Der Teufel in dir: Thriller (German Edition)
noch nicht, Ma’am. Wir beginnen gerade erst mit den Ermittlungen. Wir könnten Ihre Hilfe gebrauchen. Ich weiß, dass es ein furchtbarer Schock für Sie ist. Fühlen Sie sich in der Lage, uns ein paar Fragen zu beantworten?«
»Ja«, sagte Loretta. »Ich glaube schon.«
Byrne zog sein Notizheft und einen Stift aus der Tasche. »Wann haben Sie Danny zum letzten Mal gesehen?«
Die Frau dachte kurz nach. »Vor zwei Wochen. Vielleicht ist es auch etwas länger her.«
»Erinnern Sie sich an den Wochentag?«
Loretta schaute in die Ferne. Jessica kannte auch diesen Blick. Sie wusste, dass jäh auftretender Kummer jedes noch so kleine Detail aus dem Gedächtnis löschen konnte. Der Schock radierte alles aus.
»Es macht nichts, wenn Sie sich jetzt nicht daran erinnern können«, sagte Byrne. »Wir können später darüber reden.«
Loretta Palumbo nickte.
»Hat Danny hier gewohnt?«
»Nein, er wohnt seit Jahren nicht mehr hier. Er ist nur manchmal hiergeblieben, wenn er …«
Wenn er sich elendig fühlte, dachte Jessica. Wenn er Geld brauchte. Sie schaute sich um. Im Wohnzimmer waren kein Fernseher, kein DVD-Player und keine Stereoanlage zu sehen. Jessica fragte sich, ob Danny dies alles zu Geld gemacht hatte.
»In diesem Haus waren Drogen tabu«, sagte Loretta. »Das konnte ich nicht ertragen.«
Es sah aus, als bekäme sie plötzlich weiche Knie. Byrne lief schnell zu ihr und setzte sie behutsam in den Sessel. Er zeigte auf den Plastikbecher in ihrer Hand. »Dürfen wir Ihnen einen Schluck Wasser bringen, Ma’am?«
Loretta zog ein Papiertuch aus der Box auf dem Couchtisch und tupfte sich die Augen ab. »Nein, danke.«
Byrne nickte Jessica zu, die nun ihr Notizheft aus der Tasche zog. Byrne steckte sein Notizbuch ein und setzte sich auf die Couch. »Was hat Danny für einen Eindruck gemacht, als er das letzte Mal hier war? Wirkte er besorgt?«
Loretta starrte auf die gerahmten Fotos auf dem Beistelltisch. Auf einem lehnte eine wesentlich jüngere Loretta Palumbo mit einem Baby auf dem Arm am Kofferraum eines Mittelklassewagens aus den Achtzigern. »Er war immer unruhig«, sagte sie. »Schon als Baby. Immer ruhelos. Er hielt es nie lange an einem Ort aus. Einmal ist er aus seinem Laufgitter geklettert und fast bis zur Ecke gekrabbelt.«
Byrne hörte ihr aufmerksam zu.
»Als sein Vater starb, war Danny erst zehn Jahre alt. Nach der Beerdigung kam er zu mir und hielt den Werkzeugkasten seines Dads in der Hand. Sein Vater war ziemlich geschickt, was das Haus betraf, wissen Sie.«
»Hatte Danny ein eigenes Zimmer, wenn er mal hier schlief?«, fragte Byrne.
»Natürlich.«
»Dürften wir einen Blick hineinwerfen? Vielleicht finden wir etwas, das uns hilft.«
»Ja, sicher. Das Zimmer ist oben auf der linken Seite«, sagte Loretta.
Byrne blickte Jessica an. »Übernimmst du das?«, fragte er. »Ich bleibe so lange hier unten bei Mrs. Palumbo.«
»In Ordnung«, sagte Jessica und machte sich auf den Weg.
*
Jessica nahm zwei Stufen auf einmal, als sie die Treppe hinaufstieg. Plötzlich bekam sie Platzangst in dem engen Reihenhaus und wäre am liebsten sofort gegangen. Es war immer eine schwierige Sache, Angehörigen eine Todesnachricht zu überbringen – es war sogar das Schlimmste in ihrem Job. Doch aus irgendeinem Grund fand sie es diesmal noch schwieriger als sonst. Es war alles so sinnlos.
Jessica öffnete die Tür des Zimmers auf der linken Seite. Als Erstes fiel ihr auf, wie spartanisch es eingerichtet war. An der Wand mit dem Fenster zur Straße stand ein ordentlich gemachtes Bett mit einer hellblauen Bettdecke, die auf einer Seite aufgeschlagen war. Neben dem Bett stand ein alter Nachtschrank mit einer Lampe, am Fußende eine Kommode. Daneben befand sich ein kleines Bücherregal, auf dem hohe Stapel von Kreuzworträtselheften mit Zahlenrätseln lagen. Das war alles. Keine Bilder, keine Fotos an den Wänden, kein Läufer, keine Dekorationen irgendwelcher Art. Jessica hatte genügend Erfahrungen mit Morden im Drogenmilieu, um zu wissen, dass Danny Palumbo selbst dieses Zimmer bestimmt nicht so gut in Schuss gehalten hatte.
Zuerst öffnete sie die Schubladen der Kommode, in der ein paar alte T-Shirts und eine Jeans lagen. Sie griff in die Taschen. Leer. In der untersten Schublade lag Dannys Urkunde von der Polizeiakademie. Sie war nicht gerahmt. Davon abgesehen fand Jessica keine Kleidungsstücke oder andere Dinge, die darauf hinwiesen, dass jemals ein Polizist dieses Zimmer bewohnt hatte.
Jessica ging
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