Der Spion und die Lady
des von ihm konsumierten Ales zusätzlich erschwert. Nur mit größter Mühe gelang es ihm, die Stufen ohne Zwischenfall zu bewältigen. Er klopfte an die Tür, um Maxi auf sein Kommen vorzubereiten. Dann trat er ein.
Sie saß mit verschränkten Beinen vor dem Kamin und kämmte sich die Haare, die ihr dicht und pechschwarz bis auf die Hüften fielen. »Wie war die zweite Vorstellung?« fragte sie lächelnd.
Verblüfft blieb er stehen. Sie war ihm vom ersten Moment an hübsch und attraktiv erschienen, doch noch nie so faszinierend weiblich. Die flackernden Flammen im Kamin tauchten ihre Figur in ein warmes Licht und ließen den dünnen Stoff ihres Hemdes fast durchscheinend wirken.
Er hatte zwar gewußt, daß ihre
Knabenverkleidung eine schlanke feminine Gestalt verbarg, aber die Wirklichkeit übertraf alle seine Vorstellungen. Sie war perfekt proportioniert, mit vollen Hüften, einer schmalen Taille und Brüsten, die hervorragend in seine Handflächen passen würden. Die Kehle wurde ihm trocken, und seine Selbstbeherrschung geriet bedenklich ins Wanken, als er die dunklen Kreise ihrer Brustwarzen unter dem dünnen Hemd sah.
Es war schwer, nicht in den Ausschnitt zu starren, wo die silberne Kette auf ihrer samtglatten Haut funkelte. Noch schwer war es, nicht den Raum zu durchqueren, sie in die Arme zu ziehen und herauszufinden, ob er in ihr nicht doch so etwas wie Leidenschaft wecken konnte.
Nur mit Mühe erinnerte er sich daran, daß sie eine Frage gestellt hatte. »Die Vorstellung lief gut.
Bedauerlicherweise wollte mich danach jedermann unbedingt zu einem Krug Bier einladen, und um einige kam ich nicht herum.«
Ihr Lächeln wich wachsamer Besorgnis. »Sind Sie etwa jenseits von Gut und Böse?«
Er schien gründlich nachzudenken. »Nur jenseits von Böse. Mit ein bißchen Glück werde ich keinen Kater bekommen, aber heute nacht werde ich vermutlich schlafen wie ein Bär und auch nur sehr mürrisch aufwachen.
Ihnen kommt die Aufgabe zu, mir kaltes Wasser ins Gesicht zu schütten, wenn ich mich nicht rechtzeitig rühre.«
»Dagegen habe ich absolut nichts einzuwenden«, lächelte Maxi. »Wir werden wohl um sechs Uhr aus den Federn müssen, um gegen sieben aufbrechen zu können.«
»Ich fürchte es.« Er trat hinter den Paravent und goß das heiße Wasser in die Zinkwanne. Bei dem Gasthaus handelte es sich nicht um eine der fortschrittlicheren Herbergen, in denen benutztes Badewasser fortgeschüttet wurde. Es reichte für die Gäste des Drover lnn durchaus, wenn es neu erwärmt wurde.
Er zog seinen braunen Rock aus und legte ihn über den Paravent. »Machen Sie sich auf einen langen Tag gefaßt. Treiber kommen nur langsam voran, aber sie sind täglich an die zwölf Stunden unterwegs.«
Behende sprang Maxi auf die Beine und fing an, sich die schwarzen Haare zu Zöpfen zu flechten.
»Dann sollte ich jetzt besser zu Bett gehen.«
Sie wirkte ein wenig verlegen. Und da er den Grund erriet, meinte er beiläufig: »Seltsames Gefühl, sich plötzlich ein Schlafzimmer zu teilen.«
»Stimmt. In den vergangenen Nächten haben wir im Freien ganz friedlich nebeneinander gelegen, aber irgendwie wirkt es unter einem Dach anders.« Sie biß sich auf die Lippe. »Irgendwie unschicklich…«
Hätte sie ihn auch nur im geringsten ermutigt, wären alle seine ehrwürdigen Bedenken beim Teufel gewesen. Aber offenbar bebte sie nicht gerade vor Verlangen nach ihm. Er knöpfte, sich das Hemd auf und warf es gleichfalls über den Wandschirm. »Ich werde auf dem Boden schlafen.«
Sie sah kurz auf seine nackten Schultern oberhalb des Wandschirms und blickte dann schnell wieder fort. »Unsinn. Wir verdanken dieses Zimmer Ihren Zauberkünsten, und es wäre recht schäbig von mir, wenn ich Sie aus Zimperlichkeit zum Schlafen auf dem harten Boden zwinge. Bisher haben Sie sich mir gegenüber anständig verhalten, und ich vertraue darauf, daß Sie das auch weiterhin tun.
Abgesehen davon«, fügte sie praktisch hinzu, »ist es ein sehr breites Bett.«
Ihr Vertrauen wäre sehr viel geringer gewesen, hätte sie seine Gedanken gekannt. Es war eine höchst zweischneidige Sache, daß Frauen ihm vertrauten, denn dieses Vertrauen band stärker als Fesseln aus Eisen. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie zimperlich sind.«
Sie schlüpfte unter die Bettdecke und schloß die Augen. »Ich glaube, Zimperlichkeit ist etwas für Frauen, die Geld und Zeit haben. Eine Frau, die ihren eigenen Weg durchs Leben finden muß, kann sich so etwas
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