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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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hier. Aber ist fort. Yeku sagt, er kommt vielleicht wieder.«
    »Dann sollten wir uns beeilen, damit wir den Weg hinter uns haben, bevor er zurückkehrt«, meinte Awin. »Ich denke, wir könnten bis Einbruch der Dämmerung oben sein.«
    »Sie hat doch schon eingesetzt«, gab Tuge zu bedenken.
    »Aber in diesem Land dauert sie viel länger als bei uns«, erwiderte Awin.
    »So ist es im Norden«, erklärte Merege. »Es ist nicht mehr sehr lang bis zum Mittsommertag. Zu dieser Zeit dauert die Dämmerung im Schneeland viele Stunden, und einige Tage lang geht die Sonne nicht mehr ganz unter.«
    »Und wann ist es dann Nacht?«, fragte Wela verständnislos.
    »Gar nicht, Schmiedin. Du wirst es vielleicht bald selbst erleben. Je weiter wir nach Norden kommen, desto länger werden jetzt die Tage. Dafür meidet die Sonne unser Land im Winter, und es gibt einen Tag, an dem sie sich gar nicht zeigt.«
    Die Hakul starrten Merege an. Nicht nur, weil schwer zu glauben war, was sie sagte, sie hatte seit Tagen auch nicht mehr
so viel an einem Stück gesprochen, jedenfalls mit niemandem außer Karak. Awin beschloss, das als gutes Zeichen zu nehmen. Vielleicht kehrt sie ja doch noch ganz aus dem Land der Toten zurück , dachte er, und er fragte sich, ob seine Gabe nicht auch den Weg zu ihm zurückfinden würde. Vielleicht würde ihm Uo die Gabe ja wiedergeben, wenn Merege sein Reich ganz verlassen hatte. Er versuchte, nicht zu oft darüber nachzudenken. Es war eigenartig, dieser blinde Fleck in seinem Geist, der nicht schmerzte, aber ein immer beunruhigenderes Gefühl der Leere erzeugte. Er hatte seine Gabe weggegeben. Es war ihm am Tor in der Unterwelt gar nicht schwergefallen, denn schon zuvor hatte sie ihm nichts mehr genutzt. Doch jetzt vermisste er sie jeden Tag mehr.
    Tuge war nicht begeistert, als Awin den Befehl gab, den steilen Pfad sofort zu erklimmen, aber er widersprach nicht. Der Steig war in den Hang geschnitten, an einigen Stellen sogar befestigt, und immer wieder tauchten am Wegesrand steinerne Figuren auf. Aber der Weg war auch steil, und es war schwer vorstellbar, dass ihn ein Wagen bewältigen konnte.
    »Wer immer diesen Pfad benutzt, er muss sein Handwerk verstehen, wenn er einen Karren hier hinauf-, und noch beachtlicher, auch heil hinunterbringen will«, meinte Wela, als sie etwa die Hälfte des Weges hinter sich gelassen hatten. Es gab dort ein flacheres Stück, und Awin hielt den Sger an, um die Pferde rasten zu lassen.
    »Es waren vielleicht Händler. Sie sind sehr geschickt in solchen Dingen«, erwiderte Merege. »Und sie kommen weit herum und kennen sicher Mittel, die sie vor diesen Geistern schützen.« Ihre ungewohnte Gesprächigkeit schien fortzudauern.
    »So kommen die Händler auch ins Land der Kariwa, ehrwürdige Zauberin?«, fragte Dare.

    Merege starrte ihn an, dann lachte sie plötzlich. »Ich werde eines Tages einmal eine Wächterin des Schwarzen Tores sein, aber ich bin sicher keine Zauberin, tapferer Krieger, und ehrwürdig musst du mich auch nicht nennen.«
    Dare lief rot an.
    »Wir müssen weiter«, drängte Tuge, der das kleine Wunder, dass Merege soeben laut gelacht hatte, offenbar nicht zu würdigen wusste. Aber natürlich hatte der Bogner Recht. Auch Awin hielt es nicht für ratsam, nach Anbruch der Nacht noch auf dem schmalen Weg zu sein, also gab er dem Sger den Befehl, wieder aufzusitzen.
    Mit dem Ende der langen Dämmerung erreichten sie die Hochebene. Vor ihnen öffnete sich eine überwältigende Landschaft. Zu ihrer Rechten ragten die letzten Gipfel des Vorgebirges in den Himmel, und die Strahlen der untergehenden Sonne ließen sie rötlich leuchten. Vor ihnen breitete sich die weite Hochebene aus, die von vereinzelten Bäumen und etlichen Steinfiguren bestanden war. Zu ihrer Linken schließlich zeichneten sich in einiger Entfernung die sanften Hügel der Wasserhöhen ab, und hinter ihnen versank das Staubland im Dämmerlicht.
    »Irgendetwas scheint mit der Sonne nicht zu stimmen, Yaman«, stellte der junge Mabak fest.
    Awin sah nach Nordwesten, wo die Sonne den Blicken schon entschwunden war. Er wusste, was Mabak meinte, denn die Dämmerung schien den Himmel an der falschen Stelle zu färben.
    »Dort brennt es«, meinte Limdin.
    »Viele große Feuer«, ergänzte Dare.
    »So brennen unsere Brüder dort die Dörfer der Akradhai nieder?«, fragte Mabak beeindruckt.
    Awin nickte.

    »Ich weiß nicht, was ich denken soll, Awin«, seufzte Wela. »Sie kämpfen gegen Feinde, die uns vor

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