Der Tag ist dein Freund, die Nacht dein Feind (German Edition)
sich plötzlich lautstark zu erkennen gab.
„Seit wann hast du nichts gegessen?“
„Seit ich die Pension verlassen habe. Hast du überhaupt was hier, was ich essen könnte?“
Roy nickte. „Komm mit in die Küche.“
Emily juchzte verzückt auf, als sie die große Küche des Schlosses betraten. Das Anwesen mochte einem Vampir gehören, doch er hatte für seinen menschliche n G ast durchaus vorgesorgt. Der Raum war mit allen modernen Schikanen ausgestattet, die man brauchte, und der helle Landhausstil der Küche ließ den Raum einladend und freundlich wirken.
Roy bemerkte das selige Strahlen in ihren Augen und lächelte sanft. „Wir sind nicht alle düster und verkorkst, weißt du?“
„Ja, das weiß ich inzwischen . Und das habe ich auch eindringlich dem Minister gesagt.“
Die Erinnerung an die Folter und ihr Scheitern ließ sie plötzlich traurig zu Boden blicken. Roy kam zu ihr herüber und legte seine starken Hände sanft auf ihre Schultern.
„ Es tut mir l eid, dass sie dich gefoltert haben, ehrlich. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass sie eine junge Frau derart hart anpacken. Und was dein Scheitern angeht… Mach dir keine Vorwürfe. Es hätte mir klar sein müssen, dass Morris nicht auf unsere Forderungen eingeht. Ich glaube, ich wollte…“ Er zog seine Hände zurück und trat verlegen einen Schritt zurück. Emily sah ihn fragend an.
„Was denn?“
„Ich glaube, ich habe dich da nur mit hinein gezogen, um dich von dem… Fluch, wie du es nennst, zu befreien, ohne mein Gesicht zu verlieren. Es ist nicht meine Art, einfach einen Fehler zuzugeben. Und es hätte mich um das Ansehen meiner Familie gebracht.“
Emily nickte stumm und wusste nicht recht, wie sie dieses recht persönlich gewordene Gespräch wieder beenden sollte. Sie traute Roy noch immer nicht wirklich , spürte aber eine immer stärker werdende Nähe und befürchtete bereits, sich in seiner Gegenwart zu verzetteln.
Verlegen zupfte sie an den Verbänden ihrer Gelenke herum, bis der Blick des Vampirs darauf fiel. Er riss ihre Arme erschrocken ein Stück zu sich.
„Was zum Teufel ist das?“
„ Au! Was glaubst du wohl? Die hier sind nur von den Fesseln. Aber sie haben meine Augen mit Licht geblendet und mich so lange mit Fäusten bearbeitet, bis ich dachte, ich würde sterben. Dass sie mir Drogen gespritzt haben, hab ich nur verhindern können, indem ich die Affen gebissen habe, die die Spritzen setzen wollten.“
Roy ließ ihre Arme langsam wieder los und sah sie schuldbewusst an. „Emily … es tut mir leid. Das ist nicht wieder gutzumachen .“
Emily beschloss, dass sie genug darüber gesprochen hatten. Die Schuldgefühle würden ihn noch eine Weile beschäftigen, was ihr sehr recht war .
„Wie geht es denn jetzt weiter? Ich meine, wegen der VHA und Morris und so.“
Roy zuckte die Schultern , akzeptierte den Themenwechsel und öffnete die Kühlschranktür. „Wir bleiben erst mal hier und warten ab. Ich habe dich rechtzeitig abgefangen, die VHA weiß also glücklicherweise noch immer nicht, wo unsere Unterkunft ist. Aber sie waren nun näher dran als je zuvor und werden ihre Suche intensivieren. Benson wird versuchen, Mitglieder meiner Familie nachts zu erwischen und sie zwingen, die Unterkunft zu verraten.
Die anderen werden also erstmal nicht raus gehen und sich zusammenrotten. Gene und zwei andere wissen bescheid, dass ich mit dir unterwegs bin, allerdings kennt nur mein engster Vertrauter dieses Anwesen und weiß, dass wir hier sind. Wir werden heute Abend Verbindung mit ihm aufnehmen und die Lage checken. Doch es kann dauern, bis alles etwas im Sande verlaufen ist.“
Emily nickte und schloss die Kühlschranktür an Roys Stelle, da außer ein paar Getränken sowieso nichts drin war.
„Das heißt, wir sitzen hier fest.“ Der Gedanke war ihr unangenehm und löste gleichzeitig ein unbestimmtes Prickeln in ihr aus, über dessen Ursache sie lieber nicht nachdenken wollte.
Sie öffnete den Gefrierschrank und fand endlich, was sie suchte: Unmengen von Fertiggerichten, frischem, eingefrorenen Gemüse, Fleisch und Beilagen.
„ Wow! Wieso hat ein Vampir solche Mengen an Vorräten im Tiefkühler?“
Roy lachte. „Ganz einfach: Als hier alle Umbauarbeiten abgeschlossen waren, fragte der Verwalter mich, wann ich einziehen würde, und ob er Vorräte beschaffen sollte. Er hat keine Ahnung, dass ich ein Vampir bin, also schien es mir klüger, zuzustimmen. Ich hab ihm gesagt, er soll sich auf Tiefkühlkost
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