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Der stolze Orinoco

Der stolze Orinoco

Titel: Der stolze Orinoco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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schräg zu durchschneiden.
    Das Fortkommen war nicht gerade bequem auf dem vielfach mit Buschwerk bestandenen Erdboden, der zuweilen von einer dicken Schicht abgestorbener Blätter und zuweilen von Aesten und Zweigen bedeckt war, die die ungestümen Windstöße der Chubascos immer gleich zu Hunderten abbrachen. Jacques Helloch bemühte sich übrigens nach Kräften, kleine Hindernisse zu entfernen, um die Kräfte des jungen Mädchens zu schonen. Wenn sie ihm dann darüber eine Bemerkung machte, erwiderte er:
    »Jedenfalls müssen wir schnell vorwärts kommen, noch wichtiger ist es aber, in Folge von Ueberanstrengung nicht aufgehalten zu werden.
    – Ich bin jetzt vollständig wiederhergestellt, Herr Helloch. Fürchten Sie nicht, daß ich der Anlaß zu einer Verzögerung würde.
    – Und doch bitte ich Sie, mein lieber Jean, entgegnete er dann, lassen Sie mich für Sie jede Vorsorge treffen, die mir angezeigt erscheint. Im Gespräch mit Gomo hab’ ich die Lage von Santa-Juana genau genug kennen gelernt, so daß ich die auf unsrer Wanderung täglich zurückzulegenden Strecken berechnen konnte. Ohne feindliche Begegnungen, wozu es, wie ich hoffe, nicht kommen wird, brauchen wir in je einem Tage nicht allzuweit zu marschieren. Wäre es dennoch der Fall, so könnten wir froh sein, unsre Kräfte vorher geschont zu haben… vorzüglich die Ihrigen. Ich bedaure nur, daß es unmöglich ist, hier irgendwie Fuhrwerk zu beschaffen, das Ihnen eine immerhin beschwerliche Fußreise erspart hätte.
    – O, ich danke Ihnen, Herr Helloch, antwortete Jeanne von Kermor, das ist das Einzige, womit ich Ihnen vorläufig Alles, was Sie für mich gethan haben, zu vergelten vermag.
     

    Das Fortkommen war nicht gerade bequem… (S. 336)
     
    Und wahrlich, wenn ich mir Alles vergegenwärtige, angesichts der Schwierigkeiten, die ich anfänglich, nicht sehen wollte, so frage ich mich, wie mein Sergeant und sein Neffe wohl hätten ihr Ziel erreichen können, wenn Gott Sie nicht auf unsern Weg sandte! Und Sie… Sie sollten doch eigentlich nicht über San-Fernando hinausgehen…
    – Meine Pflicht war es, zu gehen, wohin Fräulein von Kermor ging, und es liegt doch auf der Hand, daß es, als ich mich zu dieser Bereisung des Orinoco entschloß, nur geschah, um Ihnen unterwegs zu begegnen. Ja, ja, das stand einmal in den Sternen geschrieben, was aber da gleichfalls geschrieben steht, ist die Bedingung, daß Sie sich in Allem, was diese Reise nach der Mission angeht, auf mich verlassen…
    – Das werd’ ich thun, Herr Helloch, und welchem ergebeneren Freunde könnte ich mich wohl anvertrauen?« antwortete das junge Mädchen.
    Zur Mittagsrast wurde am Rio Torrida Halt gemacht. Sein wirbelndes Wasser hätte man an dieser Stelle nicht überschreiten können, obwohl er hier kaum über fünfzig Fuß breit war. Wildenten und Pavas flatterten über ihn hin. Dem jungen Indianer gelang es, einige davon mit Pfeilen zu erlegen. Sie wurden für das Abendessen aufbewahrt, während man sich jetzt mit kaltem Fleisch und Cassavabrod begnügte.
    Nach einstündigem Ausruhen setzte sich die kleine Truppe wieder in Bewegung. Der Erdboden stieg allmählich mehr an, die Dichtheit des Waldes schien sich damit aber nicht zu vermindern. Ueberall dieselben Bäume, dasselbe Unterholz, dieselben Gebüsche. Durch Verfolgung eines Weges am Torrida hin vermied man übrigens eine Menge Hindernisse im tieferen, von Ilaneraspalmen bestandenen Walde. Ohne Zweifel würde – von Zwischenfällen abgesehen – gegen Abend die von Jacques Helloch berechnete Mittelzahl von Kilometern zurückgelegt sein.
    Das Unterholz war überall höchst belebt. Tausende von Vögeln tummelten sich kreischend oder piepend von Zweig zu Zweig. Im Laubwerk machten Affen ihre wunderlichen Sprünge, vorzüglich viele jener Heulassen, die sich am Tage still verhalten, gegen Abend und gegen Morgen aber ihr ohrzerreißendes Conzert anstimmen. Unter der geflügelten Thierwelt hatte Germain Paterne das Vergnügen, ganze Schaaren von Guacharos oder Teufelchen zu beobachten, deren Vorkommen ein Anzeichen dafür war, daß man sich mehr der Ostküste näherte. Aus ihrer Tagesruhe aufgescheucht – denn meist verlassen sie ihre Felsenhöhlen nur in der Nacht – entflohen sie nach den Gipfeln der Matacas, deren Beeren, die ebenso fieberwidrig wirken wie die Coloraditorinde, ihnen als Nahrung dienen.
    Auch noch andre Vögel bewegten sich unter den Zweigen umher, wahre Tanzmeister und Pirouettenkünstler, von denen die

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