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Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Sumpf: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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und hat zwischendurch immer mal wieder angehalten, um sich an der Frau zu vergreifen. Schließlich hat ein Staatspolizist auf dem Heimweg von seiner Schicht den Wagen herangewunken, weil er das Gefühl hatte, dass irgendwas damit nicht stimmte. Hat ihr das Leben gerettet. Und dem Kind. Er hat den Kerl erschossen, als er ein Messer zückte. Ein einziger Schuss. Direkt ins Herz. Glücktreffer, könnte man sagen.«
    Brown schwieg und folgte Cowarts Blick zum Laden.
    »Sie waren da drin, um für den zweiten Geburtstag des Jungen kleine Geschenke für die Gäste zu kaufen«, fuhr der Reporter fort. »Rote und blaue Luftballons und lustige spitze Hütchen mit Clowns vorne drauf. Bei ihrer Rettung hatten sie ihre Einkäufe noch dabei.«
    Er erinnerte sich, wie die Frau die Tüte in der freien Hand hielt, das Kind an der anderen, während sie in den Krankenwagen geschoben wurden. Man hatte ihnen eine Decke umgelegt, obwohl es Mai und drückend heiß war. Ein solches Verbrechen begleitet immer eine Eiseskälte.
    »Wieso hat der Polizist sie angehalten?«, fragte Brown.
    »Er hat ausgesagt, weil sich der Fahrer verdächtig benahm. Schlangenlinien fuhr. Und gleichzeitig versuchte, unauffällig zu sein.«
    »Auf welche Seite kam Ihr Artikel?«
    Cowart zögerte, bevor er antwortete: »Titelseite. Untere Hälfte.«
    Der Detective nickte. »Ich weiß, weshalb der Kollege den Wagen angehalten hat.« Er sprach ruhig. »Weiße Frau. Schwarzer Mann. Stimmt’s?«
    Cowart brachte das Ja nicht über die Lippen. »Wieso wollen Sie das wissen?«
    »Ach Cowart, kommen Sie schon. Sie haben mir mal die Statistik unter die Nase gerieben, Sie erinnern sich? Sie wollten wissen, ob ich die FBI-Statistik über Verbrechen Schwarzer gegen Weiße kenne. Nun, ich kenne sie. Und ich weiß, wie selten ein solches Verbrechen ist. Und ich weiß auch sehr wohl, dass es Ihr Artikel nur aufgrund dieses Umstands auf die Titelseite geschafft hat. Also, ich kenne die Zahlen. Und ich weiß, wie selten ein solches Verbrechen ist. In jedem anderen Fall wäre Ihre Story unter ferner liefen in den Kurzmeldungen ganz weit hinten erschienen – sechs Absätze, nicht mehr. Ich meine, wenn der schwarze Täter sich an einer Schwarzen vergriffen hätte, stimmt’s?«
    So ungern er es zugab, aber Brown hatte recht. »Wahrscheinlich.«
    Der Polizist schnaubte. »›Wahrscheinlich‹ ist eine unverfängliche Antwort, Cowart.« Brown holte mit dem Arm aus. »Meinen Sie, der Lokalredakteur hätte einen seiner Stars extra aus der Metropole hierhergeschickt, wenn er sich nicht sicher gewesen wäre, dass es für die Titelseite reicht? Nee, ganz bestimmt nicht. Die sechs Abschnitte hätte ihm ein freier Mitarbeiter oder ein kleiner Redakteur aus der Vorstadt geliefert.«
    Brown überquerte den Parkplatz in Richtung des Restaurants und sprach im Gehen weiter. »Wissen Sie was, Cowart? Wissen Sie, wieso es nicht leicht ist, an einem solchen Ort zu wohnen? Weil jeder hier weiß, dass er mit einem Bein im Ghetto ist. Davor haben die Leute Angst. Sie wissen, dass sie nicht dieselbe Bezahlung bekommen, dieselben Sozialleistungen, dieselben Schulen, was weiß ich. Also klammern sie sich an diesen Traum vom Status der unteren Mittelschicht wie an einen Rettungsring, dem die Luft ausgeht. Sie wissen alle, wie es im Ghetto ist, es ist wie ein ständiger Sog, gegen den sie sich abstrampeln, so gut sie können. All diese Jobs in aller Herrgottsfrühe, die Lohnschecks, die so schnell eingelöst wie sie ausgestellt werden, diese kleinen, heißen Häuser sind alles, was sie davor bewahrt.«
    »Und wie ist das in Nordflorida? In Pachoula?«
    »Mehr oder weniger dasselbe. Nur dass sie da oben fürchten, der alte Süden holte sie wieder ein – Sie wissen schon, die Provinz, die Holzhütten.«
    »Kam Ferguson nicht genau daher? Aus der Armut und der Rückständigkeit der Provinz?«
    Der Detective nickte. »Aber er ist aufgestiegen und hat es geschafft.«
    »So wie Sie.«
    Brown blieb abrupt stehen und drehte sich zu Cowart um. »So wie ich«, sagte er mit einem verärgerten Unterton. »Aber mir gefällt Ihr Vergleich nicht, Mr. Cowart.«
    Sie betraten das Restaurant. Es war früher Nachmittag, und so hatten sie die Gaststätte für sich. Sie setzten sich in eine Nische am Fenster mit Aussicht über den Parkplatz. Eine Kellnerin in enger weißer Kleidung, die ihren üppigen Busen zu stark betonte, mit einem Kaugummi im Mund und einem finsteren Blick, der die Gäste vor anzüglichen Bemerkungen

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