Der Tag Des Falken
der Kubaner.«
McLanahan nickte geistesabwesend.
»Irgendwas nicht in Ordnung? Was rechnen Sie da aus?«
»Mich interessiert bloß die Reichweite der Cheyenne«, ant-
wortete McLanahan. Er rief eine Computerdarstellung auf, die ihnen zeigte, wo dieses Flugzeug schon früher in den amerikanischen Luftraum eingedrungen war - und wo es voraussichtlich hinfliegen würde. Die meisten Linien deuteten Landungen auf Militärflugplätzen an der Nordküste Kubas an. Wenig wahrscheinlich waren ein Absturz vor Haiti oder eine Notwasserung auf der Cayo Sal Bank. »Glauben Sie, daß die Kubaner den Kerl bei sich landen lassen?«
»Wer weiß?« Hardcastle zuckte mit den Schultern. »Obwohl die Kubaner in letzter Zeit die guten Nachbarn spielen, haben sie heute noch kein Wort verloren. Ich nehme an, daß sie den Überflug genehmigen —
vielleicht auch eine Landung, wenn er den Notfall erklärt. Aber unser heißer Draht nach Havanna glüht bereits. Informieren wir die Kubaner rechtzeitig über den Kerl, sind sie vielleicht bereit, ihn auszuliefern, falls er geschnappt wird. Heutzutage fühlen sie sich ziemlich isoliert.«
»Jede Wette, daß er demnächst den Notfall erklärt«, sagte McLanahan. »Der Computer berechnet diese möglichen Strek-ken für eine vollgetankte Maschine mit dreißig Prozent Nutzlast. Aber dieser Kerl hat fünfzehn Hundertkilobehälter mit Kokain abgeworfen; dazu kommen fünfhundert Kilo Treibstoff in Innenbehältern und das zusätzliche Gewicht der Kinder an Bord... Das bedeutet, daß er vor dem ersten Abwurf mindestens fünfhundert Kilo Übergewicht hatte.
Viel Treibstoff kann er nicht mehr haben.«
»Das könnte die Erklärung dafür sein, daß er in vierzehntau-send Fuß geblieben ist, anstatt auf fünfundzwanzigtausend zu gehen«, meinte Hardcastle. »Vielleicht kann er nicht höher steigen.«
»Doch, aber das würde mehr Sprit kosten, als er in großer Höhe sparen könnte«, stellte McLanahan richtig.
»Hmmm... vielleicht lohnt es sich doch nicht, Kinder auf Schmuggelflüge mitzunehmen«, sagte Hardcastle. »Jedes Kind bedeutet entsprechend weniger Ladung. Und das Mehrgewicht kostet Treibstoff.«
»Und die Kinder sind während des gesamten Fluges eine Belastung.
Die Behälter werden abgeworfen - die Kinder bleiben an Bord. Sie bedeuten erhöhtes Gewicht und verminderte Reichweite.« McLanahan starrte die Zahlen an, die er sich notiert hatte. »Am besten schicken wir sofort ein SES oder einen Kü-
stenwachkutter los, damit wir ein Schiff in der Nähe der Che-yenne haben, wenn sie demnächst...«
»Bei Ziel eins passiert irgendwas«, meldete der Wachleiter.
Hardcastle und McLanahan beobachteten die Cheyenne auf dem Monitor. »Die Maschine ist auffällig langsamer geworden - unter hundertfünfzig Knoten. Ich glaube, daß die Tür geöffnet werden soll... da, jetzt ist's passiert!«
Das untere Türdrittel mit der Einstiegstreppe und die der Rumpfform angepaßte restliche Tür waren aufgesprungen. Beide Teile vibrierten im Schraubenstrahl des Triebwerks und drohten abgerissen zu werden.
»In vierzehntausend Fuß Höhe?« fragte der Admiral. »Merk-
würdig! Soll das etwa ein Abwurf werden? Sind Boote in der ...
Heilige Muttergottes!«
Hardcastle und McLanahan waren aufgesprungen und starrten entsetzt den Bildschirm an... eines der Kinder war aus der offenen Tür der Cheyenne geworfen worden.
Es kam noch schlimmer. Ein Mädchen, dessen langes Haar im Schraubenstrahl flatterte, klammerte sich verzweifelt an das Drahtseil, an dem die untere Hälfte der Einstiegstreppe hing. Aber sein Kampf dauerte nur wenige Augenblicke, dann war es plötzlich verschwunden.
»Position aufzeichnen, Position aufzeichnen! Großer Gott, sofort die Übertragung an Land einstellen!« Hardcastle wußte, daß Leute mit Satellitenschüsseln manchmal ihre Videosignale von der Plattform empfangen konnten. Und es war durchaus möglich, daß Politiker oder andere Gäste in Alladin City die von der Seagull übertragenen Bilder sahen. »Alle verfügbaren Sea Lions sollen sofort starten, um...«
Der Rest des Befehls ging in einem allgemeinen Aufschrei unter, als wieder ein Kind wie vorher die Glasfaserbehälter mit Kokain aus der offenen Tür der Cheyenne geworfen wurde. Das letzte Opfer war der etwas größere Junge, den die Kamera der Seagull ihnen im Cockpit hinter dem Piloten stehend gezeigt hatte. Er flog nicht weit genug, prallte vom Flugzeugrumpf ab und schlug - auf den Monitoren erschreckend deutlich zu sehen -
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