Tanz sei sehr viel wirkungsvoller, wenn der Mann eine ›Opfer-Hirschkuh‹ umtanzen könne. Dazu wurde eine gefesselte Frau in die Haut einer Hirschkuh gelegt. Nachdem der Tänzer sie so lange umkreist hatte, wie das Ritual es erforderte, wurde ihr die Haut wie der Hirschkuh vom Leib gerissen, als Symbol der erfolgreichen Jagd.
    Mir war es gleichgültig, daß die Yaki-Männer aus unerfindlichen Gründen ihr halbes Leben mit Tanzen verbrachten. Wichtig war für meine Zwecke, daß sie die andere Hälfte des Lebens dem Kampf und der Jagd widmeten.
    Als G’nda Ké den fünf Ältesten meine Worte übersetzte, erlebte ich eine angenehme Überraschung. Sie waren für mein Anliegen aufgeschlossener als manche Häuptlinge der Rarámuri.
    »Weiße Männer …«, murmelte einer der Ältesten. »Ja, wir haben von den weißen Männern gehört. Unsere Vettern, die To’ono O’otam, behaupten, ein paar Weiße seien durch ihr Gebiet gezogen. Sie haben sogar von einem Schwarzen gesprochen.«
    Ein anderer brummte: »Wohin soll das alles noch führen? Menschen sollten alle eine Hautfarbe haben … unsere Farbe.«
    Der dritte sagte: »Woher wissen wir, daß die verkommenen Männer der Wüste die Wahrheit gesagt haben? Wären sie Yaki gewesen, dann hätten sie Skalps genommen, um zu beweisen, daß es solche Lebewesen gibt.«
    Der vierte widersprach: »Wir haben niemals Skalps von den bösen Chapáyekám gesehen. Trotzdem wissen wir, daß es sie gibt, und sie haben überhaupt keine Farbe.« Der fünfte, der für die kriegerischen Angelegenheiten verantwortlich war, sagte: »Ich glaube, es würde unseren Yoem’sontáom nicht schaden, wenn sie zur Abwechslung gegen andere Feinde und nicht gegen ihre Verwandten kämpfen könnten. Ich stimme dafür, daß wir sie diesem Fremden zur Verfügung stellen.«
    »Ich auch«, sagte der für die Arbeiten im Dorf verantwortliche Älteste.
    »Ich bin dabei«, sagte der Meister der Tänze. »Wir wollen nur den Hirschtänzer hier behalten und genügend andere Tänzer, damit der Alte Mann und Unsere Mutter zufrieden sind.«
    »Und um die Chapáyekám zu vertreiben«, sagte der Wächter der Sitten.
    »Bestimmt«, sagte der Bewahrer der Religion, »werden alle Männer unserer Hautfarbe dabeisein wollen, wenn die mit der anderen Farbe ausgerottet werden. Ich stimme dafür, daß wir unsere Vettern, die Ópata und die Káhita, einladen, sich an dem Krieg zu beteiligen.« Der Älteste, der sich um Kriegsangelegenheiten kümmerte, ergriff noch einmal das Wort: »Warum nicht auch unsere anderen Vettern, die To’ono O’otam? Das wäre das größte Bündnis, das es jemals gegeben hat. Jawohl, das werden wir tun.«
    So wurde es bestimmt. Bakúm sollte einen Krieger mit dem ›Stab des Waffenstillstands‹ entsenden, der den anderen der Acht Heiligen Städte meine Botschaft überbringen würde. Ein zweiter Krieger sollte sich auf den weiten Weg zum Wüstenvolk machen. Ich versprach als Gegenleistung für diese großzügige Mitwirkung zwei Dinge. Ich würde einen meiner Krieger beauftragen, alle

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