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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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angelegt hatten. Das Korn war von unzähligen Hufen niedergetrampelt worden und hatte sich noch nicht wieder aufgerichtet. Viel würden die Akradhai dieses Jahr hier nicht ernten. Vorsichtig näherte er sich dem Holzwall, den Friedenszweig deutlich sichtbar in der Hand. Etwas flog sirrend heran. Awin hielt sein Pferd an. Ein Pfeil bohrte sich einige Längen vor ihm in den weichen Boden.

    »Ich komme in Frieden!«, rief er hinüber.
    Als Antwort kam ein weiterer Pfeil geflogen. Ein Stück rechts von Awin blieb er in der Erde stecken.
    »Verschwinde oder stirb, Hakul!«, rief eine raue Stimme.
    »Wir haben gemeinsame Feinde«, versuchte Awin es weiter. Sein Pferd tänzelte unruhig.
    Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Ein ganzer Schwarm Pfeile stieg über der Mauer auf. Awin gab seinem Pferd die Fersen und ließ es zur Seite ausbrechen. Er widerstand der Versuchung umzukehren, um schnell Abstand zu gewinnen, und das war sein Glück. Diese Bogenschützen der Akradhai verstanden ihr Handwerk, ihre Pfeile schlugen dort ein, wo Awin gewesen wäre, wenn er einfach umgedreht hätte. Als der zweite Schwarm herangeflogen kam, war er schon außer Reichweite, aber er hielt seinen Braunen erst an, als er wieder bei seinen Gefährten auf dem Hügel war.
    »Wie du siehst, Jeswin, vollbringe ich heute wohl doch keine Wunder«, keuchte er.
    »Der Tag ist ja noch nicht vorüber, Yaman«, erwiderte Jeswin grinsend. Im Gegensatz zu Awins Gefährten schien er sich keine Sorgen um den Boten gemacht zu haben.
    »Sie beleidigen die Götter, wenn sie auf einen Abgesandten schießen«, zürnte Tuge.
    »Sieh dir ihre Stadt an, Tuge«, erwiderte Awin, »da ist ihr Zorn nicht verwunderlich.«
    »Seht, ist das nicht Isparra?«, rief Dare plötzlich.
    Alle Blicke folgten seinem ausgestreckten Arm. Tatsächlich, am nördlichen Rand der weiten Brachfläche vor dem Wall war eine einsame, grau gekleidete Gestalt aufgetaucht - Isparra. Sie kam aus einem Waldstück hervor und näherte sich langsam der Stadt. Dann blieb sie stehen. Sie hatte die Hakul entdeckt.

    »Kommt sie hierher? Kommt sie hierher?«, fragte Jeswin aufgeregt. Unter seinen Kriegern machte sich Unruhe breit.
    »Bleibt ruhig, ihr Männer!«, rief Awin, »und haltet eure Zunge im Zaum. Sie kann euch hören.« Es half nicht viel, die ersten Pferde scheuten, weil sie sich von der Unruhe ihrer Reiter anstecken ließen. Awin war klar, dass es umso schlimmer werden würde, je näher Isparra kam. »Ich reite ihr entgegen. Willst du mich begleiten, Yaman?«
    »Nicht für alles auf der Welt! Sie ist deine Geliebte, nicht meine, also halte sie mir vom Leib.«
    »Ich begleite dich, Awin«, erklärte Merege plötzlich.
    Er sah sie kurz an. Ihre Miene war ausdruckslos. Er verstand nicht, warum die Kariwa dabei sein wollte, aber er war doch froh, nicht alleine reiten zu müssen. Aus dem Augenwinkel heraus sah er, dass Wela offenbar mit sich rang. Aber das war ihm zu gefährlich, denn Wela hegte wegen des qualvoll verendeten Pferdes immer noch Zorn gegen Isparra.
    »Dann komm, Merege«, rief er, bevor die Schmiedin sich entschließen konnte, ihn zu begleiten, und setzte sein Pferd in Bewegung. Die Kariwa folgte ihm.
    »Habt ihr nun ein Pferd für mich, Mensch?«, hauchte es im Wind, lange bevor sie Isparra erreicht hatten.
    »Kannst du uns den Weg bahnen, wie es dein Bruder tat?«, fragte Awin zurück.
    Eine ganze Weile blieb es still, und sie hatten die Unsterbliche fast erreicht, als sie ein leises »Nein« flüsterte.
    »Warum sollte ich dir dann ein Pferd geben, Isparra?«
    Ein wütendes Zischen durchschnitt die Luft. Awin spürte eine Gänsehaut. Sein Brauner sträubte sich plötzlich gegen die Zügel und ließ sich nur mit harter Hand dazu bewegen weiterzugehen.
    Aus der Nähe bot die Unsterbliche einen seltsamen Anblick.
Das graue Gewand war fast bis zur Schulter mit Schlamm besudelt, unter dem Mantel trug sie jedoch ein neues Untergewand, das deutlich besser aussah. Der Weg war wohl so schwierig gewesen, wie sie es von der Hochebene aus vermutet hatten. Sie war eine Windskrole, die einen viele Längen hohen Abhang hinabsprang, ohne einen Kratzer davonzutragen - aber Sümpfe, Morast und Bäche hielten sie auf? Awin verstand es nicht.
    »Du hast diesen Männern erzählt, ich sei deine Geliebte?«, fragte Isparra kalt.
    »Nein, das haben sie sich nur in den Kopf gesetzt, Ehrwürdige«, versicherte Awin.
    »Was versteht ihr Sterblichen von der Liebe der Götter?«, fragte die

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