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Der Sohn des Haeuptlings

Der Sohn des Haeuptlings

Titel: Der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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die Sessel und umgekehrt.
    Dabei bemerkten sie es vorerst gar nicht, daß Mister Webster schon eine ganze Weile in der offenen Tür lehnte und ziemlich dicht neben ihm seine Frau.
    „Zum erstenmal sehe ich ihn richtig lachen“, flüsterte sie.
    „Freunde im gleichen Alter, das ist genau die Arznei, die er braucht“, murmelte der Amerikaner. „Und die Sieben da scheinen wirklich patente Burschen zu sein.“
    „Besonders der Kleine mit dem Bürstenhaarschnitt“, flüsterte Mrs. Webster wieder.
    „Aber der Lange mit der dicken Brille ist auch nicht übel“, meinte ihr Mann. „Überhaupt—“
    Die Jungen hatten sich inzwischen beruhigt und die beiden Websters entdeckt.
    „Entschuldigung“, stammelte Karlchen Kubatz. „Bestimmt haben wir Sie gestört.“
    „Für einen Augenblick haben wir ganz vergessen, daß wir ja Gäste im besten Hotel am Platze sind“, grinste Emil Langhans.
    „Well, listen boys“, sagte Mister Webster. „Mein Deutsch ist miserabel, aber euer kleiner Professor wird ja dolmetschen. Bitte, Professor.“
    Karlchen Kubatz deutete eine höfliche Verbeugung an und übersetzte, was der Amerikaner gesagt hatte.
    „Ich will mich kurz fassen und keine lange Rede halten“, meinte Mister Webster. Er machte jetzt nach jedem Satz eine Pause. Das erlaubte es ihm, an seiner schwarzen Zigarre zu ziehen und gab Karlchen Kubatz zugleich Gelegenheit, seine Worte zu übersetzen.
    „Ich weiß, daß sich vor allem der Bruder von diesem jungen Herrn, den wir ja in Chicago kennengelernt haben, für alles interessiert, was mit Indianern zu tun hat. Und jetzt entdecke ich, daß er mit seinem Hobby nicht allein ist, was mich natürlich freut.“ Mister Webster legte seinen Arm um die Schultern des Jungen mit den blauschwarzen Haaren. „Ihr habt also eine Ahnung davon, wie die Krieger eines Stammes Zusammenhalten. Seid zu Tesu in diesem Sinne gute Freunde. Auch wenn er nur ein paar Tage in Bad Rittershude bei euch ist. Hugh! Ich habe gesprochen.“
    Die Glorreichen Sieben standen, ohne sich zu bewegen, wie sieben Plakatsäulen nebeneinander und blickten Mister Webster in die Augen.
    „Darf ich dann gleich einen Vorschlag machen?“ fragte der kleine Karlchen Kubatz nach einer Weile.
    Mister Webster und seine Frau nickten gleichzeitig und wie Zwillinge mit ihren Köpfen.
    „Wir haben morgen unseren letzten Schultag vor den Osterferien“, fuhr der Junge mit dem Bürstenhaarschnitt fort. „Und eigentlich gehört es doch dazu, daß Tesu auch einmal in eine deutsche Schule hineinriecht. Soll ja nur ein Vorschlag sein, wie gesagt —“
    „Ein Vorschlag, der mir ganz ausgezeichnet gefällt“, erwiderte Mister Webster ohne zu überlegen.

Es geht auch umgekehrt: Ein Kommissar wird beschattet

    Am nächsten Morgen konnte man es zum erstenmal schwarz auf weiß lesen. „Geheimnisvolles Verschwinden.“
    Das war die Schlagzeile, die sich Chefredakteur Kubatz für seine Bad Rittershuder Nachrichten ausgeknobelt hatte. Daneben zeigte er ein Foto von Professor Keller, der auf dem Bild den Eindruck machte, als würde er durch seine Brillengläser hindurch dem Leser direkt in die Augen blicken.
    „Endlich erfährt man Tatsachen“, meinte Herr Bemmelmann in seinem Zigarrenladen.
    „Eine Vermißtenanzeige bedeutet eine ganze Menge“, meinte Frau Kohl, als sie in ihrem Blumengeschäft Rittersporn und Wicken aus dem Schaufenster holte. Frau Doldinger hatte heute Geburtstag, und der Bauunternehmer, der sich nicht lumpen lassen wollte, hatte darum gebeten, einen besonders großen Frühlingsstrauß zusammenzustellen.
    „Man soll im gesamten Bundesgebiet nach ihm fahnden“, sagte er und holte dabei seine Brieftasche aus der Jacke.
    In ganz Bad Rittershude gab es am Vormittag kein anderes Gesprächsthema.
    Allerdings glaubte niemand an Mord.
    So etwas war in Bad Rittershude zum letztenmal vor genau zwölf Jahren passiert. Es hatte sich um eine Messerstecherei bei den Lagerhallen gehandelt. Der Mörder war total betrunken gewesen und kein gebürtiger Bad Rittershuder. Das wurde immer sehr ausdrücklich betont, wenn je einmal die Sprache auf diese üble und weit zurückliegende Geschichte kam.
    „Er soll eine international bedeutsame Erfindung gemacht haben“, bemerkte Oberstudiendirektor Senftleben mit dem Blick in die heutigen Bad Rittershuder Nachrichten.
    „Papier ist geduldig“, meinte seine Sekretärin ein wenig schnippisch und stellte eine Tasse Kaffee vor ihren Chef auf den Schreibtisch.
    „Besten Dank,

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