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Der Sucher (German Edition)

Der Sucher (German Edition)

Titel: Der Sucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis
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merkte ich, dass der Alte vor meiner Tür stand. Ich hatte nichts gehört und gesehen, während ich in die Schale vertieft gewesen war. »Ja, aber ich brauche einen neuen Teller, der alte ist kaputt.«
    »Ich organisiere dir einen.« Er zögerte, hustete. »Was hast du eigentlich verbrochen, Junge? Nur so aus Interesse.«
    »Die Quelle berührt. Und mich ganz allgemein unbeliebt gemacht in der Burg.«
    »Ach ja, die Quelle . Sie ruft nicht viele. Wir hatten lange niemanden mehr mit der Art von Ärger. Ich glaube, so an die dreizehn, vierzehn Winter wird das her sein.«
    Aufgeregt versuchte ich aufzustehen, hinauszusehen aus dem winzigen Zellenfenster. »Woher wisst Ihr von dem Ruf?! Könnt Ihr es auch spüren?«
    »Nur ganz schwach, dem Erdgeist sei Dank. Ich bin lieber auf der anderen Seite der Zellentüren.« Er schnaufte amüsiert und schlurfte davon, um meinen Teller zu holen. Als er zurückkam, platzte ich sofort mit der nächsten Frage heraus. »Was ist mit ihm passiert? Mit dem anderen?«
    »Ihr. Es war eine Frau. Sie ist längst tot, hat die raue Behandlung nicht überlebt. Und mit dem davor ist es auch nicht gut ausgegangen. Damals war das Einmauern noch in Mode. Hast Glück, Junge.«
    Er schob mir mein Essen zu und schlurfte weiter. Sobald er weg war, ging die Klappe noch einmal auf – lautlos schlüpfte das Schneehörnchen in meine Zelle. Es hatte mir ein paar Kräuter aus dem Wald mitgebracht. Ich bedankte mich und zupfte sie in die dünne Suppe. Einmauern und verhungern lassen , ging es mir immer wieder durch den Kopf. Die raue Behandlung nicht überlebt .
    Bei allen Göttern von Vanamee, ich muss hier raus!
    Als ich das nächste Mal aufwachte, hatte ich keine Ahnung, ob es Tag war oder Nacht. Egal. Jedes Mal, wenn ich atmete, schoss ein scharfer Schmerz durch meine Seite, und meine Hand fühlte sich schlimm an. Aber es half nichts, ich musste weiter mit der Schale experimentieren. Sie war, so wie es aussah, meine einzige Chance.
    Beunruhigt sah das Schneehörnchen zu, wie ich einen etwas größeren Teil der Schale freilegte. Es hielt nicht viel von diesem Versuch. Aber es blieb bei mir.
    Mühsam ignorierte ich die Schmerzen, konzentrierte mich ganz auf die Kraft, so als wolle ich eine Gildenformel sprechen, eine, die ich gut kannte ... Es klappte! Diesmal schaffte ich es, einen kleinen Riss in dem Panzer zu öffnen ... Endlich kam ich an den Kern heran!
    Erstaunen. Wut. Gewaltige Wut. Was geschieht hier?
    Ich erschrak. Das waren nicht meine Gefühle, meine Gedanken gewesen. Was war das? Wer war das?
    Sofort riss ich die Hände von der silbernen Oberfläche, doch es war bereits zu spät. Eine eisige, fremdartige Kraft floss aus der Schale und durch mich hindurch nach außen. Mit Gewalt versuchte sie durchzudrängen, sich freizukämpfen. Aber sie musste durch den dünnen Riss strömen, den ich geöffnet hatte, und durch die kleine silberne Stelle – das bremste sie.
    Schwitzend vor Angst versuchte ich, diese Kraft unter Kontrolle zu bekommen, sie zu dorthin zu lenken, wohin ich sie haben wollte. Sie gegen meine Feinde, gegen die Zellentür zu schleudern. Aber sie schien einen eigenen Willen zu haben, ließ sich so schwer packen wie Nebel oder ein glitschiger Fisch. Vorerst gelang es mir noch, sie zu halten, aber ich brauchte meine volle Konzentration dafür.
    Verachtung. Wut. Was bildest du dir ein, Mensch?
    Es klappte nicht, die Kraft wieder zurückzudrängen, das Experiment zu beenden. Im Gegenteil, ich spürte, wie mir die Kontrolle entglitt. Was auch immer in der Schale hauste – es entwand sich mir! Ich konnte es nicht mehr halten! Panik quoll in mir hoch. Ich schmeckte Blut in meinem Mund, wahrscheinlich hatte ich mir auf die Lippe gebissen. Schweißperlen kitzelten auf meiner Stirn.
    Unaufhaltsam ließ meine Konzentration nach.
    * * *
     
    Konnte Jederfreund und ihr die Flucht aus der Burg gelingen? War es einfach nur eine wilde Idee von Jederfreund, die nicht funktionieren würde, oder eine echte Lösung?
    Der Gedanke daran ließ Mi‘raela nicht ruhen. Sie schlief nicht mehr, sie jagte nicht mehr und verschmähte die Reste, die den Halbmenschen aus der Schlossküche vorgeworfen wurden. Der Gedanke an Freiheit brannte wie ein Fieber in ihrem Blut.
    Sie hatte Angst vor dem, was Jederfreund mit ihr zusammen wagen wollte, schreckliche Angst. Aber hier in der Burg sterben, bis zum letzten Atemzug geschunden von Spinnenfinger, Schrillstimme und Steinherz? Nie wieder durch den Wald laufen, nie wieder

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