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Der Spion und die Lady

Der Spion und die Lady

Titel: Der Spion und die Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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Landstraße zu, um das Schlimmste zu verhindern.« Seine Augen schlossen sich. »Ich kam zu spät.«
    Maxie empfand seinen Schmerz nach, mußte ihn aber dazu zwingen, zu erzählen. »Was war geschehen?«
    »Willi hatte sich offenbar entschlossen, sie von dem Bauernhof fortzulocken. Ich wurde Augenzeuge, wie er absichtlich die Aufmerksamkeit eines Trupps französischer Kavallerie auf sich lenkte. Er saß auf meinem Pferd, trug eine Jacke in der Farbe meines Rocks, und seine blonden Haare waren weithin sichtbar.
    Sobald sie ihn sahen, nahmen sie die Verfolgung auf. Mein Pferd war sehr gut, und vielleicht hätte er ihnen entkommen können, wenn nicht plötzlich ein weiterer Trupp Soldaten aus der anderen Richtung gekommen wäre. Als er erkannte, daß er in der Falle saß, sprengte er in den Wald, hatte aber nicht genug Vorsprung. Sie ließen ihm keine Chance, sich zu ergeben, sondern schossen sofort auf ihn. Er wurde von mindestens einem Dutzend Musketenkugeln getroffen.«
    Erschauernd barg Robin seinen Kopf an Maxies Schulter. Sie stellte keine weiteren Fragen, sondern liebkoste ihn und flüsterte ihm in ihrer Muttersprache all die Dinge zu, die sie auf Englisch nicht sagen konnte.
    Irgendwann holte Robin zitternd und unsicher Luft. »Willis Eltern haben mir gegenüber nie ein Wort des Vorwurfs geäußert. Vermutlich war das für mich am schwersten zu ertragen. Wenn ich nicht auf dem Bauernhof Zuflucht gesucht hätte, wäre Willi nicht gestorben.«
    »Das kann nur Gott wissen, Robin. Vielleicht war Willis Zeit auch abgelaufen, und er wäre auf der Treppe ausgerutscht und hätte sich das Genick gebrochen, auch wenn du nicht gekommen wärst.
    Vielleicht wäre er wenig später zu den Soldaten gegangen und im Kampf gegen die Franzosen gefallen. Verständlicherweise empfindest du Schmerz und Bedauern, aber es führt zu nichts, wenn du dir diese bitteren Vorwürfe machst.« Sie strich ihm über die Stirn und wünschte sich, seine inneren Qualen lindern zu können.
    »Ich habe mich stets bemüht, das Richtige zu tun«, sagte er trostlos. »Aber allzuoft wußte ich nicht, was das Richtige war.«
    Maxie seufzte. »Ich glaube, die meisten von uns versuchen, ihr Bestes zu geben. Mehr können wir nicht tun.«
    »Mein Bestes war nicht gut genug.«

    Sein unveränderter Schmerz bewies, daß auch Maxie nicht gut genug gewesen war. Sie erinnerte sich an ihre eigene Vergangenheit. »Nach dem Tod meiner Mutter nahm ich an einer Trauerfeier ihres Stammes teil. Das hat mir sehr geholfen.«
    In der Hoffnung, sich gut genug an die Zeremonie zu erinnern, um Robin helfen zu können, legte sie ihre Hände auf seine Ohren und zitierte: »Wenn ein Mensch trauert, kann er nicht hören. Erkenn das und beseitige die Hemmnisse, damit du wieder hören kannst.«
    Dann legte sie ihre Hände über seine Augen. »In deiner Trauer hast du die Sonne verloren und bist in Dunkelheit gefallen. Ich gebe dir jetzt das Sonnenlicht wieder.«
    Als sie ihre Hände fortnahm, sah sie, daß er sie ernst betrachtete. Sie kreuzte die Hände über seiner Brust und fuhr fort: »Du hast deiner Seele gestattet, sich ihrem großen Schmerz hinzugeben, aber du mußt diese Trauer überwinden, oder auch du wirst vergehen und sterben.« Sie spürte, wie sich sein Oberkörper unter ihren Handflächen hob und senkte.
    »In deiner Trauer ist dein Bett unbequem geworden, und du kannst nachts nicht schlafen.
    Laß mich diese Unbehaglichkeit von deinem Ruhelager nehmen.« Sie fuhr ihm mit den Händen über die Schultern, dann die Arme hinunter. »Willi hat seine Ruhe gefunden, Robin. Warum gelingt es dir nicht auch?«
    Er schloß die Augen und zog sie fest an sich. Sein Herz klopfte so heftig, als wollte es seine Rippen sprengen, doch nach und nach fand es zu einem normaleren Rhythmus. Maxie hielt ihn ganz fest und spürte, daß etwas in ihm aufzubrechen schien. Noch war es nicht die Heilung, aber zumindest ein Anfang.
    Er strich ihr über die Haare und ließ seine Hand in ihrem Nacken ruhen. »Auf welche Weise bist du so klug geworden, Kanawiosta?«
    »Auf die übliche«, erwiderte sie. »Durch Fehler.«
    Sie legte den Kopf an seine Schulter und fühlte sich so erschöpft, daß sie sich kaum wachhalten konnte.
    »Aus welchen Gründen auch immer – du bist weise.« Seine Hand fuhr sanft über ihren Rücken und kam auf ihrer Hüfte zur Ruhe. »Zu weise, um eine Heirat mit mir in Betracht zu ziehen.«
    Seine Feststellung wirkte auf ihre Erschöpfung wie eiskaltes Wasser. Hellwach

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