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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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und auch von Norgis, dass das Schicksal eben nicht unabwendbar ist. Wir haben es selbst in der Hand.«
    »Aber du hast gesehen, dass Eri das Siegel zerschlägt?«, fragte der Bogner nach. Er war blass geworden.
    »Ja, aber es muss nicht so kommen. Und solche Bilder sind oft widersprüchlich und schwer zu deuten.«
    Tuge legte Awin die Hand auf die Schulter und sah ihm tief in die Augen. »Sag mir eines, Seher, kam es schon vor, dass ein Bild, das du auf deinen Reisen sahst, nicht wahr geworden ist?«
    Awin hielt dem Blick stand, aber er konnte den Freund nicht anlügen: »Nein, aber manchmal fehlt etwas, was diesen Gesichten einen ganz anderen Sinn gibt.«
    »Du machst mir das Herz schwer, Awin«, sagte Tuge jetzt.
    »Ich weiß, aber ich musste es jemandem sagen, denn diese Bilder lasten auch schwer auf mir, Tuge. Doch zu unseren Gefährten kein Wort.«
    Der Bogner nickte, dann setzte er sich an einen der Steine, schloss die Augen und tat so, als wolle er vor der kommenden Schlacht noch etwas schlafen. Seine Miene drückte jedoch tödliche Entschlossenheit aus.

    Awin fragte sich, ob es klug gewesen war, dem Bogner das zu erzählen. Eine Zeit lang hatte er die dunklen Gesichte verdrängen können, doch jetzt stand er vor dieser schwarz schimmernden Mauer, und da kamen all die düsteren Bilder wieder hoch. Er blickte zum Himmel. Die Dämmerung hatte eingesetzt, aber die Nacht war noch fern.
     
    Nach einer Weile rief einer der Männer vom Tor herab, dass sich Reiter näherten. Limdin kletterte auf einen der Steine und rief: »Es sind keine Hakul, sondern Kariwa.«
    Es waren drei, und sie sahen furchtbar aus. Keiner von ihnen führte noch eine Waffe, und jeder hatte wenigstens eine Wunde davongetragen. Dem ersten steckten zwei schwarz gefiederte Pfeile im Oberschenkel. Wela ließ ihn von den Anwärtern vom Pferd heben, um ihn zu versorgen, während der zweite Bericht erstattete. »Es ist alles verloren. Sie haben uns geschlagen, oh, sie haben uns vernichtet«, stöhnte er. Sein graues Gewand war zerrissen und von Blut dunkel verfärbt.
    »Was ist geschehen?«, fragte Tuge.
    »Wir nahmen Aufstellung, wie befohlen, und warteten. Dann kam der Nebel, und mit ihm die Hakul. Unsere Wächter waren blind, aber die Hakul wussten, wo wir standen, und sandten einen endlosen Hagel von Pfeilen in unsere Reihen. Dann gab Lemgin uns den Befehl, uns in die Wälder zurückzuziehen, doch war es schon zu spät, denn als wir noch liefen, kamen sie schon über uns. Unsere Schlachtordnung war dahin, und jeder war auf sich allein gestellt. Ich irrte zwischen den Bäumen umher und stieß auf dieses Pferd. Ich floh, und ich glaube, dass nicht viele meinem Beispiel folgen konnten.«
    »Und die Männer aus Marsa, die Verstärkungen aus Kalve und Burnis?«, fragte Merege ruhig.

    Der Mann schüttelte den Kopf. Die Anwärter hoben nun auch ihn von seinem Reittier, und Mahuk sah sich die Wunde an.
    »Wo ist Airiskan Ragin?«, fragte Awin den dritten.
    »Ich weiß es nicht«, sagte dieser leise. »Die Hakul waren erst dicht hinter uns, aber dann hielten sie an. Ich weiß nicht, vielleicht sind sie nach Narwa gezogen, wo der Airiskan ihnen hoffentlich mit der Verstärkung entgegentreten kann, vielleicht kommen sie auch hierher. Ich weiß es nicht.«
    Die Erde erbebte, und vom Kramar rollte Donner heran. Der Ascheregen, der für eine Weile ausgeblieben war, setzte nun umso stärker wieder ein. Schwere, helle Flocken fielen langsam aus den fahlen Wolken und gaben dem grünen Land das Aussehen einer unwirklichen Winterlandschaft.
    Merege schickte die jüngste der Anwärterinnen auf die Mauer. Sie sollte Ausschau nach dem Feind halten und Meldung geben, sobald er näher war. Als das Mädchen schon die Treppe hinaufkletterte, fragte Awin: »Glaubst du, die Männer dort oben können das nicht?«
    »Natürlich können sie das, aber ich will sie nicht hier unten haben, wenn es losgeht. Sie ist noch so jung«, erklärte Merege. Awin konnte ihr die Anspannung ansehen. Sie wusste genauso gut wie er selbst, dass es gleichgültig war, wo sich dieses Mädchen aufhielt, wenn die Daimonen erst einmal befreit waren.
    Bald darauf meldete die helle Stimme des Mädchens, dass sich weitere Männer dem Tor näherten.
    »Hakul?«, rief Merege hinauf.
    »Kariwa«, lautete die Antwort.
    Limdin gab kurz darauf von seinem Aussichtspunkt die Bestätigung: »Aber viele sind es nicht, fünfzig vielleicht.«
    Kurz darauf sah Awin sie selbst. Es waren eine Handvoll
Reiter und nicht

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