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Der stumme Handlungsreisende

Der stumme Handlungsreisende

Titel: Der stumme Handlungsreisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lewin
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sind, über die Tapete nachzudenken, die sie mit fünfundneunzig
     haben wollen. Und die anderen sind einfach unglaublich dumm!«
    »Fragen Sie sie doch
     selbst.«
    »Wie steht’s
     damit, kleine Dame?«
    »Klar.«
    »Nach dem Abendessen
     dann.«
    »Moment mal«,
     sagte ich. »Sie sollte eigentlich heute abend zu ihrer Großmutter
     gehen.«
    »Machen Sie sich keine
     Sorgen, Mann. Ich bin nicht der böse Wolf.«
    »Nein, Daddy, wirklich.
     Ich kann ein andermal hingehen. Ich hätte wirklich Lust auf einen
     Film.«
    McGonigle sagte: »Spitze.
     Wo finde ich Sie?«
    »Daddy gibt Ihnen eine
     Karte, ja, Daddy?«
    Daddy gab ihm eine Karte.
     »Wer«, begann ich von neuem, »ist bei Loftus Ihr Boss?«
    »Der Bursche direkt
     über mir ist Dr. Dundree.«
    »Und wann hat er Sie
     davor gewarnt, nicht über John Pighee zu sprechen? Heute nachmittag?«
    Er schüttelte den Kopf.
     »Ein, zwei Tage nach dem Unfall. Ich glaube, er hat sich einfach
     Sorgen gemacht wegen der Versicherungsdetektive.«
    »Und sind sie bei Ihnen
     gewesen, diese Versicherungsdetektive?«
    »Nein«, sagte er,
     »bis jetzt nicht.« 
    Die Wohnzimmertür öffnete
     sich. »Raymond. Dein Abendessen steht auf dem Tisch. Komm und setz
     dich, bevor es kalt wird.«
    Diesmal erhob McGonigle sich.
     »Ich muß gehen«, sagte er. »Bis später«,
     sagte er zu Sam.
    Als wir in meinen Lieferwagen
     stiegen, meinte sie: »Keine Angst. Ich finde alles raus, was es
     rauszufinden gibt.«
    »Er schien nicht gerade
     ungeheuer viel zurückzuhalten. Ist das der Grund, warum du mit ihm
     ausgehst?«
    »Nun ja, außerdem
     dachte ich, ich würde dir vielleicht einen Gefallen tun, dir ein bißchen
     Zeit zu geben.«
    »Wie meinst du das?«
    »Tja. Als ich heute
     nachmittag bei dir aufgeräumt und das Geld gefunden habe…«
    »Ja?«
    »…und das Foto
     von der Dame. Sie ist deine Freundin, wie? Ich meine, du bist nicht
     schwul, oder? Du hattest nicht viel Zeit für dich, seit ich bei dir
     bin. Ich dachte, du hättest vielleicht gern mal einen Abend ohne
     mich.«
    »Und gleichzeitig
     willst du den armen McGonigle in die Zange nehmen. Du scheinst etwas
     geerbt zu haben, das wir »Organisationstalent nennen, um nicht zu
     sagen Kommandiersucht. Ich frage mich, von wem du das hast.«
    Sie sah mich an - und brach
     plötzlich in Tränen aus.
    Ich ließ sie. Das ist
     gut für Kinder. Kräftigt die Lungen. Sie wimmerte den halben Weg
     nach Hause. Dann sagte sie: »Ich will dich gar nicht
     rumkommandieren.«
    »Gut«, sagte ich.
     Dann: »Ich dich auch nicht. Du hast das Recht auf dein eigenes
     Leben, während du dich in dem luxuriösen Quartier auf dem Fußboden
     meines Wohnzimmers aalst.«
    Als ich den Wagen parkte,
     sagte sie: »Jedenfalls ist das doch eine 1a-Gelegenheit für
     mich, ihn auszuquetschen, meinst du nicht auch?«

 
    14
    Nachdem McGonigle Sam
     abgeholt hatte, rief ich meine Mutter an, um ihr zu sagen, daß wir
     doch nicht kämen, und dann tat ich in meiner Phantasielosigkeit genau
     das, was Sam für mich beschlossen hatte, und stattete meiner Herzdame
     einen Besuch ab.
    Das heißt, ich fuhr zu
     ihrem Haus, wo ich nur ihre Tochter Lucy vorfand und die Nachricht, daß
     das Objekt meiner Absichten nicht vor halb zehn zurück erwartet
     wurde.
    »Sie ist direkt von der
     Arbeit losgefahren, um für unsere Sommerferien einzukaufen.«
    »Ferien? Was für
     Ferien?«
    »Ihre und meine«,
     sagte Lucy abweisend. »Jemand gibt uns sein Cottage. Wir kriegen es
     am Sonntag. Wußtest du das nicht?« Zunehmend verschlagen.
    »Nein«, sagte
     ich.
    »Wenn du nur etwas
     regelmäßiger mit ihr in Verbindung stündest«, sagte
     das kleine Mädchen, »dann wüßtest du über
     solche Dinge wohl Bescheid.«
    »Stimmt«, sagte
     ich.
    »Sie hat übrigens
     sogar kurz dran gedacht, dich einzuladen, aber da sie nichts von dir gehört
     hat, nahm sie an, du hättest zu tun und könntest sowieso nicht
     mitkommen.«
    Als es endlich halb zehn war,
     hatte ich so ziemlich die Nase voll von anderer Leute Töchter.
    Um halb zwölf war ich zu
     Hause in meinem Bett. Für gewöhnlich hatte ich keine Mühe
     mit dem Einschlafen, aber heute war ich irgendwie unruhig. Zuerst dachte
     ich, es läge daran, daß ich das Geheimnis um John Pighees
     Situation bei Loftus nicht verstand. Aber nachdem ich mich mit dieser
     Sache etwa eine Stunde lang von einer Seite auf die andere geworfen hatte,
     wurde mir klar, daß ich nicht schlafen konnte, weil Sam nicht zu
    

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