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Der Spiegel von Feuer und Eis

Der Spiegel von Feuer und Eis

Titel: Der Spiegel von Feuer und Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morrin Alex
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öffnete die Tür ein Stück weiter, um Ernan Siren Eochaid eintreten zu lassen. Der Krieger stockte mitten im Schritt, als er den Besucher des Prinzen gewahrte. Dann verneigte er sich ehrerbietig vor den beiden Männern. Lautlos schloss Sion die Tür wieder. Kaylen hatte sich hinter seinem Schreibtisch erhoben. Nun winkte er dem sichtlich erschöpften Hauptmann seiner Leibgarde, näherzutreten und sich zu setzen.
    »Was ist geschehen, Ernan. Wo ist Cassim?« Ihm entging der schnelle Blick nicht, den der Krieger seinem Gast zuwarf. Betont gelassen ließ er sich wieder in seinem Sessel nieder. »Du kannst offen sprechen. General Haranas kennt deine Befehle.«
    Ernans Augen weiteten sich ungläubig. Kaylen konnte ihn verstehen. Er hatte ähnlich reagiert, als Sion ihm am vergangenen Abend seinen ungewöhnlichen Besucher angekündigt hatte. Vermutlich gab es niemanden, der nicht schon einmal von Haranas Drys Alekos gehört hatte, dem hochgeachteten und zugleich gefürchteten Herrn über das Heer des Lords des Feuers.
    »General, ich bin geehrt.« Der Hauptmann seiner Garde verneigte sich erneut vor dem hünenhaften Krieger.
    Haranas Mund verzog sich zu etwas, was ein Lächeln war. Der massige Stierschädel senkte sich leicht. Im Licht der Feuerbecken schimmerten die goldenen Ringe, die seine mächtigen Hörner schmückten.
    »Die Ehre ist auf meiner Seite, Hauptmann. – Doch nun sprecht: Wo ist die Erwählte? Was ist geschehen?«
    Ernan blickte zuerst den General an, dann Kaylen. Schließlich schüttelte er den Kopf. »Ich habe sie verloren, Hoheit.«
    Angespannt beugte Jarlaiths Prinz sich vor. »Berichte!«
    »Wie vereinbart hat Kapitän Bailen die Fahrt der Adanahn
verzögert, soweit es ihm möglich war. Doch dann ließ er sie absichtlich auf eine Sandbank auflaufen. Als er hörte, wie viel Zeit die Reparaturen in Anspruch nehmen würden, bestand dieser Morgwen darauf, das Schiff sofort zu verlassen. – Er muss Verdacht geschöpft haben, Hoheit. – Ich konnte ihn bis zum nächsten Morgen hinhalten, aber danach … Ich hatte keine andere Wahl, sonst wären sie ohne mich und meine Männer aufgebrochen. – Wir hatten das Schiff gerade erst ein paar Stunden hinter uns gelassen, als ein fürchterlicher Eissturm aufzog. In ihm haben wir sie dann verloren.« Mit beiden Händen fuhr er sich durchs Haar. »Außer mir haben nur drei Männer überlebt. Wir haben versucht, ihre Spuren zu finden, aber der Schnee hatte alles zugedeckt. Unsere Suche war erfolglos. – Ich habe versagt.«
    Einen Augenblick herrschte Schweigen, füllte den Raum. Dann beugte General Haranas sich vor. Sein dunkler Lederharnisch knarzte leise bei der Bewegung. Eine Flut schwarzen Haares ergoss sich über die breiten Schultern. »Von dem Moment an, in dem er Verdacht geschöpft hatte, wart Ihr zum Scheitern verurteilt, Hauptmann.« Er sah zu Jarlaiths Prinzen hin. »Zumindest habt Ihr seine Ankunft beim Weißen Avaën verzögert. Inzwischen erwartet mein Lord ihn und die Erwählte dort. Es sollte ihm schwerfallen, unbemerkt durch die Linien meiner Krieger zu schlüpfen.«
    »Ihr kennt diesen Morgwen, General?« Überrascht blickte Ernan den massigen Minotauren an.
    Unter dem dunklen rostbraunen Fell spannten sich die Muskeln der breiten Schultern. Die Nüstern blähten sich in einem scharfen Schnauben. In den braunen Augen war plötzlich ein gefährliches Glitzern. »Ich kenne ihn nicht persönlich, Hauptmann Ernan. Aber ich weiß, wozu er fähig ist.« Die Hände des Generals schlossen sich um die Armlehnen seines Sessels. »Mein ältester Sohn Akis war eines seiner Opfer. – Er ließ mir seine abgebrochenen Hörner schicken und ausrichten, er habe
schon nach einem halben Tag um seinen Tod gebettelt. Und dass er die Reste seines Kadavers seinen Firnwölfen überlassen hätte.«
    »Seinen … Firnwölfen?« Das Entsetzen war in Ernans Ton nicht zu überhören. »Heißt das, er ist …« Er verstummte, schluckte hart, blickte zu Kaylen. Jarlaiths Prinz nickte bitter.

    Erschöpft setzte Míren sich auf die Fersen zurück und fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn, ohne den Blick von dem reglosen Körper zwischen den Mänteln zu nehmen. Der letzte Anfall war jetzt über eine halbe Stunde her und er war kaum mehr als ein schwaches Zittern gewesen. Verglichen mit den Krämpfen, die Morgwen in den letzten beiden Tagen immer wieder geschüttelt hatten, war es ein deutliches Zeichen dafür, dass das Schlimmste überstanden war. Behutsam strich sie

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