Der stumme Handlungsreisende
mir Tabellen. Ich
will Tabellen«, sagte ich, »Einkommenstabellen. Die Endsummen,
Jahr für Jahr, und alle persönlichen Einnahmequellen. Ich will
Gruppen mit allen Unterlagen, die du finden kannst. Dann die
Ausgabentabellen. Geh alle eingelösten Schecks durch und ordne sie.
Dann sieh dir die nicht abgehefteten Rechnungen an, stell fest, ob sie mit den Schecks übereinstimmen.
Wir suchen nach ungewöhnlichen Dingen, aber wir müssen zuerst
wissen, was gewöhnlich ist. Eine komplette Analyse also.«
»Komplett?«,
fragte sie, ohne recht zu wissen, was ich eigentlich von ihr wollte.
»Genau. Ich schieb dir
dein Essen unter der Tür durch, und wenn du Ende der Woche nicht
fertig bist, bist du gefeuert.«
»Oh, Daddy!«
Linn lehnte sich mit
geschlossenen Augen auf meinem Eßzimmerstuhl zurück.
»Hat sie Ihnen was zu
essen gegeben?« fragte ich.
»Ich bin nicht
besonders hungrig. Ich esse morgens nicht so gern.«
»Schwanger?«
Sie sah mich an, sagte aber
nichts. Dann legte sie ihren Kopf in den Nacken und sagte: »Ich wäre
ja so glücklich.«
Ich machte mir an dem Toaster
zu schaffen und wärmte Sams Kaffee auf. Dann kämpfte ich mich
durch die Biervorräte und holte mir einen Orangensaft aus dem Kühlschrank.
Solchermaßen gestärkt, setzte ich mich an meinen Schreibtisch
im Wohnzimmer. »Sind Sie jetzt in der Lage, mir ein paar Fragen zu
beantworten?«
Ohne die Augen zu öffnen,
sagte sie: »Ich glaube schon.«
»Seit er seine Arbeit
in den Forschungslabors aufgenommen hat, arbeitete John nur noch Teilzeit
im Verkauf. Das ist jetzt - hm, ungefähr zwei Jahre her. Warum ist
sein Einkommen nicht gesunken? Ich bin seine Einlagen durchgegangen, und
sie steigen regelmäßig an, ohne den kleinsten Knick, der darauf
hinweist, daß er irgendwann sein Arbeitsschema geändert hat.«
»Ich weiß nicht«,
sagte sie. »Über seine Geldangelegenheiten weiß ich nicht
Bescheid.«
»Wissen Sie, wieviel er
verdiente?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Na schön«,
sagte ich. »Dann noch etwas anderes. Hatte er einen Wagen?«
»Natürlich.«
»Wo ist er?«
»Ach, du liebe Güte!«
sagte sie. Dann zögerte sie. »Steht er denn nicht in der
Garage?«
»Nein. Da ist nur
Ihrer. Der Ford gehört doch Ihnen, oder?«
»Ja. Sein Wagen steht
nicht in der Garage? Oh, Moment mal. Es war ein Firmenwagen - könnte
das etwa damit zu tun haben? Ich habe einfach nie darüber
nachgedacht. Ich habe auch nicht nachgesehen.«
»Sie waren nicht in der
Garage, seit es passiert ist?«
»Nein«, sagte
sie. »Ich denke, der Wagen stand wohl noch auf dem Firmengelände.
Da haben sie ihn sicher wieder zurückgenommen. Oder so etwas.
Vielleicht weiß Walter mehr darüber.«
»Der Anwalt?«
»Johns gesamte Post
geht jetzt an ihn.«
Ich nickte. »Als ich am
Haus ankam«, sagte ich, »trat Ihre Schwägerin gerade aus
der Haustür.«
»Die alte Hexe. Sie hat
einen Schlüssel. Ich habe abgeschlossen, bevor ich ging, aber sie hat
einen Schlüssel für die Haustür.«
»Was könnte sie im
Haus gewollt haben?«
»Herumschnüffeln.
Sie will das Haus haben. Ich bin sicher, daß es das ist. Sie hat früher
für uns den Haushalt gemacht. Für John jedenfalls. Alles hatte
seinen festen Platz. Wie angeschraubt ans Regal. So wie John es gern
hatte. Seit dem Unfall schleicht sie sich nur noch manchmal morgens
hinein, wenn sie denkt, ich schlafe noch. Es ist nicht so, als könnte
ich nicht selbst ein Haus führen, aber sie denkt, John ist von Gott
persönlich auserwählt, und sie ist alle dreizehn Apostel
gleichzeitig. Im April habe ich eine Mausefalle aufgestellt. Wenn eine
Maus reingegangen wäre, hätte ich das Tier für sie in der
Diele gelassen. Sie hätte es ohne einen Muckser beiseite geschafft.«
Das war die längste
Rede, die ich je von ihr gehört hatte. Und ziemlich unmißverständlich.
Da sie gerade in so direkter Stimmung war, fragte ich: »Linn, sind
Sie sicher, daß Sie seit dem Unfall das Haus nicht mehr verlassen
haben?«
Diese Frage ließ sie
hochfahren, und sie sah mich an. »Sie meinen, vor gestern?«
Ich nickte.
»Natürlich bin ich
mir da sicher.«
»Auch nicht, um Essen
zu kaufen oder so etwas?«
»Das erledige ich
telefonisch; ich lasse mir alles liefern. Was soll die Frage, Mr. Albert?
Ich sollte doch wohl wissen, ob ich draußen gewesen bin oder nicht.«
»Nicht mal bis zur
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