Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
Vom Netzwerk:
alten Steine gesetzt habt, will ich gehen.«
    »Du willst in die Festung hinein?«
    Isparra antwortete mit einem stolzen Nicken. Awin biss sich auf die Lippen. Das war ein befremdlicher Wunsch. Schließlich fragte er: »Warum fragst du nach unserer Erlaubnis? Bist du nicht eine Windskrole? Kannst du nicht gehen, wohin es dir gefällt?«
    Isparra zischte. »Ich habe gehört, was ihr über mich sagt und wie ihr mich nennt - dass ihr mich zu den Alfskrolen zählt. Doch war ich zum Anbeginn der Zeit eine Windholde, eine Dienerin und Freundin der schönen Xlifara, lange bevor sie Slahan wurde. Erst dann wurde ich Isparra die Zerstörerin. Doch Slahan ist fort, und ich will nicht mehr zerstören. Und so frage ich dich um Erlaubnis, Hakul.«
    Awin betrachtete die Unsterbliche genauer. Ihr weiter Mantel war ihr zu groß. Die roten Stofffetzen waren ein armseliger Widerhall der schönen Kleider, die sie früher getragen hatte. Sie verheimlicht mir etwas , dachte Awin. »Ich bin nicht Herr dieser Festung«, gab er zur Antwort, »und ein Wind muss nichts zerstören, um eine Mauer zu überwinden, die zwischen ihm und einem offenen Platz liegt.«
    »Zweimal habe ich dir geholfen, Mensch, nun verweigerst
du mir diesen Gefallen?«, fragte Isparra mit schneidender Stimme. Plötzlich wirbelte der Staub um sie herum heftig auf. Sie ist immer noch eine Windskrole, sei vorsichtig , mahnte sich Awin in Gedanken. »Ich kann mit Prawani Kalya über dein Anliegen sprechen, doch solltest du mir vielleicht sagen, was du innerhalb dieser Mauern willst, ehrwürdige Isparra.«
    Der Wind flaute so plötzlich ab, wie er gekommen war. Feindselig starrte die Unsterbliche Awin an. Aber da war noch etwas anderes. Für einen flüchtigen Augenblick schien sie ihm … unsicher.
    »Die Alte Kraft. Slahan hat sie gefunden. Ich … ich brauche sie«, zischte Isparra leise.
    »Ich werde die Prawani damit nicht überzeugen können. Sag mir, zu welchem Zweck du sie brauchst«, erwiderte Awin.
    Die Windskrole rief zornig: »Ihr Menschen. Für alles braucht ihr Gründe. Alles müsst ihr zerreden. Immer stellt ihr Bedingungen. Habe ich etwas gefordert, als ich dir half, Hakul?«
    »Du wusstest, wer ich war, Isparra. Doch ich weiß nicht, wer du bist. Als ich dich zuerst traf, warst du die stolze und mächtige Zerstörerin. Und nun erscheinst du hier in der Gestalt eines Menschen. Ich werde alles tun, um dir Einlass in die Festung zu verschaffen, denn ich habe deine Hilfe nicht vergessen. Doch muss ich wissen, warum du hier in dieser Gestalt vor mir erscheinst.« Wie eine Bettlerin , setzte Awin nur in Gedanken hinzu, denn so erschien sie ihm plötzlich in ihrem überweiten Gewand.
    Isparra wandte sich halb ab. Weit hinaus in die Ebene ließ sie ihren Blick schweifen, wo Wolkenschatten und Sonnenfelder über grüne Wälder zogen. »Als Xlifara Slahan mich verstoßen hatte, da war ich ohne Kraft, ohne Macht und ohne Gestalt«, erklärte sie leise. »Nicht viel mehr als ein Name und ein Gedanke war Isparra, und fremde Winde trugen mich hierhin
und dorthin, wie es ihnen gefiel. Mitleid kannten sie nicht. Sie hätten mich bis zum Rand der Welt getragen, wenn ihr Slahan nicht bezwungen hättet. Ein Teil der Macht, die sie mir raubte, kehrte zurück, doch ging ein anderer verloren. Ich bin nun wieder viel mehr als eine kraftlose Hülle und doch bin ich weniger als eine Windholde. Es ist, als sei mit der Verbannung Slahans auch ein Teil von mir verbannt worden. Sieh mich an, Mensch, ich bin gebunden an diesen Körper, fast wie Deinesgleichen. Und Entfernungen, die ich früher in Windesschnelle überwand, muss ich nun mühsam Schritt für Schritt bewältigen. Viele Wochen bin ich nun schon hierher unterwegs, denn hier hoffe ich, einen Teil jener Kraft zu finden, von der ich getrennt worden bin.«
    »So bist du … sterblich geworden?«, fragte Awin vorsichtig.
    Zu seiner Überraschung lachte Isparra laut auf. Sie entblößte ihre Schulter. Die Stummel zweier abgebrochener Pfeilschäfte ragten einen Finger breit aus ihrer glatten Haut hervor. Die Spitzen waren nicht zu sehen. Sie mussten tief im Fleisch sitzen. »Einige deines Volkes haben versucht, das herauszufinden. Sie haben den Versuch nicht überlebt«, erklärte sie stolz. »Der Mantel stammt von ihnen, und ich nahm auch eines ihrer Pferde, doch stürzte und verendete das Tier. Ich gebiete immer noch über viel Macht, Hakul, doch verlangt es mich nicht danach, sie einzusetzen. Sag das der Herrin dieser Festung, wenn

Weitere Kostenlose Bücher