Der Stein der Könige 3 - Die Pforten der Dunkelheit
achselzuckend. »Man erwartet von mir, dass ich mich bei den Göttern bedanke, wann immer sie sich einmischen, um meinen dummen Hals zu retten. Und das mache ich nicht. Ich will nicht, dass sie sich einmischen. Ich bin mein eigener Herr, auch was mein Schicksal anbetrifft, und ich gebe zwar zu, dass ich die ganze Sache ziemlich verfahren habe, aber es ist meine eigene Verfahrenheit; ich bin derjenige, welcher damit zurechtkommen muss. Es ist nicht das Durcheinander anderer Leute, wenn Ihr versteht, was ich meine. Und dann gibt es noch etwas anderes«, erklärte er todernst. »Wenn mich ein Schurke in einer dunklen Gasse angreift, möchte ich nicht plötzlich von Kopf bis Fuß in eine elegante Rüstung gehüllt sein und aussehen wie der Lord der versilberten Teekannen. Ich möchte im Stande sein, selbst mit diesem Mistkerl zurechtzukommen – Mann gegen Mann, Mensch gegen Mensch, Mensch gegen Ork, Zwerg oder Elf. Ich möchte die Herrschaft über mein Leben nicht verlieren«, schloss er. »Und nicht meine Menschlichkeit.«
»Ich verstehe«, sagte Damra kühl.
»Ach, verflucht!« Plötzlich wirkte er betroffen. »Ich wollte damit nicht sagen, dass Ihr die Herrschaft über Euer Leben verloren habt. Ihr und Eure Götter, ihr habt eine Übereinkunft. Ich und meine Götter – wir haben das nicht.«
Er nahm ihre Hand und zog sie an die Lippen. Dann hielt er sie weiterhin fest und sah Damra entschlossen an.
»Ich bin der Träger des Steins der Könige. Ich bin vielleicht nicht der auserwählte Träger, aber ich habe diese Last auf mich genommen, und ich werde sie bis zum Ende tragen, wie ich es Bashae versprochen habe. All mein Mut, mein Geist, meine Fähigkeiten und mein Glück stehen Euch zur Verfügung. Ich kann nichts weiter sein als das, was ich bin, aber alles, was ich bin – mein Leben und meine Ehre – gebe ich Euch und den anderen und der heiligen Sache, die uns zusammengebracht hat.«
Wieder küsste er ihre Hand, dann stand er auf.
»Ich glaube, jetzt werde ich baden.« Er machte sich auf den Weg über die Felsen.
Damra sah etwas Glitzerndes bei den Kieseln liegen, die Shadamehr weggeworfen hatte. Sie bückte sich und hob es auf.
»Shadamehr«, sagte sie. »Ich glaube, Ihr habt das hier verloren.«
Er kam zurück. »Was denn?«
Und dann sah er, um was es sich handelte. Er erstarrte und rührte es nicht an.
»Ich habe auch das hier gefunden«, sagte Damra. »Ich glaube, es gehört dazu.« Sie hielt einen Streifen Papier hoch. »Es steht etwas darauf.«
Sie las die Worte, die in der Allgemeinen Sprache geschrieben waren.
»Lord des Suchens.«
Shadamehr streckte langsam die Hand aus und nahm von ihr das heilige Medaillon eines Paladins entgegen. »Das verstehe ich nicht. Was ist mit der Verwandlung – zu Stein verwandelt und wiedergeboren werden…«
»Ihr seid gestorben«, sagte Damra leise. »Das habt Ihr mir gerade erzählt. Alise hat Euch zurückgeholt.«
»Alise – nicht die Götter.«
»Was sind denn die Götter, wenn nicht Liebe?«
Shadamehr starrte das Medaillon lange unentschlossen an, dann steckte er es seufzend und mit einem Schulterzucken in eine Hosentasche.
»Lord des Suchens«, meinte er kläglich. »Naja, allemal besser als Lord der versilberten Teekannen.«
Er sah Damra an. »Ich danke Euch, Damra. Vielen, vielen Dank.«
»Schon gut«, antwortete Damra. »Seht Ihr, so schwer war es doch gar nicht.«
Shadamehr ging zu den anderen am Flussufer und zeigte ihnen schweigend das gesegnete Medaillon, welches ihn zum Paladin machte. Wolfram kratzte sich am Kinn und zog die Brauen hoch. Der Kapitän brummte, als wäre das etwas, das sie ohnehin erwartet hatte, und machte sich wieder daran, ihre Mannschaft für irgendwelche Schwierigkeiten auszuschimpfen, die sie mit dem Boot hatten.
»Fühlt Ihr Euch irgendwie verändert?«, fragte Damra.
»Nein«, erwiderte er barsch. Er versuchte, sich das Medaillon um den Hals zu hängen. Er nestelte am Verschluss herum. »Ich kriege das dumme Ding nicht auf!«
»Lasst es mich versuchen«, sagte Damra. Ihr eigenes Medaillon hatte keinen Verschluss. Die Götter selbst hatten es ihr um den Hals gelegt.
Der Lord des Suchens. Sein Weg würde niemals einfach sein, aber er hatte es ja nicht anders gewollt.
»In Ordnung«, sagte sie und tätschelte die Kette.
»Es juckt«, murmelte er.
»Ihr werdet Euch schon daran gewöhnen.«
Er schwieg, aber er verdrehte die Augen.
»Haltet das hier einen Augenblick.«
Er reichte ihr den Rucksack, dann sprang
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