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Der Spitzenkandidat - Roman

Der Spitzenkandidat - Roman

Titel: Der Spitzenkandidat - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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und nur den Auftragsmörder selbst zu hängen.“
    „Wenn es ein Auftragsmord war, werden wir eine Lösung finden, das verspreche ich dir. Aber wir sind noch nicht so weit. Was die Journalisten angeht, denen soll Wagner mit einer Klage wegen übler Nachrede drohen.“
    „Die Journalisten übernehmen wir, Fritz. Kümmere du dich um dein lahmarschiges LKA und diese transusige Hauser. Die soll tüchtig sein? Da muss ich aber lachen.“
    „Bis Mitte der Woche gebe ich ihr noch. Dann wird sie abgelöst, ist mit Ritter schon besprochen“, versprach der Minister.

48
    Das Telefon klingelte ununterbrochen, doch nie brachte es eine hoffnungsvolle Neuigkeit. Ein Kollege nach dem anderen erschien, um Zwischenberichte abzugeben oder sich Frust von der Seele zu reden. Der erste Anruf war morgens von Petra Schramm gekommen, Magen-Darm-Virus. Jetzt also auch sie. Großartig, Verena würde sich jetzt auch noch um den Kleinkram kümmern müssen.
    Es gab noch einen zweiten Totalausfall: Stollmanns Freundin hatte am Wochenende mit ihm Schluss gemacht und den Kommissar gegen einen Jüngeren ausgetauscht. Zwar war er zur Arbeit erschienen, aber seine Stimmung wechselte im Minutentakt zwischen hektischer, wenn auch uneffektiver Betriebsamkeit und Trauer über den Verlust. Selbst der Sieg von Hannover 96 konnte ihn, den begeisterten Fußballfan, nicht aufmuntern. Zwischendurch wurde er zornig und erging sich in philosophisch-melancholischen Betrachtungen über Männer und Frauen und die Unmöglichkeit, miteinander befreundet zu sein. Eine Stunde war das recht amüsant, weil unfreiwillig komisch. Dann wurde Stollmann anstrengend. Mal hieß es „Jetzt erst recht!“, um sich fünf Minuten später über das restliche Leben ohne Frauen und Sex zu verbreiten.
    Am liebsten hätte Verena ihn nach Hause geschickt, doch wäre ihm dort die Decke auf den Kopf gefallen. Sie telefonierte Hübner und Sonja Schreiber hinterher. Mittags erreichte sie Hübners Frau, die ihr berichtete, dass ihr Mann zu einer Katheteruntersuchung gegangen sei und erst abends zurückkommen werde. Sie war nicht begeistert von der Vorstellung, dass ein Schäferhund morgen früh vorbeikommen würde, um den Geruch ihres Mannes zu erschnüffeln.
    Sonja Schreiber war weiterhin nicht erreichbar. Zwar hatte sie ihren Führerschein bereits vor Wochen abgeben müssen, aber das würde sie nicht daran hindern, abzutauchen. Verena setzte auf die Antriebslosigkeit der Alkoholikerin, verschob den Anruf auf später.
    Den jammernden Stollmann ertrug sie bis 17 Uhr und lud ihn dann zum Abendessen ein. Sie wollte ihn in seinem erbärmlichen Zustand nicht allein lassen. Als sie damals von Franz abserviert worden war, hatte Stollmann ihr auch beigestanden. Er hatte sie zu sich nach Hause eingeladen und angeboten, Franz zu verprügeln. Freundschaft vor Pflichtbewusstsein – Verena Hauser verließ eine Abteilung, in der fast alle Schreibtische noch besetzt waren.
    Bis zehn Uhr hatte Hübner alle Zeitschriften im Wartebereich gelesen. In jeder standen Lobeshymnen auf Uwe Stein, sogar in Magazinen, die sonst wenig bis gar nichts über Politik berichteten. Über Tote nur Gutes – die Texte lasen sich, als würde Steins Heiligsprechung unmittelbar bevorstehen. Die Spekulationen über den Täter bewegten sich in den bekannten Bahnen: Stalkerin, kriminelle Jugendliche, Besoffskis oder ein politischer Hintergrund, auch wenn sich die zuständigen Politiker in Schweigen hüllten.
    Endlich gab sich der Chefarzt der Kardiologie die Ehre. Der Mann wirkte gestresst, die Untersuchung war schmerzhaft. Es gab Probleme mit der Einführung des Katheters. Der Mediziner schüttelte den Kopf, sprach von schlechten Gefäßen und verschlossenen Zuführungen, die die Durchblutung des Herzkammersystems beeinträchtigten. Er hörte sich vorwurfsvoll an, als würde Hübner die Schuld daran tragen. Fazit: Hübner benötigte zwei, besser drei Bypässe, umgehend. Am besten sollte er gleich hierbleiben. Sie einigten sich auf den kommenden Donnerstag als Operationstermin, der Professor würde den Eingriff selbst vornehmen.
    Eine Bypassoperation war keine Kleinigkeit, sie konnte zum Tode führen. Dennoch war Hübner auf der Heimfahrt ruhig und gelassen. Es berührte ihn nicht wirklich, dass er in Gefahr schwebte. Er entdeckte eine merkwürdige Distanz zu sich und seinem Leben. Was würde schon passieren, wenn er nicht mehr aufwachte? Seine Frau wäre traurig, natürlich, aber nur kurz. Nach 30 Jahren Ehe hatte man sich

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