Der Sonntagsmann
mich herumgetrieben. Dann fiel mir Ylva wieder ein. Wir hatten was miteinander gehabt, damals in Indien, bevor …«
Er verstummte. Elina ließ ihn selbst entscheiden, ob er erklären wollte, vor welchem Vorfall das gewesen war, aber er fuhr mit seinem Bericht in Schweden fort.
»Ich habe sie ausfindig gemacht. Wir waren wieder zusammen und rauchten Hasch, das ich besorgte, und hatten unseren Spaß. Sie kaufte auch Dope von mir, ich konnte ihr nicht alles schenken, das konnte ich mir nicht leisten. Dann wurde sie schwanger, ich dachte, es wäre mein Kind, aber sie stritt das ab. Sie sei sich einfach sicher, sagte sie. Ich wurde rasend, schließlich war sie meine Freundin. Davon könnte nicht die Rede sein, erwiderte sie. Ich gehöre niemandem. Es war mir unbegreiflich, wie sie so etwas sagen konnte. Dann kam ich in den Knast, wegen der Einbrüche und wegen des Dealens.«
Elina unterbrach ihn: »Sie saßen also in Schweden im Gefängnis?«
»Ich habe ein Jahr bekommen. Sie haben mich nach acht Monaten wieder laufen lassen. Ich habe Ylva geschrieben, aber sie hat mir nie geantwortet. Das machte mich wütend. Bevor ich rauskam, rief ich sie an. Sagte, dass ich kommen würde. Sie gehöre mir. Aber als ich rauskam, war sie weg. Zum Teufel mit ihr, dachte ich, das tat ich wirklich. Ich fahre einfach nach Hause! Ich trampte, ich hatte kein Geld. Aber dann erinnerte ich mich daran, dass sie mir von ihrer Großmutter und dem Haus in Lappland erzählt hatte. Ich begab mich also dorthin und traf sie dort.«
Er trank einen Schluck Wasser. Seine Hand zitterte nicht. Elina überlegte, wie er sich wohl fühlte.
»Es gab Streit. Ich wollte wissen, wer der Vater des Kindes war. Zum Schluss sagte sie es. Dieser Lehrer. Wo ist der Beweis, sagte ich. Beweise es mir! Da sagte sie, dass er für das Kind bezahlte und zeigte mir einen Brief mit Geld, den sie von ihm erhalten hatte. Wenn es nicht sein Kind wäre, weshalb sollte er dann bezahlen? So sagte sie.«
Einen Augenblick lang versagte ihm die Stimme. Also hat er doch Gefühle, dachte Elina. »›Ein letztes Mal‹, sagte ich. Dann trieb ich es mit ihr. Und dann …«
Elina nickte ihm aufmunternd zu. Sprich weiter, hör jetzt nicht auf!
»Dann habe ich sie erwürgt und sie vergraben, damit niemand sie finden würde.«
Er trank noch einen Schluck Wasser. Der Raum, in dem sie saßen, unterschied sich nicht von den anderen Büros. Der einzige Unterschied war das Tonband auf dem Tisch.
Das Band drehte sich fast lautlos. Didriksens Stuhl knarrte, als er sich anders hinsetzte. Der Anwalt starrte auf die Tischplatte. Elina und Leif Oskar Bjerre sahen sich an. Ylvas Gegenwart war im Zimmer zu spüren.
»Anschließend fiel mir das mit dem Geld ein. Ich schrieb diesem Mann, der der Vater war, wegen dem Postfach. Aber das ging nicht lange. Er hörte auf, Geld zu schicken. Ich wurde nervös, vielleicht war er misstrauisch geworden oder … Ich rief bei einer Zeitung auf dem Festland an und stellte ein paar Fragen. Ich tat so, als sei ich von einer norwegischen Zeitung. Ein Journalist sagte mir, dass eine Leiche gefunden worden war.«
Elina zögerte. Es widerstrebte ihr. »Und Carolina? Das Kind?«
Leif Oskar Bjerre erhob sich. Didriksen setzte sich gerader hin, gebot ihm jedoch nicht Einhalt. Bjerre trat ans Fenster und sah hinaus.
»Ihretwegen lege ich dieses Geständnis ab«, sagte Bjerre.
»Nur ihretwegen.«
»Wie meinen Sie das?«, fragte Elina.
»Sie war hier.«
Elina starrte ihn an. »Hier?«
»Bevor Sie mich festgenommen haben.«
»Jetzt?«
»Ja, vor einer Woche.«
»Ist Carolina noch am Leben?«
»Ja, sie lebt noch. Ich konnte sie nicht auch noch umbringen. Vielleicht hat Ylva gelogen, obwohl ich das nicht glaube. Aber da, in diesem Moment, dachte ich, dass sie auch mein Kind sein könnte.«
Elina sah Didriksen an. Sein Blick war auf Bjerre gerichtet.
»Was haben sie mit ihr gemacht?«, fragte Elina.
»Ich habe sie bei meinen Pflegeeltern abgegeben. Sie haben sie adoptiert. Sie heißt Kari Solbakken. Sie und Berit sind von hier weggezogen, als sie noch klein war. Aber jetzt ist sie zurückgekommen und hat nach mir gesucht. Sie wollte wissen, wer ihre richtigen Eltern sind.«
»Und wo ist sie jetzt?«
»Jetzt, in diesem Moment? Ich weiß nicht, ich weiß es nicht.«
Elina schüttelte den Kopf. »Sie sagen also, dass …? Sie meinen …? Dass Carolina zurückgekommen ist, als wir Sie festnehmen wollten? Und deswegen gestehen Sie, und zwar nur ihretwegen? So
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