Der Steinwandler pyramiden2
geborstene Felsplatten spitz in den Himmel und enthüllten frische Erde. Darüber hinaus hatte es hilflose Steinmänner zu Hügeln felsigen Strandguts aufgehäuft.
»Wie sollen wir das nur schaffen?« fragte Isphet mich leise.
Ich hakte mich bei ihr ein, denn ich brauchte ihre Unterstützung genauso sehr, wie sie meinen Trost brauchte.
Soldaten gingen über das Schlachtfeld und suchten nach gefallenen Kameraden, die sie möglicherweise in der Dunkelheit übersehen hatten. Sie traten vorsichtig um die Steinhände herum, die gelegentlich reflexartig nach ihnen griffen.
Zabrze hatte uns am Morgen mitgeteilt, daß einhundertachtzig seiner Männer und dreihundertundvier von Iraldurs Leuten getötet worden waren. Die Hälfte der Pferde war durchgegangen und zog jetzt vermutlich über die Ebene, immer noch voller Angst vor den Steinmännern.
Boaz arbeitete bereits. Er beugte sich zu einem Steinmann hinunter und richtete sich wieder auf, als sich der Stein zurück in Fleisch und Blut verwandelte. Er wartete nicht ab, um zu sehen, ob sich unter den steinernen Hüllen ein Mann oder eine Frau befunden hatte, sondern ging zum nächsten.
»Komm«, sagte ich zu Isphet. »Zu dritt werden wir es irgendwie schon schaffen.«
Aber das war unmöglich. Wir arbeiteten den ganzen Tag, dann den nächsten, und die Hälfte des übernächsten, bis Zabrze sich dann schließlich an Boaz wandte und sagte: »Genug.«
Bis dahin hatten wir vielleicht sechshundert Menschen befreien können, und die Anstrengung hatte uns erschöpft.
Isphet und Boaz sahen schrecklich aus, ihr Gesicht war wächsern und grau, die Augen lagen tief in ihren Höhlen, und ich bin mir nicht sicher, ob ich viel besser ausgesehen habe.
»Aber was machen wir mit ihnen?« fragte ich. »Wir können sie doch nicht hier zurücklassen…«
»Doch, das können wir«, sagte Zabrze. »Wir haben diese Schlacht gewonnen, aber Nzame wütet noch immer in der Pyramide. Ich will nicht, daß hier jemand von uns zurückbleibt, am wenigstens ihr drei. Vielleicht wollte Nzame das, euch mit eurem Mitgefühl für die Seelen dieser Steinmänner einfangen.«
»Aber…«, sagte Isphet müde.
»Sie müssen hier liegen bleiben und stöhnen, bis wir uns um Nzame gekümmert haben. Es tut mir leid, Isphet, aber sie werden sich später an nichts mehr erinnern, und selbst wenn ihr es schaffen würdet, diese Zehntausend im Verlauf der nächsten Tage zu befreien, ohne euch dabei selbst umzubringen, kann ich sie weder ernähren noch mich sonstwie um sie kümmern. Es ist besser, sie bleiben erst einmal hier.«
Zabrze wandte sich ab. »Wir gehen nach Setkoth.«
Waren Zabrzes Kinder noch in Setkoth? Waren sie verschlungen worden? Oder befanden sie sich inmitten dieses Steinwaldes, der uns noch immer traurig ansah?
Wir rückten am nächsten Tag ab. Iraldur und mehrere Tausend seiner Männer begleiteten uns; andere blieben zurück, um die Befreiten in ein Land zu bringen, wo sie Unterkunft und Nahrung finden würden.
Kurze Zeit nach der Schlacht waren die meisten Pferde wieder eingefangen worden, und es waren so viele Männer getötet worden oder blieben zurück, daß Iraldur genug Pferde für alle hatte.
Weder Zabrze noch Iraldur waren der Ansicht, daß wir dort, wo wir hingingen, ein großes Heer brauchen würden.
Möglicherweise wanderten noch immer kleine Gruppen Steinmänner umher, aber mit ihnen würde man leicht fertig werden.
Ich rutschte unbehaglich auf meiner Stute herum. Ich war noch nie zuvor geritten, klammerte mich am Sattelknauf fest und wünschte mir, ich hätte wenigstens die Anmut selbst des ältesten und stämmigsten Soldaten Iraldurs.
Boaz ritt mit der Geschmeidigkeit und der Geschicklichkeit, die er schon von Kindesbeinen an hatte. Fetizza ritt mit ihm, in einer feuchtgehaltenen Decke auf seinen Rücken geschnallt, und obwohl sie eigentlich einen lächerlichen Anblick hätten bieten müssen, strahlten Frosch und Mann nur Würde und Selbstsicherheit aus.
Setkoth lag genau im Osten, und Zabrze trieb uns umbarmherzig an. Ich stemmte mich jeden Abend aus dem Sattel – für gewöhnlich halfen Boaz oder Kiamet mir dabei – und sank schweigend auf den steinigen Boden. Holdat, der sich zum Hauptkoch und Diener unserer Gruppe ernannt hatte, brühte einen belebenden Tee auf, dann verteilte er dampfenden heißen Getreidebrei und Fleisch zusammen mit einem Stück Obst für jeden von uns hinterher, damit wir auch etwas Süßes hatten.
Wenn Fetizza aus der Decke gewickelt war,
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