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Der Teufel in Frankreich

Der Teufel in Frankreich

Titel: Der Teufel in Frankreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Herren zwischen vierzig und fünfzig, für nur 3000 Franken.« So ging es den ganzen Tag und die halbe Nacht.
    Auch kleine Restaurants waren aufgemacht worden. Sie waren gut, es kochten geübte österreichische Köche, die ihre Kunst in der Schule Frankreichs verbessert hatten. Natürlich waren diese Restaurants verboten, aber Offiziere des Lagers holten sich ihr Essen bei uns. Sie brachten sogar Bekannte aus Nîmes zu uns herauf, denn man aß bei uns besser als in Nîmes.
    Unsere Händler wußten verborgene Stellen aufzustöbern, sie trieben wirklich das meiste auf, was man sich wünschte. Da war vor allem einer, ein orthodoxer Jude. Von Freitag abend bis Samstag nacht machte er keine Geschäfte, um so intensiver arbeitete er in der übrigen Zeit. Er war ehrlich, er nahm einen Aufschlag von zweiundzwanzig Prozent auf den Einkaufspreis, nicht mehr und nicht weniger. Er beschäftigte drei oder vier Unterkommissionäre, zwei Taxidroschken waren immer für ihn unterwegs. Er besorgte zu erstaunlich niedrigen Preisen edelste französische Weine und, wiewohl doch Paris versperrt war, Bücher in genau den Ausgaben, die man haben wollte; von Hosenträgern, Schuh litzen, Rucksäcken und ähnlichem ganz zu schweigen. Er hatte Einfühlung und Verständnis für die Bedürfnisse des einzelnen. Herrn Wolf und mich betreute er mit besonderer Passion.
    Mit der zunehmenden Desorganisation wurde der Zustand unseres Lagers immer phantastischer. Wenn einer im Film oder auf der Bühne unser Lager so aufbaute, wie es wirklich war, das Publikum lehnte eine solche Darstellung als unglaubhaft ab. Des Abends vor allem, wenn die Sonne unterging, bot die Zeltstadt einen übertrieben romantischen Anblick. Da waren die weißen, spitzen Zelte inmitten der lieblichen Landschaft, die rauchenden Feuer vor den Zelten, die zerlumpten Kerle, in den Feuern herumstochernd. Da war die Musik und der Gesang aus den Caféausschanken und Speisebuden. Da waren die Kabaretts und die Spieltische. Da war rings um dies alles der Stacheldraht und der Gestank, und inmitten von dem allem war wohl auch ab und zu ein Polizeiwagen, der Wiedereingefangene gefesselt einlieferte.
    Unwahrscheinlich wie dieses Ganze waren die Schicksale, die Sorgen und Hoffnungen der einzelnen. Da war einer unter uns, der war in Deutschland Polizist gewesen und hatte das Pech gehabt, bei einem der vielen Scharmützel zwischen Nazis und Linksleuten einen Nazi zu erschießen. Er war nach einer umständlichen Untersuchung freigesprochen worden. Doch die Nazis hatten ihm Rache geschworen, und als sie an die Macht kamen, hatte er es, sicher mit Recht, für klüger gehalten, sich davonzumachen. Hier im Lager war seine größte Sorge die Angst um seine Frau, von der er seit seiner Einlieferung nichts mehr gehört hatte. Jetzt, endlich, nach über zwei Monaten, bekam er Nachricht. Sie war vor den vordringenden Nazis geflohen, krank, ohne Geldmittel, und war schließlich, wie viele, erschöpft auf der Straße liegengeblieben. Die vorrückenden Deutschen hatten sie aufgelesen, gut behandelt, ihr freige stellt, nach Deutschland zurückzukehren. Nach langem Hin und Her, da sie keinen andern Ausweg sah, hatte sie sich entschlossen, anzunehmen. Dies also teilte sie ihrem Mann loyal mit. Der Mann trug den Brief drei Tage herum, er las ihn jedem vor, der ihn hören wollte oder nicht. Am vierten Tag ging er hin und erhängte sich. Den Strick hatte ihm einer der Kommissionäre für drei Franken geliefert.
    Dann war da ein anderer, ein Kunsthändler. Der hatte, als er ins Lager mußte, seine kostbaren Bilder überall herumverschickt, bahnlagernd, sorglich versteckt zwischen den Wänden von Koffern und ihren Stoffbezügen. Da fuhren die wertvollen Leinwände alter Meister überall im Lande herum, lagerten an dieser Station, an jener, der Mann konnte sich mit seiner Frau nicht verständigen, er wurde aufgefressen von der Sorge, was mit den edeln Bildern geschah, zu denen in Form von Gepäckscheinen er allein den Schlüssel hatte.
    Dann war da ein bekannter Chemiker, ein deutscher Universitätsprofessor, welcher der Heeresleitung im ersten Krieg durch seine Erfindungen große Dienste geleistet hatte. Er war ein Herr von etwa sechzig Jahren, klein, straff, schmal, er trug gewöhnlich einen unsäglich schmutzigen Tennisanzug und ein Monokel. Er hatte das Gehaben und die Ausdrucksweise eines deutschen Offiziers aus der Kaiserzeit, knappe, abgehackte, höfliche Manieren, merkwürdige Vokabeln, telegrammartig

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