Der stumme Handlungsreisende
haben.«
»Du wirst also
lockerlassen, ja?«
»Ich denke schon.«
»Gott sei Dank. Du bist
immer so verdammt dickköpfig. Ich hatte schon Angst, du würdest
es drauf ankommen und ihn auflaufen lassen.«
»Dickköpfig? Ich?«
»Bringt dich die Sache
in finanzielle Schwierigkeiten?«
»Ich werde mich nur zu
Tode hungern. Diese Schweine haben meinen ganzen Notgroschen mitgenommen,
als sie mein Büro auf den Kopf stellten. Ich nehme an, dein Captain
Gartland wird in dieser Hinsicht nichts unternehmen.«
»Heißt das, für
den Rest des Monats ist Sonntag für dich?«
»Du willst dich nicht
zufällig scheiden lassen, oder?«
»Ich nicht. Janie
vielleicht. Sie findet, ich sollte mich mehr um meine Beförderung bemühen.«
Er sah so aus, als fände er das Leben ziemlich bedrückend.
»Kommst du noch mit auf
eine Tasse Kaffee?«
»Ich kann nicht«,
sagte er. »Aber danke für die Einladung. Besonders unter den
gegebenen Umständen.«
Ich war bereits wieder auf
der Straße, bevor mir klar wurde, daß die Umstände, von
denen er sprach, Gartlands Drohung waren, meine Freiheit zu beschneiden.
Und wenn Miller sich Sorgen deswegen machte, sollte ich das wohl auch tun.
29
Auf dem Heimweg gingen mir
Bilder und Gesprächsfetzen durch den Sinn. Marcia Merom, die wie
selbstverständlich mit einer Pistole umging. Der alte, niedergebeugte
Thomas Jefferson Walker, der mich fragte, für welche Seite ich
arbeitete, ob es die Bundespolizei sei. Für sich genommen, paßte
alles ins Bild. Die verschwörerische Stimmung paßte. Und das
stimmte mich merkwürdig froh.
Obwohl ich nicht recht
glauben konnte, daß ausgerechnet ich über eine große
Staatsangelegenheit gestolpert sein sollte, was auch immer sich dahinter
verbarg. Aber es schien der Fall zu sein. Ich fragte mich, was
dahintersteckte. In einer Arzneimittelfirma… Aber, soweit ich wußte,
hatten Medikamente nichts mit explosiven chemikalischen Prozessen zu tun.
Vielleicht arbeiteten sie an irgendwelchen Sprengstoffen. Und Sprengstoffe
konnten durchaus auf Terroristen hinweisen. Kein Wunder standen
Menschenleben auf dem Spiel.
Als ich meine Treppe
hinaufstolperte, fand ich Sam bereits im Büro vor.
»Da bist du ja endlich,
Daddy! Ich hatte schon Angst, du würdest ewig wegbleiben!«
»Schon lange hier?«
»Ungefähr zwanzig
Minuten. Wo bist du gewesen? Ich wußte nicht, daß du etwas
vorhattest.«
Grausame Worte aus dem Mund
des eigenen Kindes. »Hast du was herausgefunden?«
Sie glühte vor
Begeisterung. »Ja«, sagte sie. »Zuerst habe ich mir
einen Wagen gemietet, weil ich dachte, daß ich vielleicht eine Menge
herumfahren müßte. Also«, sagte sie, »jetzt habe
ich Räder.«
»Es überrascht
mich, daß du überhaupt schon Schuhe hast«, sagte ich.
»Hast du Kaffee gekocht?«
»Daddy!«
»Du machst uns etwas
Kaffee, während ich meine eigene Arbeit in meinem Notizbuch auf den
neuesten Stand bringe. Dann werde ich dich, wie es sich gehört, ins
Bild setzen.«
»Oh«, sagte sie.
Aber sie ging, noch bevor ich Zeit hatte, klarzustellen, daß ich sie
nicht in ihrer Funktion als Frau dem Kaffeetopf zuwies, sondern als
Angestellte.
Ich machte mir meine Notizen
über die Gespräche mit Miller und Gartland. Und fragte mich, ob
ich in einer Zeitungsannonce rechtmäßig sagen konnte: »Grundehrlich,
wie nachzulesen in den Akten der Polizei von Indianapolis.«
Als ich mich wieder zu meinem
hochqualifizierten Personal gesellte, fragte ich, ob sie die Zeit gefunden
hätte, Linn zu besuchen, als Teil ihrer stürmischen Tagesaktivitäten.
Die Antwort war nein.
Ich schenkte den Kaffee ein.
»Genau richtig, Sam. Kurz und süß.«
»Wie sich herausstellte«,
begann sie vielversprechend, »habe ich die meiste Arbeit in der
Bibliothek getan. Ich habe da einen Jungen
gefunden, der mir dabei geholfen hat, den Mikrofilm der früheren
Ausgaben des Star durchzugehen. Ich wußte ja überhaupt nicht,
daß ein Mikrofilm so groß ist.«
»Was hast du
herausgefunden, Sam? Einzelheiten, nur wenn sie Tatsachen untermauern.«
Wenn wir schon Detektiv
spielten, konnten wir uns genausogut auch an die Regeln halten.
»Oh. Na schön. Laß
mich mal sehen. Na, jedenfalls haben wir es gefunden. Im Juni 1973, und
zwar am 7., starb ein Mann namens Simon Rackey, als er ›einen
Eindringling in die Flucht schlug‹, hieß es. Er war
sechsundzwanzig Jahre
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