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Der Sohn des Donnergottes

Der Sohn des Donnergottes

Titel: Der Sohn des Donnergottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Prüferin Interesse an der Grundrißzeichnung, die Rutja vom Antiquitätenladen angefertigt hatte. Sie erkundigte sich, ob Herr Ronkainen die Absicht hege, eine Renovierung der Räumlichkeiten in Angriff zu nehmen, oder aus welchen Gründen er sonst einen solchen Plan erstellt habe.
    »Ich wollte mir dort im Salon einen Opferplatz einbauen lassen«, erläuterte Rutja und machte die Frau mit seinen weiteren Plänen vertraut.
    »Hier käme die Feuerstätte hin, hier der Opfertrog, und hier im Hinterzimmer richten wir die Kammern für die Schamanenausrüstungen ein. Klingt das nicht vernünftig? Das einzige Problem ist, daß ich nicht so recht weiß, wohin man den Opferrauch ableiten könnte. Ich habe mir vom Hausbesitzer bestätigen lassen, daß es in diesem Teil des Hauses keinen Kamin gibt. Er ist angeblich abgerissen worden.«
    »Sie sind unmöglich, das muß ich schon sagen.« Rutja war es langsam gewohnt, für unmöglich oder einen Spinner gehalten zu werden, sobald die Rede auf sein Göttertum kam oder überhaupt auf das Thema Religion. Steuerprüferin Suvaskorpi wandte sich wieder ihren Papieren zu, und nach einem Weilchen erkundigte sie sich: »Hören Sie… Ich bin hier gerade beim November 1982. Mir ist unklar, weshalb während des gesamten Monats nicht eine einzige Kontobewegung verzeichnet worden ist. Sie wollen doch nicht etwa behaupten, daß Sie einen ganzen Monat lang nichts verkauft haben?«
    Rutja beugte sich vor, um sich die Unterlagen genauer anzusehen, doch es war ihm unmöglich zu sagen, warum es im November 1982 weder zu Geschäften noch zu sonstigen Eintragungen gekommen war. Er beschloß, Sampsa anzurufen und den Ladeneigentümer selbst zu fragen, ob er sich an die Ereignisse im Jahr 1982 erinnern konnte.
    »Hier ist noch mal Rutja, grüß dich. Die Steuerprüferin will wissen, warum im November 1982 keine Eintragungen gemacht worden sind. Ich kann dazu nichts sagen, sprich du mit ihr.«
    Rutja reichte Frau Suvaskorpi den Hörer. Sampsa setzte ihr auseinander, daß er sich während des besagten Zeitraums zum Kauf alter bäuerlicher Gerätschaften im Norden des Landes aufgehalten habe. Das Geschäft war den gesamten November über geschlossen gewesen, da die Ladenhilfe Moisander damals Urlaub hatte und sich in Spanien aufhielt.
    »Sieht es ansonsten sehr kriminell aus?« fragte Sampsa vorsichtig.
    »Sie sollten doch selbst am besten wissen, ob Sie Verstöße gegen die Steuergesetze begangen haben«, antwortete Steuerprüferin Suvaskorpi spitz und beendete das Gespräch.
    Sie setzte sich wieder an ihre Arbeit. Sie wirkte unschlüssig und schien eine Weile scharf nachzudenken, dann fragte sie:
    »Hören Sie mal, wenn die Person, mit der ich gerade telefoniert habe, Geschäftsführer Ronkainen ist, wer sind dann eigentlich Sie?«
    »Ich bin Rutja, der Sohn des Donnergottes. Es ist nämlich so, daß ich vom Himmel der Finnen hierher nach Finnland gesandt worden bin und mit Sampsa Ronkainen die Rollen getauscht habe. Sampsa sitzt in Pentele in Göttergestalt, und ich kümmere mich hier um seine Angelegenheiten. Das ist so was wie Arbeitseinteilung, und wir machen es, weil…«
    »Nun seien Sie schon still! Eine Steuerprüfung ist kein Anlaß für Scherze!«
    Als das Telefon in Pentele klingelte, saß Anelma halbbekleidet auf der Veranda und trank Kaffee. Das Fenster der Bibliothek im Obergeschoß stand einen Spalt weit offen. Sampsa hatte vergessen, es zu schließen, bevor er nach Helsinki aufgebrochen war. »So ein Trottel«, dachte Anelma. Doch dann blieb ihr fast der Hefekuchen im Hals stecken, als sie hörte, daß oben jemand den Telefonhörer abnahm. Das Haus war leer, und trotzdem nahm jemand den Hörer ab! Anelma spitzte die Ohren. Die Stimme kam ihr bekannt vor, sie war nur etwas tiefer und wilder. Anelma fröstelte. In diesem Haus gingen in letzter Zeit merkwürdige Dinge vor. Jetzt zum Beispiel wurde in der verlassenen Bibliothek telefoniert. Als das Telefongespräch beendet war, lief Anelma zum neuen Haus hinüber, wo Sirkkas »Bruder« Rami auf dem Sofa ein Nickerchen machte. Sie kommandierte ihn dazu ab, das Hauptgebäude von oben bis unten zu durchsuchen, denn dort sei jemand, sie habe mit eigenen Ohren gehört, wie jemand telefonierte.
    Der faule Kerl wollte sein Morgennickerchen eigentlich nicht unterbrechen, aber da Anelma nicht lockerließ, blieb ihm nichts anderes übrig, als der Sache auf den Grund zu gehen. Anelma gab ihm den Schlüssel für die Haustür des alten Gebäudes.

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