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Der Sohn des Tuchhändlers

Der Sohn des Tuchhändlers

Titel: Der Sohn des Tuchhändlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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einen jungen Knallkopf aufhalsen, dessen Blödigkeit nur noch von seiner Arroganz übertroffen wird.«
    Samuel ben Lemel hörte auf, seine Fingernägel auf ein einheitliches Maß zurechtzubeißen, maß mich mit den Blicken von oben bis unten, dann zuckte er mit den Schultern. Er war gefeit gegen das Gift, das ein Wurm gegen ihn verspritzen mochte.
    »Du tust es nicht für ihn«, sagte Mojzesz Fiszel.
    »Hör auf, mir so zu kommen. Das ist ungerecht.«
    »Ich bin einer der seniores . Ich habe geschworen, die Gemeinde zu beschützen. Nichts, was ich zu ihrem Schutz tue, ist ungerecht.«
    Ich plusterte mich auf. »Ich bin der Hüter meiner Familie. Wenn ich zu ihrem Schutz ein Ansinnen ablehne, ist das ebenfalls nicht unredlich gehandelt.«
    »Du bist auch der Hüter deiner Freunde.«
    »Komm schon, lass die Moral aus dem Spiel.«
    »Zwei Männer, die so viel davon halten wie wir, können sie nicht aus dem Spiel lassen.«
    Ich warf die Hände in die Luft und schrie: »Aaaaaaah!«
    Mojzesz sah ausdruckslos auf mich herunter. »Ich pflichte dir bei«, sagte er.
    Veit Stoß blickte von einem zum anderen. »Und wer ist Herzog Georg?«, fragte er.

    Wir stapften durch die fallende Dämmerung zurück zum Haus des Goldschmieds. Mojzesz neben mir war ein schweigender Schatten. Kurz bevor wir den Eingang erreichten, hielt er mich zurück.
    »Du hast den Sachverhalt mit König Kasimir und Laurenz Weigel ganz richtig dargelegt«, sagte er.
    »Ich lebe auch hier und habe die Augen und Ohren offen.«
    »Es gibt aber noch einen Aspekt, den du nicht kennst.«
    »Abgesehen von genialen Holzköpfen, die es für ihr gutes Recht halten, dass jedes Mädchen ihnen zu Willen ist?«
    »Nimm drei Leute, und in der Regel ist mindestens ein Vollidiot dabei. So ist das Leben.«
    »Nur, wenn man nichts dagegen unternimmt. Samuel ben Lemel gehört dem Rat gemeldet und bestraft.«
    »Die Strafe für Vergewaltigung ist Sieden in heißem Öl.«
    »Ich weiß«, brummte ich und versuchte, mir meine Zweifel nicht anmerken zu lassen, ob die Strafe, einen Menschen langsam zu Tode zu sotten, nicht genauso schändlich war wie die Tat, für die sie verhängt wurde.
    »Du würdest Zofia damit nicht helfen, Peter.«
    »Das weiß ich auch.«
    »Du hast dich entschlossen, das Richtige zu tun. Es ist das Beste für Zofia, wenn die Sache vergessen wird. Dadurch hat sie wieder eine Zukunft.«
    »Zofia wird es nie vergessen. Und Samuel geht ohne Strafe aus.«
    »Du hast ihn nur auf seine allerschlechteste Art erlebt. Glaub mir, der Junge ist wirklich ein bildhauerisches Genie. Dass seine Eltern ihn aus Wit Stwosz’ Truppe herausnehmen und zu Josseles Vetter nach Prag schicken, ist eine Strafe. Er wird nicht mehr schnitzen können.«
    »Na und? Prag ist genauso groß wie Krakau. Er wird es sich dort gut gehen lassen.«
    »Peter, er wird das nicht mehr tun können, was ihm das Liebste ist. Wenn er Pech hat, sein Leben lang nicht mehr.«
    »Wenn er so ein Genie ist, wird er in Kürze den nächsten Meister beeindrucken.«
    Mojzesz lächelte dünn. »Josseles Vetter ist senior in Prag. Er ist für die Badehäuser, die Chirurgen und die Kloakenreinigung verantwortlich.«
    Ich starrte Mojzesz an.
    »Sobald die Sache hier geklärt ist, wird Samuel ben Lemel sich auf den Weg machen, garantiert im Glauben, in Prag genau das tun zu können, was du eben beschrieben hast. Stattdessen wird er sich in einer Truppe Goldgräber wieder finden und die Latrinen des Judenviertels in Ordnung halten.«
    »Du liebe Güte.«
    »Du glaubst doch nicht, dass irgendein Meister so einem auch nur zuhören wird, geschweige denn ihn einlädt, eine Kostprobe seines Genies zu geben.«
    »Er braucht doch nur …«
    »Was? Abhauen? Du weißt so gut wie ich, dass die Zunftordnungen rigoros sind. Was für eine Zukunft stünde ihm dann als Flüchtling bevor? Bettler? Gesetzloser? Er reinigt so lange Latrinen, bis Josseles Vetter ihn begnadigt.«
    »Und wann wird das sein?«
    »Wenn Zofia Weigel signalisiert, dass sie ihm verzeiht«, sagte Mojzesz gelassen.
    Ich senkte den Blick und trat gegen den Boden. »Es wird trotzdem nicht funktionieren. Weigel wird mir nicht mal zuhören.«
    »Wir müssen es wenigstens versuchen.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich muss jetzt Paolo nach Hause bringen.«
    »Überleg es dir bis morgen. Schlaf eine Nacht darüber.«
    »Mojzesz, du bist so stur wie ein Maultier.«
    »Wir Juden«, sagte Fiszel, »würden König Kasimir gern das Geld geben, das er benötigt.«
    »Er wird

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