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Der stumme Ruf der Nacht

Titel: Der stumme Ruf der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Griffin
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aufzutreten. Keiner von beiden sprach ein Wort. Als sie sich bergauf und von der Straße wegbewegten, ging Courtneys Atem zwar schneller, aber sie hielt Schritt. Ab und zu hörte er ein leises Stöhnen und wusste, dass sie sich gekratzt oder gestoßen hatte. Warum hatte sie heute Abend kein langärmliges Shirt angezogen? Oder ein etwas weniger knappes Unterhemd? Dieses kleine Spitzending regte ihn immer mehr auf, je länger sie durch den Wald liefen und sie hinter ihm her keuchte.
    Als sie sich dem Campingplatz näherten, verlangsamte
er seine Schritte, um besser darauf achten zu können, was um sie herum war. Er führte sie bergab zur Nordwestseite des Platzes, wo sein Auto stand. Beim Überprüfen der Lage stellte er fest, dass drei Fahrzeuge neu dazugekommen waren: zwei Pick-ups mit Campingaufsätzen und ein großes Wohnmobil. Und die Leute mit ihren Gaskochern und Laternen sahen auch aus wie echte Camper. Will holte den Schlüssel aus der Hosentasche und geleitete Courtney zum Beifahrersitz des Suburban. Er schloss auf und öffnete ihr die Tür. Wortlos stieg sie ein.
    Sein Ärger kehrte zurück, sobald er zur Fahrerseite kam. Seit dreizehn Jahren hatte er den Wagen nun schon, und als er außer Landes war, hatte er sich sogar die Mühe gemacht, ihn bei einem Onkel unterzustellen. Es gab nicht sehr viele Dinge, an denen Will hing, aber sein Auto bedeutete ihm wirklich etwas. Vielleicht weil er das Geld dafür in zwei aufeinanderfolgenden Sommern sauer verdient hatte. Oder vielleicht weil er als Teenager schon ziemlich viel Spaß damit gehabt hatte. Jedenfalls ärgerte es ihn noch immer, dass Courtney ihm den Suburban vor seiner Nase weggenommen hatte.
    »Du schuldest mir zweihundert Dollar.« Mit diesem Vorwurf setzte er sich ans Steuer.
    Sie starrte ihn an. Fast im ganzen Gesicht hatte sie Kratzer von den Zweigen, die ihr unterwegs ins Gesicht geschlagen hatten, und nun regte sich Wills schlechtes Gewissen. Aber sie verschränkte die Arme vor der Brust und blickte trotzig geradeaus. »Was für eine reizende Begrüßung.«
    »Was für ein reizender Abgang«, schnappte er und
bereute es sofort. Den ganzen Weg hierher hatte er sich geschworen, dass er sich zu nichts hinreißen lassen würde. Er wollte nicht über ihre Flucht sprechen, weil ihn das einfach wütend machte.
    »Ich habe dir kein Geld gestohlen«, fauchte sie.
    »Aber meinen Wagen.« Er startete den Motor. »Das kommt aufs Gleiche raus.«
    »Geliehen, nicht gestohlen.«
    »Ja, und mich hat es zweihundert Doller gekostet, ihn zurückzukriegen. Also schuldest du sie mir.«
    Sie schürzte ihre schönen vollen Lippen. Überhaupt sah alles an ihr so vertraut aus. Bis auf die Haare. Unglaublich, dass sie jetzt plötzlich blond war.
    »Wie hast du mich eigentlich gefunden?«
    »Das war nicht schwer.«
    »Blödsinn. Es war der Anruf, oder? Du hast Fionas Telefon angezapft. Ich hoffe, du hattest dazu das Recht, denn sonst wird es dir leidtun, denn dann wird sie dich verklagen.«
    Er hätte beinahe laut losgelacht. Dachte sie etwa, er hätte vor einem Gerichtsverfahren Angst? Er legte den Arm auf ihren Sitz und beugte sich zu ihr. »Weglaufen war keine gute Idee, Courtney. Damit hast du alles nur schlimmer gemacht.«
    Sie sah ihn verächtlich an und wandte sich ab. »Du könntest mal wieder duschen.«
    Er schüttelte den Kopf und fuhr los. Sobald sie den Campingplatz verlassen hatten, fuhren sie ostwärts in Richtung Highway.
    »Woher weißt du, dass es keinen Notfall gibt?«, fragte sie.

    Wieder warf er ihr einen Blick zu. Selbst bei der schwachen Beleuchtung sah er, dass sie sich Sorgen machte. Sie dachte vermutlich, dass Fiona etwas zugestoßen war. Er war seltsam erfreut darüber. Es war schön zu sehen, wie es einem erging, wenn man vor Sorge aufgefressen wurde. Genau so war es ihrer Schwester in den letzten vier Wochen ergangen.
    Es ist nicht immer leicht mit ihr . Will schluckte das Gefühl von Bitterkeit, das in ihm aufkeimte, herunter und konzentrierte sich auf die Straße.
    »Das war höchstwahrscheinlich ein Trick«, erklärte er ihr. »Irgendwer hat einen Tipp bekommen, dass du in der Stadt bist. Wahrscheinlich haben sie deine möglichen Aufenthaltsorte ausgekundschaftet. Und als eine geeignete Person gefunden war, haben sie eine Nachricht hinterlassen und wurden so direkt zu dir geführt.«
    »Wer sollte das denn tun?«
    »Dieselben Leute, die Alvin auf dem Gewissen haben. Und Eve Caldwell und Martin Pembry. Und möglicherweise auch die zweite

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