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Der Sturm

Der Sturm

Titel: Der Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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gehst. Sofort!«
    Rose sah ihn misstrauisch an. »Ist etwas mit Debbie? Ist sie aufgewacht?«
    Er schüttelte den Kopf. »Weder – noch. Das Mittel, das du Debbie gegeben hast, hat gewirkt. Sie schläft wie ein Stein.«
    »Wo liegt dann das Problem? Ich hab Chili für uns alle gekocht. Das braucht noch eine Viertelstunde, dann geh ich hoch.«
    »Vergiss dein Chili. Geh sofort zu ihnen!«
    Rose sah ihn kopfschüttelnd an. »Okay, du sagst mir jetzt auf der Stelle, was passiert ist! Das bist du mir schuldig.« Wieder rieb sie ihren Kiefer.
    »Benjamin und Julia brauchen deine Hilfe!«
    Sie zog eine ihrer perfekt geschwungenen Augenbrauen hoch. »Und wobei genau?«
    »Es geht um... Ike!«
    »Ike? Brandons Dogge?« Sie starrte ihn verdutzt an.
    »Ja.«
    »Was ist mit ihm?«
    »Er ist ziemlich schwer verletzt.«
    »Was geht hier vor, Chris?«
    Jeder stellte ihm Fragen. Fragen, auf die er keine Antwort hatte.
    »Tu einfach, was ich dir sage. Ich will, dass du bei Julia bleibst.«
    »Und du?«
    Er wandte ihr wortlos den Rücken zu.
    Es gab drei Zugänge zu der engen Straße, wo sich die Bungalows der Dozenten und Senior-Studenten aneinanderreihten. Man konnte direkt vom Parkplatz aus in die Straße einbiegen oder den Weg um das Sportcenter herum nehmen. Oder man konnte durch den Südflügel zum Seiteneingang gehen, wo die Müllcontainer standen. Einmal in der Woche kam der Müllwagen und bog über die Straße, die an den Bungalows vorbeiführte, durch ein Tor in den Hof, um sie zu leeren.
    »Wohin willst du, Chris?«, hörte er Rose, aber er schüttelte nur den Kopf.
    »Geh zu den anderen.«
    »Wenn das ein Trick ist, Chris...!«
    Wütend fuhr Chris herum. »Verflucht, Rose, das ist kein Trick! Ike ist schwer verletzt! Etwas geht hier vor und ich muss herausfinden, was es ist.«
    Etwas in seiner Stimme oder der Ausdruck in seinem Gesicht musste sie überzeugt haben. »Okay!« Rose schien sich geschlagen zu geben. »Aber wenn Ike hier oben ist, wo ist dann Brandon?«
    »Genau das werde ich herausfinden!«

22. Kapitel
    Liste No. 55 – Dinge, die ich am meisten fürchte:
Gegenstände, die vom Himmel fallen,
Bakterien, die durch die Luft fliegen,
die Farbe Rot,
dass es Gott wirklich gibt!
    Nein, Debbie lebte nicht in einer Traumwelt, wie Mr Green behauptete. In einer Traumwelt bekam man alles, was man sich wünschte, oder?
    Zum Beispiel schlank zu sein wie Rose. Ein Lächeln wie das von Julia. Und man wurde geküsst von jemandem, der einen liebt.
    Nichts davon hatte sich für Debbie erfüllt. Also lag Mr Green falsch. So einfach war das.
    Langsam tauchte Debbie aus dem Schlaf.
    Wie lange hatte sie geschlafen?
    Ruckartig setzte sie sich auf.
    Bildete sie sich das nur ein? War es wie früher? Bevor sie die Medikamente genommen hatte? Als sie noch das Flüstern in ihrem Kopf gehört hatte, das oft Stunden andauerte?
    Debbie, noch benommen vom Schlaf und dem Haldol, das in irgendeiner Ecke ihres Gehirns hing, legte den Kopf zurück aufs Kissen und döste weiter. Die Augen geschlossen, lauschte sie den schrecklichen Geräuschen, die von draußen zu ihr drangen. Der Sturm tobte und peitschte den Schnee gegen das Fenster. Es hörte sich merkwürdig beruhigend an, ein stetes Anschwellen und wieder Abschwellen, wie die Brandung des Ozeans.
    Und auch die Scheiben, die unter den Böen leise bebend nachzuhallen schienen, gaben ein seltsam singendes Geräusch von sich, das irgendwie tröstlich klang. Debbie holte tief Luft und horchte in sich hinein.
    Dann schüttelte sie langsam den Kopf.
    Stürme waren ein Zeichen. Sie brachten immer Verwüstung, aber es war nicht der Sturm, der in ihr dieses Gefühl von Angst hervorrief. Es war etwas anderes.
    Aber was?
    Was war passiert?
    Sie konnte sich nicht erinnern, solange ihr Kopf so laut dröhnte. Es begann immer mit Kopfschmerzen. Immer. Sie hatte es schon am Morgen gespürt, dass es so weit war, aber es einfach ignoriert.
    Vor lauter Kopfschmerzen nahm sie die Welt um sich herum nur verschwommen war. Was war Realität und was Einbildung? Wenn es Gott tatsächlich gab, dann strafte er sie vielleicht dafür, dass sie ihn ignorierte. Genau wie Grandma Martha immer sagte. Gott verschwindet nicht einfach, nur weil man ihn ignoriert.
    Und wenn Grandma recht hatte? Wenn Gott es war, der sich in ihrem Kopf eingenistet hatte? Diese zweite Stimme in ihr? Die ihre Gedanken durcheinanderbrachte? Gott ließ sie vielleicht die Dinge sagen, die sie bereute, Gedanken denken, die sie erschreckten. Er sendete

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