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Der stumme Handlungsreisende

Der stumme Handlungsreisende

Titel: Der stumme Handlungsreisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lewin
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sagte sie: »Du
     wirst sicher hier drin schlafen wollen, oder, Daddy? Oder wäre es dir
     lieber, wenn ich es täte?«
    »Nun entschließen
     Sie sich schon endlich, Miss«, sagte der Lieferant ungeduldig.
     »Ich muß nach Hause.«
    »Ich weiß, daß
     Sie das müssen«, sagte sie. »Aber ich habe Ihnen doch
     etwas dafür versprochen, daß Sie heute abend noch herkommen. Könnten
     Sie jetzt bitte das Bett aus dem Karton holen, damit wir es uns ansehen können?
     Ich hole derweil meine Handtasche.«
    Sie verschwand im Wohnzimmer
     und kam mit einer fest geballten Faust zurück. Deren Inhalt sie dem
     Lieferanten aushändigte.
    Er warf einen Blick darauf, lächelte
     und half uns, bevor er ging, sogar noch, die Pappkartonschnitzel und das
     Klebeband aufzusammeln.
    Sam schien sehr zufrieden mit
     sich. »Der Toaster kam mir nicht so dringend vor, also wird er mit
     der regulären Zustellung gebracht. Wahrscheinlich am Mittwoch. Kopf
     hoch, Daddy. Es ist doch nur Geld. Schon mal was von Umverteilung des
     Reichtums gehört?«
    *
    Linn Pighee wachte gegen
     sieben Uhr auf. Wir hörten sie einen kleinen Schrei ausstoßen,
     aber noch bevor wir entschieden hatten, wer von uns zu ihr gehen sollte,
     erschien sie in der Schlafzimmertür. Sie sah so aus, als stünde
     sie nun fester auf ihren Füßen als bei irgendeiner anderen
     Gelegenheit an diesem Tag. »Mein Gott«, sagte sie. »Wo
     bin ich? Was ist das hier?«
    »Das ist Daddys
     Appartement hinter seinem Büro«, sagte Sam und hüpfte zu
     ihr hin. »Hallo. Ich bin Sam. Er ist mein Vater.«
    Linn runzelte die Stirn und
     legte den Kopf schief. »Das ist Ihre verkrüppelte Tochter?«
    »Jedes Kind mit mir als
     Vater muß als Krüppel durchgehen.«
    Sie nickte langsam. Dann trat
     sie, zum Zeichen, daß es ihr besser ging, betont energisch ins
     Zimmer.
    »Hungrig?« fragte
     Sam.
    »Ein wenig.«
    »Ich bin heute
     einkaufen gegangen. Es ist jede Menge zu essen da«, und Sam ging in
     die Kochecke des Zimmers, um uns was davon zu holen, während Linn
     sich hinsetzte.
    »Sie wollten mich
     sprechen«, sagte sie.
    »Fühlen Sie sich
     wohl genug dafür?«
    »Vorhin jedenfalls
     nicht.«
    »Ich möchte mir
     die verschiedenen rechtlichen Arrangements ansehen, die Sie mit Loftus
     haben. Aber ich brauche Ihre Vollmacht schriftlich.«
    »Warum?«
    »Ihre mündliche
     Erlaubnis war nicht gut genug für Ihren Anwalt.«
    »Haben Sie ein Blatt
     Papier?«
    Ich steuerte außerdem
     noch einen Stift bei. Nachdem sie damit fertig war, reichte sie mir das
     Papier herüber. Darauf stand: »Walter, ich befehle Ihnen, Mr.
     Albert Samson alle Familienpapiere sehen zu lassen, die er sehen möchte.
     Egal, ob meine oder Johns. Linn Pighee.« Sie datierte das Schreiben.
    »Das sollte reichen«,
     sagte ich. »Danke.«
    »Ist das auch so eine
     Angelegenheit, für die meine Schwägerin Sie engagiert hat?«
    »Keineswegs«,
     sagte ich. »Sie wollte die Erlaubnis, John besuchen zu dürfen,
     und mir ist es gelungen, diese Erlaubnis zu bekommen. Nur, daß
     gestern nachmittag jemand von Loftus bei ihr war und sie gekauft hat.«
    »Gekauft?«
    »Ja. Er hat ihr die
     Sache ausgeredet und ihr etwas Geld für ihre Mühe gegeben.«
    »Das hört sich
     nicht besonders gut an«, sagte Linn.
    »Es stinkt, nicht wahr?«
     sagte Sam. »Ich möchte wissen, was sie da zu vertuschen
     versuchen. Sie nicht auch?«
    »Immer langsam, Sam«,
     sagte ich.
    Linn Pighee schien die
     unterschwelligen Strömungen zwischen Vater und Tochter zu spüren,
     verstand sie jedoch nicht ganz. »Haben Sie hier etwas zu trinken?«
     fragte sie schließlich. »Ich meine, etwas wie ein Bier.«
    »Ich habe vergessen,
     welches zu kaufen«, sagte Sam schnell. »Ich hätte
     wirklich auch gern eins.« Sie sah mich durchdringend an. »Und
     ich habe schon das Essen besorgt.« 
    Ich warf ihr einen finsteren
     Blick zu.
    »Macht nichts«,
     sagte Linn. »Ich dachte halt, Sie hätten vielleicht welches da.«
    »Ich hätte
     wirklich gern ein Bier, Daddy«, sagte Sam. »Und ich weiß,
     daß Ray auch gern Bier trinkt.«
    »Dann bringt er sicher
     welches mit, wenn er kommt.«
    »Erwarten Sie jemanden?«
     fragte Linn.
    »Das tut er bestimmt
     nicht. Ich meine, wahrscheinlich nicht. Ich würde ja noch mal
     rausgehen, aber ich spaziere nicht gern nach sechs Uhr allein durch die
     Straßen.«
    »Na schön«,
     sagte ich. »Na schön. Mach der Dame etwas zu essen. Tust du
     das?«
    Ich ging runter, um Bier zu
     kaufen. Es

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