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Der Sohn des Haeuptlings

Der Sohn des Haeuptlings

Titel: Der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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riesiger, schwarzer Mercedes mit einem gelben, amerikanischen Nummernschild und einer Standarte auf dem Kotflügel parkt vor dem Eingang, und Fridolin schleppt einen Koffer nach dem anderen durch die Drehtür. Ich hab’ ihn gefragt, wer da angekommen sei und ob er unter den neuen Gästen einen jungen Indianer entdeckt hätte, weil ich ja, nach dem, was Emil gestern erzählt hat, ahnte, daß —“
    „Was hat Fridolin gesagt“, unterbrach ihn Emil Lang-hans aufgeregt.
    „Ich solle ihm nicht auf den Wecker gehn, hat er gesagt. Und ob ich keine Augen im Kopf hätte. Schließlich müsse ich doch sehen, wie er mit seinen Koffern augenblicklich im Streß sei. Dieser Mister Webster sei ein ziemlich hohes Tier, und man könne ihn nicht warten lassen —“
    „Webster“, wiederholte Emil Langhans geplättet. „Das sind sie tatsächlich schon.“ Er trank hastig sein Glas aus. „Du liebe Zeit. Dabei hab’ ich meinen Smoking noch in der Reinigung. Ich muß fort.“
    Im Hotel zum Kurfürsten ging inzwischen wirklich alles drunter und drüber. Das lag aber nicht an Mister Webster. Er war die Ruhe selbst. Er hatte Chefportier Pelz und den Pagen Fridolin, die beide zum Empfang durch die gläserne Drehtür geflitzt waren, genauso freundlich begrüßt wie später den Hausdiener oder die Zimmermädchen.
    Der Wirbel ging vielmehr von Herrn Pelz aus. Und nicht etwa, weil er aufgeregt gewesen wäre. Vielmehr machte es ihm einfach Spaß, dem übrigen Personal von Zeit zu Zeit seine dreißigjährige Portierserfahrung zu demonstrieren. Und dazu kam ihm dieser amerikanische Gast, den die Alliierte Kommandantur höchstpersönlich angemeldet hatte, wie gerufen.
    „Dieser Mister Webster ist ein VIP“, hatte Herr Pelz dem spindeldürren Pagen in der grünen Uniform verkündet, als die telefonische Zimmerbuchung aus Berlin eingegangen war. „Weißt du überhaupt, was das in der internationalen Hotelbranche bedeutet?“
    „Very Important Person“, hatte Fridolin ein wenig beleidigt geantwortet. Genauso, als ob man ihn gefragt hätte, ob Billardkugeln rund oder eckig wären.
    „Tatsächlich ist Mister Webster eine sehr wichtige Persönlichkeit, und ich bitte mir aus, daß er hier entsprechend behandelt wird.“
    Von diesem Augenblick an hatte der Chefportier förmlich rotiert. Er hatte die Fürstenzimmer noch einmal lüften und reinigen lassen, obgleich sie schon sofort nach der Bestellung auf den Kopf gestellt worden waren. Blumen mußten besorgt werden, und im Speisesaal ließ er um den schönsten Tisch bei der Terrasse eine spanische Wand aufstellen, damit die hohen Neuankömmlinge, von den übrigen Gästen getrennt, ungestört speisen könnten.
    Als er schließlich noch die bereitgestellten Gläser prüfend gegen das Licht halten wollte, platzte dem Oberkellner der Kragen. „So können Sie vielleicht mit Ihrem Piccolo umspringen, aber nicht mit mir“, schimpfte er. „Meine Gläser sind blitzsauber, ganz egal, wer draus trinkt.“
    „Immerhin“, schränkte Herr Pelz ein. „Mister Webster ist eine Very Important Person.“
    „Mit so einem Getue können Sie meinetwegen den Eskimos Schneebälle verkaufen“, grollte der Oberkellner. „Mich lassen Sie gefälligst in Ruhe damit.“
    Als die Websters dann endlich angekommen waren, hatten sie sich zuerst auf der breiten Treppe vor dem Haus umgeblickt und hinterher in der Hotelhalle.
    „Sehr, sehr hübsch“, hatte Mrs. Webster bemerkt.
    „Auch die ganze Stadt ist geradezu reizend, sofern man das aus dem fahrenden Auto sehen konnte. Genau so habe ich mir Deutschland vorgestellt.“
    „Ja, gefällt mir“, hatte Mister Webster das Lob ergänzt. Ein jüngerer Herr in ihrer Begleitung, der sehr aufrecht ging, mit längeren tiefschwarzen Haaren und einer bron-zenen Hautfarbe, war plötzlich vor einem Plakat der Osterfestspiele in der Freilichtbühne stehengeblieben. „Das muß es sein, Mister Webster.“
    „Tatsächlich, very impressive“, hatte der Amerikaner erwidert und dann den Titel vorgelesen: „Die Rache der Apachen“. Er betonte die Worte wie ein schlechter Schauspieler, wenn er geheimnisvoll wirken will. „Wann kann man sich das Spektakel zu Gemüte führen?“ fragte er den Chefportier.
    „Am Ostersonntag ist die Premiere“, antwortete Herr Pelz wie aus der Pistole geschossen.
    „Also vier Karten gleich für Sonntag, und zwar möglichst gute Plätze.“
    „Nachmittags oder abends“, hatte Chefportier Pelz gefragt. „Mit Scheinwerfern soll es besonders

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