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Der stille Herr Genardy

Der stille Herr Genardy

Titel: Der stille Herr Genardy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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erklärt, warum sie nicht mehr hier spielen will?« Wieder nur ein Kopfschütteln.
    »Ich frage nur, weil mir da etwas aufgefallen ist. Sie kommt nämlich nicht mehr, seit sie sich an dem Samstag ihr Bein aufgeschlagen hat. Danach war sie nur noch einmal hier, gleich an dem Sonntag. Oder hast du mich angeflunkert? Seid ihr doch mal hier gewesen, und du willst es mir nur nicht sagen, weil du denkst, ich schimpfe dann?«
    »Nein, bestimmt nicht. Und ich konnte nichts dafür, daß sie hingefallen ist. Das hat Herr Genardy auch gesagt.«
    »Natürlich konntest du nichts dafür. Aber vielleicht hat Herr Genardy ihr weh getan, als er ihr die Verbände machte.« Nicole zuckte mit den Achseln und setzte sich schon einmal erwartungsvoll an den Tisch, häufte drei Löffel Apfelmus auf ihren Tellerrand und schaute zum Herd hinüber.
    »Mach ihn mir nicht zu braun. Ich mag ihn lieber, wenn er noch hell ist.« Ich wollte mit ihr über Herrn Genardy reden, warnen wollte ich sie. Aber das war nicht so einfach. Und ich dachte doch auch, daß er weg war, mindestens für ein paar Tage. Zur Bank ging ich kurz nach zwei, Nicole machte währenddessen ihre Schularbeiten. Es war keine Gutschrift erfolgt. Ich hatte wahrscheinlich auch gar nicht mehr damit gerechnet, nicht nach den
    »Antiquitäten« von Herrn Genardy. Ich ging noch rasch zur Apotheke. Also müde mache das Medikament schon, allerdings reagiere da jeder Organismus anders. Bei Schlafstörungen solle man sich deshalb lieber etwas anderes verschreiben lassen. Der Apotheker hielt mich wohl für übergeschnappt, als ich fragte, ob man einem kleinen Kind von den Tabletten geben könne. Sein Blick hatte etwas vom göttlichen Strafgericht. Kleinen Kindern gibt man überhaupt keine Medikamente. Es sei denn, sie sind krank, und der Arzt hat es ausdrücklich verordnet.
    »Aber was passiert denn, wenn man einem Kind eine davon gibt?« Günther, du wirst mir verzeihen, wenn ich dich in die Pfanne haue.
    »Es ist nämlich so, meine Nichte war vor ein paar Tagen über Nacht bei uns. Sie wollte nicht einschlafen, brüllte die ganze Zeit. Mein Freund hat ihr Tee gegeben, und danach war sie plötzlich still. Es kam mir komisch vor. Sie war auch am nächsten Morgen so apathisch.« Dazu konnte der Apotheker mir nichts sagen. Aber seine Miene machte mehr als alles andere klar, daß ich mich besser von diesem Freund trennen sollte. Warum hielt ich mich überhaupt noch mit solchen Nebensächlichkeiten auf, wo doch die Fotos allein schon ausgereicht hätten, ihm die Polizei auf den Hals zu hetzen? Ich weiß es nicht genau. Vielleicht hatte es etwas mit Franz zu tun. Als ich heimkam, stand Günthers Wagen vor dem Haus. Er selbst saß im Wohnzimmer, mit ganz kleinen Augen. Ich hatte Angst in dem Moment. Angst, daß ich ihm etwas erzählen würde. Ich wollte ihm nichts erzählen. Nichts von dem, was ich in Herrn Genardys Wohnung gefunden hatte. Ich wußte nicht, warum. Es war eben so eine verdammt persönliche Angelegenheit.
    »Schönen Gruß von deiner Tochter«, murmelte er, als ich hereinkam,»die Hausaufgaben sind exzellent. Ich habe schon nachgeschaut. Und jetzt hätte ich gerne einen Kaffee. Ich hatte ungefähr drei Stunden Schlaf, also sei nicht geizig mit dem Kaffeepulver. Ich mach’s auch irgendwann wieder gut.« Ich ging in die Küche und tat ihm den Gefallen. Entgegen seiner Gewohnheit folgte er mir nicht. Ich war ganz froh darüber. Wenn er mir gefolgt wäre, wer weiß, vielleicht wäre da doch plötzlich etwas aus mir herausgeplatzt. Günther hing in der Couchecke; er war wirklich sehr erschöpft. Es fiel ihm gar nicht auf, daß ich so still war. Er sprach einfach weiter:
    »Ich war um vier daheim, um halb fünf im Bett, und kurz vor acht klingelte mich unser rasender Reporter wieder raus. Ich hätte ihn würgen können, hätte ich vielleicht auch getan, wenn ich nicht so müde gewesen wäre. Er hatte Neuigkeiten. Dein Herr Genardy ist schon eine Nummer für sich. Dettov hat jedenfalls Blut geleckt, den braucht man gar nicht mehr antreiben.« Günther sprach gerade so laut, daß ich ihn eben noch verstand. Nachdem die Kaffeemaschine in Betrieb war, ging ich zurück ins Wohnzimmer.
    »Soll ich einfach mal der Reihe nach aufzählen?« Als ich nickte, begann er. Hans Werner Dettov hatte mit seinem jugendlichen Charme eine ältere Dame bei der Post eingewickelt. Er hatte sich als Bekannter von Genardys Tochter ausgegeben. So nach dem Motto, Eltern seit ewigen Zeiten geschieden, Tochter hat

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