Der strahlende Tod
Händen an seiner MPi.
Rush schrie:
»Richards, hör auf! Um Gottes willen, hör auf zu schießen! Er ist doch unbewaffnet!«
Aber sein Rufen ging im Rattern von Richards’ MPi unter. Richards feuerte solange, bis ihm Doppler die Waffe aus der Hand riß.
Rush war auf seinem Platz sitzengeblieben. Er hatte sich die Ohren zugehalten. Als der Lärm vorüber war, blieb Tom Rush noch immer sitzen. Er bedeckte sein Gesicht mit den Händen und schluchzte wie ein Kind.
»Mein Gott«, sagte Rush, »mein Gott.« Und schließlich: »Dieser verdammte Idiot. Dieser verdammte Dummkopf. Sie wollten ihm doch gar nichts tun.«
Doppler versuchte, mit einem Ast den Dreck aus seinem Gewehrlauf zu stochern, den Rush in den Boden gestoßen hatte. Er fluchte unablässig. Niemand wußte, ob er fluchte, weil ihm Richards’ Handlungsweise mißfiel oder weil er die Soldaten lieber selber erschossen hätte.
Im Düsenbomber war niemand mehr. Die Bombenschächte waren leer. Hinter dem Flugzeug waren zwei Gräber. Sie trugen keine Kreuze mit Namen, es lagen auch keine Blumen darauf. Es waren einfach zwei provisorische Gräber. Hastig ausgehoben und hastig wieder zugeschüttet.
Richards warf sich die MPi über die Schulter.
»Das wär’s«, sagte er. Aber sein Blick, der Tom Rush streifte, war unsicher.
Auf dem Weg zurück zu dem wartenden Morgan redete niemand ein Wort. Rush erzählte ihm die ganze Geschichte. Morgan sah Richards nachdenklich an. Aber er sagte nichts.
Als sie wieder bei Zimmermann waren, ahnte Richards wohl schon, daß das, was er getan hatte, von den anderen für alles andere als eine Heldentat gehalten wurde.
Er druckste verlegen herum, als Tom Rush die Geschichte erzählte. Als Rush fertig war, sagte zunächst niemand etwas. Die Männer standen schweigend um Richards herum und sahen ihn an. Aber in ihren Blicken konnte er alles andere als Sympathie lesen.
Schließlich ergriff Zimmermann das Wort:
»Stimmt es, daß alle Männer unbewaffnet waren?«
Rush nickte stumm. Weder Doppler noch Richards widersprachen.
»Warum, Richards, warum?« fragte Zimmermann.
»Es waren Soldaten. Sie haben unser Land angegriffen!«
»So, sie haben unser Land angegriffen!«
»Und Kommunisten waren sie auch!« rief Doppler.
»So, Kommunisten waren sie auch!«
Das nachfolgende Schweigen belehrte Richards darüber, daß sein Argument wohl nicht sehr stichhaltig gewesen sein konnte.
»Wir wissen nicht, wer zuerst angegriffen hat«, sagte Zimmermann schließlich, »also ist das, was Sie sagten, eine glatte Unterstellung, die Sie nicht beweisen können. Niemand von uns kann jetzt schon sagen, wie es wirklich war. Außerdem waren die Männer unbewaffnet oder haben zumindest keine Anstalten gemacht, euch anzugreifen. Sie haben wehrlose Menschen erschossen, Richards. Sehr mutig, muß ich schon sagen. Man kann es auch anders nennen. Sie haben wehrlose Menschen ermordet. Und ich nenne es so! Sie kennen ja wohl die Gesetze des Landes. Sie wissen, was auf Mord für eine Strafe steht. Erinnern Sie sich, was Buchanan sagte, als wir losgefahren sind? Er sagte: Stellt die Verbrecher vor ein Gericht. Ich zähle Sie jetzt zu den Verbrechern!«
Richards sah keinen andern Weg mehr. Jetzt brach hemmungslos heraus, was ihn schon lange beschäftigte.
»Gut, Zimmermann, stellen Sie mich an die Wand. Ich frage Sie nur eines: Wie lange wollen Sie sich von diesem Nigger Buchanan eigentlich noch Befehle geben lassen?«
Als Kemp Zimmermann in diesem Moment ansah, erschrak er. Zimmermanns Augen blickten eiskalt.
Er trat ganz nahe an Richards heran.
»Ich werde es Ihnen sagen«, zischte er, »solange, wie es noch Kreaturen wie Sie gibt!« Plötzlich schlug er Richards zweimal mit der flachen Hand ins Gesicht, daß es klatschte. »Und weil Buchanan ein Mensch ist, nach dem ich lange suchen mußte, während von Ihrer Sorte viel zuviel herumlaufen! Buchanan ist ein Mensch! Verstehen Sie, ein Mensch!«
Er wandte sich um.
»Wer plädiert auf schuldig wegen Mordes?«
»Ihr könnt mich nicht einfach erschießen, das wäre Mord! Ihr könnt mich doch nicht einfach erschießen!« schrie Richards.
»Wer plädiert auf schuldig wegen Mord?« fragte Zimmermann noch einmal.
Fünfzehn Arme hoben sich.
Richards wurde blaß.
»Und was Sie betrifft«, sagte Zimmermann zu Doppler, »So sollten Sie mal darüber nachdenken, ob Ihr Haß noch in unser Weltbild paßt.« Doppler öffnete den Mund zu einer heftigen Antwort, aber Zimmermann ließ sich nicht unterbrechen.
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