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Der Sohn des Donnergottes

Der Sohn des Donnergottes

Titel: Der Sohn des Donnergottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Himmel sowie mit einer korrekten Behandlung dort und einem Lebensstandard der gehobenen Mittelklasse. Überdies hielt er es für eine Selbstverständlichkeit, daß ihm im Himmel eine schöne und intelligente Ehefrau zur Seite gestellt wurde, ähnlich derjenigen, die er vor seinem Tod gehabt hatte.
    »Nun, wir haben Oskari schließlich eine vergleichsweise leichte Arbeit zugewiesen. Er mußte Holzkohle für die Höllenkessel herbeikarren. Aber Ihr Mann mochte das von Anfang an überhaupt nicht. Er behauptete, als assoziiertes Mitglied dem Ausschuß zur Vorbereitung von Gesetzesvorlagen im finnischen Innenministerium anzugehören und daher seine Rechte wahrlich genau zu kennen. Er drohte und tobte, bis Turja der Geduldsfaden riß und er ihm eine ordentliche Tracht Prügel verabreichte.«
    »O wie schrecklich!« rief Steuerprüferin Suvaskorpi. Rutja erzählte ihr, wie sich Herr Suvaskorpi mit der Zeit in seine Aufgabe gefügt und auf das Drohen und Toben verzichtet hatte. Nachdem einige Zeit vergangen war, hatte er ein paar Arbeiterseelen bestochen, damit sie an seiner Stelle die Holzkohle karrten, und mittlerweile hatte Oskari Suvaskorpi eine deutlich bessere Position in der Hölle inne: Er führte Buch über die Toten.
    Die Steuerprüferin Suvaskorpi glaubte Rutjas Worten immer noch nicht ganz. Sie merkte an, es sei unschicklich, über verstorbene Menschen Witze zu machen. Es könnte höchstens sein, daß Herr Ronkainen ihren Oskari gekannt hatte, vielleicht waren sie zusammen in der Armee gewesen.
    »Ihr Finanzbeamte seid wirklich unfaßbar halsstarrige Leute«, seufzte Rutja. »Aber ob Sie es nun glauben oder nicht, ich bin jedenfalls der Sohn des Donnergottes.«
    »Ganz bestimmt.«
    Steuerprüferin Suvaskorpi vertiefte sich wieder in ihre Arbeit. Allerdings kreisten ihre Gedanken immer noch um Rutjas Worte. Der Mann war närrisch, das mußte man ganz klar sagen, aber auf irgendeine Art gefiel er ihr. Im Leben einer Steuerprüferin ist so wenig Platz für Phantasie, daß eine solche Geschichte schon fast zuviel auf einmal war. Aber es war sehr unterhaltsam.
    Am Nachmittag bat Rutja Frau Suvaskorpi, mit ihm in ein Restaurant zu gehen. Rutja dachte sich, es wäre nett, etwas Gutes zu essen, Wein zu trinken und bei der Gelegenheit die Steuerprüferin vielleicht etwas milder zu stimmen. Frau Suvaskorpi hatte jedoch schon etwas anderes vor:
    »Eventuell wäre ich vielleicht sogar mitgekommen, aber ich bin Steuerprüferin und habe die Aufgabe, die in der Buchhaltung Ihres Geschäfts aufgetretenen Unklarheiten zu untersuchen. Würde ich mit Ihnen zu Abend essen, müßte man das als Entgegennahme einer Bestechungsleistung werten. Aber abgesehen davon habe ich eine Karte für die heutige Abendvorstellung der Sommerbühne auf Suomenlinna reservieren lassen. Vielen Dank, aber ich kann Sie nicht begleiten.«
    Rutja sagte, wenn das so sei, dann besorge er sich ebenfalls eine Karte für das Sommertheater. Frau Suvaskorpi erklärte, sie wolle niemanden daran hindern, seiner Leidenschaft für das Theater zu frönen, auch wenn sie Steuerprüferin war.
    Die Sommerbühne von Suomenlinna führte in der »Zitadelle des guten Gewissens« das Stück eines jungen, vielversprechenden Debütanten auf. Es hieß »Des Räubers letzter Pfennig« und hatte dringende gesellschaftliche Probleme zum Inhalt wie Drogenhandel, kapitalistische Ausbeutung und dergleichen. Rutja und Frau Suvaskorpi saßen in der obersten Reihe der Tribüne, für die Rutja im letzten Moment gerade noch eine Karte bekommen hatte. Frau Suvaskorpi war elegant gekleidet, sie duftete wunderbar und gestattete Rutja, ihre Hand zu halten. Sie war kein bißchen förmlich, sondern unterhielt sich vor Beginn der Aufführung mit Rutja lebhaft über das Theater und andere Phänomene des kulturellen Lebens. Rutja sagte, er sei zum ersten Mal im Theater, aber das glaubte ihm Frau Suvaskorpi nicht.
    Das Stück begann mit einem fürchterlichen Spektakel. Ein Dutzend junger Schauspieler stürmte schreiend und trommelnd auf die Bühne. Zwischenzeitlich brachen alle in Gelächter aus, dann wurde wieder gesungen, daß es von den Mauern der Zitadelle widerhallte. Rutja sah der Aufführung mit großen Augen zu. Ihm gefiel, was er sah, da war je mehr los als in der Hölle!
    Mit fortschreitender Handlung mußte Rutja allerdings zur Kenntnis nehmen, daß es sich nicht nur um den reinen Zeitvertreib handelte, denn einer der Schauspieler, ein Räuber wie er im Buche stand, machte in einem fort den

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