Der Sommer der Lady Jane (German Edition)
zu verhöhnen, beständig in ihm widerzuhallen.
Na, mach schon.
Er sah sein Bild im Spiegel.
Los, tu es!
Er war hilflos. Nackt und entblößt.
TU ES ENDLICH !!!
»Nein!«, schrie er in die Leere des Zimmers und schlug seinen Stock mit aller Kraft auf den zerkratzten Beistelltisch. Die Blumenblüten nachgestalteten Kerzenhalter aus Porzellan klirrten gegeneinander. Er lachte, als er es sah.
Lachen. Zuerst auf dem Fest, jetzt wegen dieser Porzellanblumen. Er hatte die Fähigkeit zurückgewonnen, über seine Lage zu lachen. Das hatte er Jane zu verdanken. Und er wollte das niemals wieder aufs Spiel setzen.
Du findest das lustig? Dabei sitzt du ziemlich in der Klemme.
»Ich weiß«, sagte Byrne laut vor sich hin, »und ich habe nicht die geringste Ahnung, wie ich da je wieder herauskommen soll.«
Sein Blick fiel auf den kleinen Stapel Papier auf dem Schreibtisch. Die abgeschriebenen Seiten aus dem Buch des Friedensrichters, die er mittlerweile zweimal gelesen hatte. Aber …
Warum nicht genau da anfangen?
Das schien doch gar keine schlechte Idee zu sein. Und so setzte Byrne sich an den Tisch und fing aufs Neue an zu lesen, und suchte nach etwas, das ihm entgangen sein könnte.
Das ihn vielleicht retten könnte.
Es vergingen Stunden, bis sich Jane wieder die Möglichkeit bot, das Cottage zu verlassen, und es waren Stunden reinster Hölle. Mit Charles und Nevill war dabei noch am leichtesten zurechtzukommen, weil die beiden einfach nur ins Bett und schlafen wollten. Mr Hale und Mr Thorndike konnten es hingegen trotz der geduldig ertragenen Strapazen der letzten Tage kaum erwarten, ihre Arbeit mit Jason zu beginnen – was ja auch der Anlass für ihre Reise gewesen war. Nur dass Jason nicht die Absicht hatte, deren Erwartung zu erfüllen. Glücklicherweise war der Duke bereits aufgestanden und schien einen guten Vormittag zu haben; so gut, dass er sich mit den beiden Verwaltern bei einer Kanne Tee im Salon zusammensetzte und Jane es für notwendig hielt, mit Nancy darauf zu achten, dass er sich nicht überanstrengte.
Big Jim, der Hufschmied, war in seine Schmiede zurückgekehrt, und die beiden Farmer hatten sich ebenfalls rasch verabschiedet, da ihr Tagewerk auf sie wartete. Nur Sir Wilton war in der Stimmung, zu schimpfen und aufgeregt hin und her zu gehen. Und er hatte beschlossen, dass es dafür keinen besseren Platz geben konnte als die Bibliothek im Cottage – um dort eine Schneise in den vormals makellosen Teppich ihrer Mutter zu laufen. Jason, Mr Cutler und Dr. Berridge waren vor Ort, um ihn zu beruhigen. Dennoch vernahm Jane von Zeit zu Zeit einen Kraftausdruck, der bis in die Halle zu hören war.
»Du meine Güte, was ist hier eigentlich los?«, fragte der Duke, nachdem ihm ein besonders farbenfrohes Wort kristallklar aus der Bibliothek ans Ohr gedrungen war.
Jane warf den Verwaltern einen Blick zu. Sowohl Mr Hale, Herr der Verwaltung von Castle Crow, als auch Mr Thorndike, zuständig für das Anwesen in London, waren über den gesundheitlichen Verfall des Dukes unterrichtet und hüteten klugerweise ihre Zunge, während Jane ihm eine Lüge auftischte. »Dr. Berridge hält sich in der Bibliothek auf, Vater«, sagte sie, und zumindest dieser Teil entsprach der Wahrheit. »Ich glaube, er ist damit beschäftigt, einem der Lakaien einen Zahn zu ziehen.«
Die Mittagszeit war bereits vorbei, als Dr. Berridge mit einem wesentlich ruhigeren Sir Wilton und Mr Cutler im Schlepptau das Haus verließ. Dann erst wurde das Mittagessen serviert, der Duke zu seinem Nachmittagsschläfchen nach oben gebracht, und die Verwalter sahen sich endlich in der Lage, sich mit einem nervösen, aber entschlossenen Jason und einem halben Dutzend Kontobücher und mehreren Stapeln Korrespondenz in die Bibliothek zurückzuziehen.
Es war still im Haus. Alle Mitglieder des Haushalts gingen ihrer Beschäftigung nach.
Falls Jane jetzt nicht verschwand, würde sie ganz bestimmt mit Anfragen aus der Küche überhäuft werden, die ihre neuen Gäste betrafen, oder es würde irgendwelche Probleme mit der Wäsche geben oder, sie unterdrückte einen Schauder, es würden noch weitere Besucher kommen.
Es dauerte keine drei Sekunden, bis sie das Haus verlassen und sich auf den Weg zu Byrne gemacht hatte.
Während sie dem Pfad durch den Wald folgte, wandelte sich ihre Erleichterung zu Verärgerung. Wie hatte er sich am Morgen nur so ungeschickt verhalten können? Gelinde gesagt hatte er seinen Ruf als Eigenbrötler erneut bestätigt, und,
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