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Der stumme Handlungsreisende

Der stumme Handlungsreisende

Titel: Der stumme Handlungsreisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lewin
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alt, lebte allein auf dem Washington Boulevard
     Nummer 4901, und er war Techniker bei Loftus Pharmazeutika. In jungen
     Jahren war er an Polio erkrankt und konnte sich daher nur auf eine
     Metallkrücke gestützt fortbewegen. Er ist dann oben auf der
     Feuerleiter hinten an seiner Wohnung ausgerutscht und über das Geländer
     gefallen. Aus dem zweiten Stock.« Sie hielt inne.
    »Sind in der
     Angelegenheit noch irgendwelche anderen Namen genannt worden?
     Polizeisprecher, Loftus-Repräsentanten, Verwandte?«
    »Da war eine Nachbarin.
     Ich habe ihren Namen im Telefonbuch nachgeschlagen und bei ihr angerufen.
     Sie war zu Hause!«
    »Gut. Was hast du sie
     gefragt?«
    »Oh«, sagte Sam.
     »Ich habe nicht nach dem Mann gefragt, der gestorben ist. Ich habe
     sie gefragt, wem das Gebäude gehört. Angeblich, weil ich eine
     Wohnung suche.« Ich nickte. »Sie sagte, das Gebäude gehöre
     einem Mann namens Walker, und daß im
     Augenblick keine Wohnung frei sei. Aber sie hat seine Telefonnummer für
     mich nachgesehen und seine Adresse. Ihm gehören nämlich noch
     andere Häuser hier in der Stadt.«
    »Gute Arbeit«,
     sagte ich. »Du hast nicht zufällig gefragt, ob Walker das Gebäude
     schon vor vier Jahren gehörte, als Rackey starb?«
    »Nein, Daddy, leider
     nicht.«
    »Schon in Ordnung. Mach
     dir keine Gedanken«, sagte ich.
    Statt sich Gedanken zu
     machen, sagte sie: »Was tun wir jetzt, Daddy?«
    Ich zögerte. »Meine
     Antwort wird dir nicht gefallen«, sagte ich schließlich.
    »Nein? Warum nicht? Was
     ist, Daddy? Sag’s mir!«
    »Für den
     Augenblick tun wir überhaupt nicht viel.«
    Sie dachte nach und sagte:
     »Wie meinst du das?«
    »Wir lassen mal für
     eine Weile locker.«
    »Aber das ergibt doch
     keinen Sinn, Daddy. Wir haben gerade erst angefangen, irgendwelche Dinge
     herauszufinden.«
    »Du meinst, du hast
     gerade erst angefangen, etwas herauszufinden.«
    »Aber…«
    »Sieh mal, wer ist der
     Oberhäuptling hier?«
    Sie dachte noch einmal kurz
     nach und stellte die richtige Frage: »Mit wem warst du heute morgen
     zusammen?«
    »Wenn ich sage
     lockerlassen…« Ich wurde aber von ihrem versteinerten Gesicht
     unterbrochen. »Augenblick mal.« Ich griff zum Telefonhörer
     und rief Miller an.
    »Al?«
    »Ja, Lieutenant Miller.
     Mir ist eingefallen, daß ich vergessen habe, Ihnen eine Frage zu
     stellen. Es geht um eine Einzelheit zu dem Thema, über das wir uns
     heute morgen unterhalten haben.«
    »Und was wäre das,
     bitte schön?«
    »Es geht um einen verdächtigen
     Todesfall, der jetzt etwas mehr als vier Jahre zurückliegt. Ein Simon
     Rackey, der am 7. Juni 1973 starb, auf dem Washington Boulevard Nummer
     4901. Zu der Zeit bewohnte er die Wohnung, in der jetzt Marcia Merom lebt.
     Ich hätte gern die Akten, die dieses Unglück betreffen.«
    »Du solltest doch die
     Finger davon lassen. Leg dich nicht mit Gartland an, Albert.«
    »Wie ich bereits heute
     morgen deinem Vorgesetzten erklärt habe«, sagte ich, »muß
     ich mir eine überzeugende Geschichte für meine Klientin
     ausdenken, wenn ihr diese Angelegenheit vom Tisch haben wollt. Ich habe
     ihm außerdem versprochen, daß ich mich bei jeder Gelegenheit
     mit dir in Verbindung setzen würde. Und bitte verschwende nicht unser
     aller Zeit, indem du das Ganze hinauszögerst und begriffsstutzige
     Fragen stellst.«
    Ich legte auf. Zu Sam sagte
     ich: »Wir lassen auf Veranlassung der Polizei von Indianapolis
     locker. Aber das heißt nicht, daß wir den Fall los sind -
     nicht wirklich.«
    Sam war halb erfreut und halb
     verwirrt. »Warum legen wir dann überhaupt einen langsameren
     Gang ein?«
    »Weil, verehrte
     Mitarbeiterin und heißgeliebter Sprößling, ich es sage.
     Und wenn es dir nicht gefällt, dann such dir einen Job bei einem
     anderen Detektivbüro, okay?«
    Sie sah mich eine unangenehm
     lange Zeit an, ohne etwas zu sagen. Ich hatte das Gefühl, als
     versuche sie, mein Ich zu enträtseln. Mein unschuldiges, unverfälschtes,
     offen vor ihr liegendes Ich. Schließlich sagte sie: »Also, was
     soll ich jetzt tun?«
    »Ich möchte, daß
     du deine neuen Räder benutzt und deiner Großmutter ein paar
     Stunden Gesellschaft leistest. Dann erstattest du mir hier wieder Bericht.«
    Sie griff nach ihrem
     Notizbuch und ging, ohne ein Wort des Abschieds. Ich schätze, kein
     Abschied ist besser als ein langer Abschied.
    *
    Ich fuhr ins Entropist
     Hospital, um Linn Pighee zu besuchen.
    »Ich dachte schon, Sie
    

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