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Der stumme Handlungsreisende

Der stumme Handlungsreisende

Titel: Der stumme Handlungsreisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lewin
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haben.«
    »Du wirst also
     lockerlassen, ja?«
    »Ich denke schon.«
    »Gott sei Dank. Du bist
     immer so verdammt dickköpfig. Ich hatte schon Angst, du würdest
     es drauf ankommen und ihn auflaufen lassen.«
    »Dickköpfig? Ich?«
    »Bringt dich die Sache
     in finanzielle Schwierigkeiten?«
    »Ich werde mich nur zu
     Tode hungern. Diese Schweine haben meinen ganzen Notgroschen mitgenommen,
     als sie mein Büro auf den Kopf stellten. Ich nehme an, dein Captain
     Gartland wird in dieser Hinsicht nichts unternehmen.« 
    »Heißt das, für
     den Rest des Monats ist Sonntag für dich?«
    »Du willst dich nicht
     zufällig scheiden lassen, oder?«
    »Ich nicht. Janie
     vielleicht. Sie findet, ich sollte mich mehr um meine Beförderung bemühen.«
     Er sah so aus, als fände er das Leben ziemlich bedrückend.
    »Kommst du noch mit auf
     eine Tasse Kaffee?«
    »Ich kann nicht«,
     sagte er. »Aber danke für die Einladung. Besonders unter den
     gegebenen Umständen.«
    Ich war bereits wieder auf
     der Straße, bevor mir klar wurde, daß die Umstände, von
     denen er sprach, Gartlands Drohung waren, meine Freiheit zu beschneiden.
     Und wenn Miller sich Sorgen deswegen machte, sollte ich das wohl auch tun.

  
    29
    Auf dem Heimweg gingen mir
     Bilder und Gesprächsfetzen durch den Sinn. Marcia Merom, die wie
     selbstverständlich mit einer Pistole umging. Der alte, niedergebeugte
     Thomas Jefferson Walker, der mich fragte, für welche Seite ich
     arbeitete, ob es die Bundespolizei sei. Für sich genommen, paßte
     alles ins Bild. Die verschwörerische Stimmung paßte. Und das
     stimmte mich merkwürdig froh.
    Obwohl ich nicht recht
     glauben konnte, daß ausgerechnet ich über eine große
     Staatsangelegenheit gestolpert sein sollte, was auch immer sich dahinter
     verbarg. Aber es schien der Fall zu sein. Ich fragte mich, was
     dahintersteckte. In einer Arzneimittelfirma… Aber, soweit ich wußte,
     hatten Medikamente nichts mit explosiven chemikalischen Prozessen zu tun.
     Vielleicht arbeiteten sie an irgendwelchen Sprengstoffen. Und Sprengstoffe
     konnten durchaus auf Terroristen hinweisen. Kein Wunder standen
     Menschenleben auf dem Spiel.
    Als ich meine Treppe
     hinaufstolperte, fand ich Sam bereits im Büro vor.
    »Da bist du ja endlich,
     Daddy! Ich hatte schon Angst, du würdest ewig wegbleiben!«
    »Schon lange hier?«
    »Ungefähr zwanzig
     Minuten. Wo bist du gewesen? Ich wußte nicht, daß du etwas
     vorhattest.«
     
    Grausame Worte aus dem Mund
     des eigenen Kindes. »Hast du was herausgefunden?«
    Sie glühte vor
     Begeisterung. »Ja«, sagte sie. »Zuerst habe ich mir
     einen Wagen gemietet, weil ich dachte, daß ich vielleicht eine Menge
     herumfahren müßte. Also«, sagte sie, »jetzt habe
     ich Räder.«
    »Es überrascht
     mich, daß du überhaupt schon Schuhe hast«, sagte ich.
     »Hast du Kaffee gekocht?«
    »Daddy!«
    »Du machst uns etwas
     Kaffee, während ich meine eigene Arbeit in meinem Notizbuch auf den
     neuesten Stand bringe. Dann werde ich dich, wie es sich gehört, ins
     Bild setzen.«
    »Oh«, sagte sie.
     Aber sie ging, noch bevor ich Zeit hatte, klarzustellen, daß ich sie
     nicht in ihrer Funktion als Frau dem Kaffeetopf zuwies, sondern als
     Angestellte.
    Ich machte mir meine Notizen
     über die Gespräche mit Miller und Gartland. Und fragte mich, ob
     ich in einer Zeitungsannonce rechtmäßig sagen konnte: »Grundehrlich,
     wie nachzulesen in den Akten der Polizei von Indianapolis.«
    Als ich mich wieder zu meinem
     hochqualifizierten Personal gesellte, fragte ich, ob sie die Zeit gefunden
     hätte, Linn zu besuchen, als Teil ihrer stürmischen Tagesaktivitäten.
    Die Antwort war nein.
    Ich schenkte den Kaffee ein.
     »Genau richtig, Sam. Kurz und süß.«
    »Wie sich herausstellte«,
     begann sie vielversprechend, »habe ich die meiste Arbeit in der
     Bibliothek getan. Ich habe da einen Jungen
     gefunden, der mir dabei geholfen hat, den Mikrofilm der früheren
     Ausgaben des Star durchzugehen. Ich wußte ja überhaupt nicht,
     daß ein Mikrofilm so groß ist.«
    »Was hast du
     herausgefunden, Sam? Einzelheiten, nur wenn sie Tatsachen untermauern.«
    Wenn wir schon Detektiv
     spielten, konnten wir uns genausogut auch an die Regeln halten.
    »Oh. Na schön. Laß
     mich mal sehen. Na, jedenfalls haben wir es gefunden. Im Juni 1973, und
     zwar am 7., starb ein Mann namens Simon Rackey, als er ›einen
     Eindringling in die Flucht schlug‹, hieß es. Er war
     sechsundzwanzig Jahre

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