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Der Sommer der Toten

Der Sommer der Toten

Titel: Der Sommer der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael T. Hinkemeyer
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mehr als je zuvor.
    »Dolph Pelser war da und ist schon wieder fort«, erklärte er.
    »Ich sah den Leichenwagen im Hof«, warf Judy ein. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie leid es mir tut.«
    Papa und Reverend Mauslocher wurden am Fußende sichtbar. Papa bekümmert, der Geistliche sehr ernst.
    Katie erinnerte sich jetzt. »Ich sah … ich sah …«, hörte sie sich jammern.
    »Ich weiß, ich weiß«, beruhigte der Arzt sie und kniete neben dem Bett nieder. »Ich konnte Dolph nicht gleich finden, und du mußt auch die Zeit übersehen haben. Offenbar hast du deine Mutter nicht rechtzeitig hingelegt. Die Totenstarre war bereits eingetreten, als sie noch saß, und als du sie hinlegtest, richteten die erstarrenden Muskeln den Körper wieder auf.«
    »Wir sind gewissen physikalischen Gesetzen unterworfen, tot oder lebendig«, setzte Mauslocher hinzu. »Der Glaube vermag sie hin und wieder zu überwinden, aber …«
    »Geht es dir jetzt besser?« fragte Papa.
    »Ich denke schon.« Sie setzte sich vorsichtig auf.
    »Vielleicht sollte ich dir ein Beruhigungsmittel geben«, überlegte Doc Bates laut und kramte eilfertig in seiner schwarzen Tasche.
    »Nein, nein, ich möchte keines!«
    »Du siehst angegriffen aus, wenn du mich fragst.«
    »Schon gut. Ich brauche nichts.«
    Sie stand unsicher auf und mußte sich auf Judy Boomer stützen, bis der Raum aufgehört hatte, sich zu drehen.
    »Ich fahre nach St. Cloud«, sagte Judy. »Die Kinder warten draußen im Wagen. Wir haben die Nase voll von dieser Sommerfrische. Möchtest du mitkommen?«
    Katies Verstand war noch mitgenommen, aber der Vorschlag erschien ihr vernünftig.
    »Ja, gern«, sagte sie.
    »Ich weiß nicht, ob das ratsam ist …«, begann Doc Bates unsicher.
    »Nicht doch, Katie«, sagte Papa bittend. Er legte den Arm um sie. »Ich kann deine Gefühle ja verstehen, aber bitte … laß mich jetzt nicht allein.«
    Judy war nun verlegen. »Ich dachte nur …«
    »Ja sicher«, sagte Mauslocher in seinem sanftesten Ton. »Ein sehr christlicher und gutgemeinter Vorschlag.«
    »Jetzt bin ich allein«, sagte Papa. »Und du wirst fortgehen, wenn David zurückkommt. Bleib jetzt wenigstens noch.«
    Er wechselte mit dem Geistlichen einen sonderbaren Blick. Der Priester nickte.
    »Na dann … also gut«, sagte Katie.
    Dabei dachte sie sich: Was kann mir schon passieren?
    »Kann ich noch etwas für dich tun?« fragte Judy.
    Die drei Männer verneinten im Chor.
    Sie begleiteten Judy hinaus.
    »Katie, ruf mich an, wenn du etwas brauchst …«, ermahnte Judy sie noch laut, daß sie es im Haus hören konnte, während sie das Baby im Sitz festmachte. »Ruf mich an. Zu jeder Tages- oder Nachtzeit. Krause. Papa steht im Telefonbuch.«
    Sie setzte sich ans Steuer. Man sah ihr an, daß sie unschlüssig war. Sie wußte nicht, ob sie ihre Freundin hier allein lassen konnte.
    »Und ich werde das Telefon anschließen lassen«, versprach Papa. »Gleich jetzt, heute nachmittag.«
    Judy schien erleichtert.
    »Sollte ich etwas brauchen, werde ich anrufen«, rief Katie vom Fenster aus.
    »Verständigt mich, wann die Beerdigung stattfindet.«
    »Sicher«, versprach Mauslocher. »Lebwohl.«
    »Lebwohl«, wiederholte Bates mit einem Unterton von Endgültigkeit.
    Papa nickte. Und Judy fuhr los.

 
VII
     
     
    Katie ging in den Waschraum. Sie kämmte vor dem Spiegel ihr wirres Haar und kühlte Hände und Gesicht mit Wasser. Dann ging sie hinauf in ihr Zimmer und holte ihre Handtasche. Sie lief wieder hinunter und wollte durch die Küche hinaus auf die Veranda.
    Die drei Männer saßen um den Tisch.
    »… jetzt klappt es sicher«, hörte sie Mauslocher zu Papa leise sagen. »Wir haben die Leute, die wir brauchen, alles ist vorbereitet …«
    Sie hielt inne. Ihre Trauer drohte sie zu überwältigen. Die Verwirrung war größer als zuvor. Aber zumindest ihr Kopf war wieder klar. Und sie spürte, wie eine gesunde Portion Zorn sich in ihr aufstaute.
    »Was soll hier klappen oder nicht klappen?« hörte sie sich fragen.
    Die drei Männer sahen einander an.
    »Wohin willst du, Katie?« fragte Papa und wich ihrer Frage aus.
    »Zum Laden. Ich muß David anrufen. Ich muß ihm doch sagen, was passiert ist.«
    »Leider wird das nicht möglich sein«, sagte Bates ganz sachlich. Er erhob sich langsam. Die schwarze Tasche stand auf dem Tisch.
    »Nein? Warum nicht?«
    »Ich war doch eben in St. Alazara, weil ich Dolph suchte und …«
    Auch Reverend Mauslocher war aufgestanden. Er ging auf die Tür zu. Papa schien

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