Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
Vom Netzwerk:
in den Augen des Königs ein wenig an Wert verlieren.«
    »Schon wahr«, meinte die Herzogin, »dennoch, Marquis, werdet Ihr hinsichtlich besagter Entschädigungen wohl einräumen, daß mein armer Charles im Königreich ja nicht nackt dastehen kann.«
    »Madame«, sagte ich lachend, »das räume ich millionenmal ein. Natürlich muß der Herzog von Guise angemessen gewandet sein, fragt sich nur, auf welches Gewand er sich spitzt.«
    »Das weiß ich nicht«, sagte die Herzogin, die es sehr wohl zu wissen schien, »das mögt Ihr den Herzog selber fragen, wenn Ihr mir die Gunst erweisen wollt, Monsieur, ihn in Reims zu besuchen, sofern es meinem königlichen Cousin genehm ist.«
    Mir verschlug es die Sprache, muß ich sagen, wie geradezu und ungeniert sie dieses Ansinnen stellte, ich wußte gar nicht, was ich darauf erwidern sollte.
    »Madame«, sagte ich, als ich mich faßte, »Reims liegt nicht zwei Meilen vor Paris, sondern mitten in ligistischem Gebiet! Überschwemmt zudem von spanischen Soldaten, die, weil Flandern gleich nebenan liegt, kommen und gehen wie bei sich zu Hause. Die gute Stadt zu erreichen ist keine Kleinigkeit und erst recht nicht, sie zu betreten und zum Herzog von Guise vorzudringen, denn Hauptmann Saint-Paul dünkt sich sehr erhaben und hält sich für den einzigen Herrn der Stadt.«
    »Monsieur«, sagte die Herzogin mit der reizendsten Schmollmiene, »ich weiß doch, wie tapfer Ihr Eure geheimen Missionen immer bestanden habt, und denke, Ihr könnt mir diese nicht abschlagen, wo es darum geht, sowohl dem König zu dienen alsauch mir. Falls man mich nicht belogen hat«, setzte sie mit verschmitztem Lächeln hinzu, indem sie mir abermals ihre kleine Hand hinstreckte, »als man mir sagte, Ihr wäret aus einem Stoff gemacht, daß Damen, wenn sie Euch nur recht bitten, alles über Euer Herz vermögen.«
    Das war nun zwar mit grobem Faden genäht, schmeichelte mir aber trotzdem. Und, Leser, du kennst wie ich die Macht, welche die Schönheit dieses süßen Geschlechts über uns hat: Je offensichtlicher seine Künste, desto mehr verfangen sie bei uns.
    »Madame«, sagte ich, indem ich ihre Hand küßte, doch etwas zurückhaltender als vorher, schließlich stand das Geschenk, das sie mir damit machte, in keinem Verhältnis zu den Gefahren, die sie mir damit aufhalsen würde, »man hat Euch nicht belogen. Erlaubt gleichwohl, daß ich Euren Auftrag nicht annehme, bevor ich meinen königlichen Herrn nicht gefragt habe, was er davon hält.«
    »Aber«, sagte die Herzogin, sichtlich enttäuscht, daß ich ihr nicht schnurstracks gehorchte, »der König belagert zur Stunde das ligistische Laon, das sich ihm nicht ergeben will.«
    »Laon«, sagte ich, »liegt nicht so weit von Reims, als daß ich, sofern Seine Majestät einwilligt, Eurem Herrn Sohn nicht einen Brief von Eurer Hand überbringen könnte, der mich vor ihm legitimiert.«
    »Hier ist er«, sagte sie, indem sie aus ihrer Schoßtasche ein Schreiben zog und es mir, noch leibwarm, in die Hände legte. »Damit meinem Herrn Sohn keine Zweifel bleiben, daß er von mir ist, habe ich ihn eigenhändig geschrieben, in meiner eigenen Rechtschreibung, denn die kann niemand nachahmen, weil ich, wie mein seliger Mann sagte, noch mehr Fehler mache als Katharina von Medici.«
    »Wie denn, Frau Herzogin!« sagte ich verdutzt, »Ihr habt meine Entscheidung schon vorweggenommen!«
    »Marquis«, sagte sie lächelnd, indem sie aufstand, um mich zu verabschieden, »ich weiß recht gut, daß man mich am Hof für einfältig hält, weil ich rundheraus rede, ohne Umschweife und Hinterhalt. Aber so dumm bin ich doch nicht, daß ich Männer nicht einzuschätzen wüßte, und ich beurteile sie nicht nach ihren Worten, sondern nach den Augen. Die Euren, Marquis, sind bald zärtlich, bald schalkhaft, aber immer offen.«
    Hiermit und um den Schmeicheleien, mit welchen sie mich überhäufte, noch eine hinzuzufügen, beliebte die kleine Herzogin mich vertraulich unterzuhaken und zur Tür ihres Kabinetts zu geleiten.
     
    Die Reise von Paris nach Laon machte ich zusammen mit Monsieur de Rosny, was mir sehr behagte, weil seine Eskorte im Gegensatz zu meiner so stark war, daß ich bei Ansicht des kleinsten ligistischen Pelotons, das durchs Land strich, nicht sofort mit verhängten Zügeln Reißaus nehmen mußte.
    Ich fand die Befestigungen, mit welchen der König die Stadt Laon umzingelte, um sie zur Aufgabe zu zwingen, weit gediehen, und als wir bei den Vorposten auf Monsieur de Vitry

Weitere Kostenlose Bücher